Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde
einen Dodge Caravan Baujahr 1995, zugelassen auf Bernard Hugo in 1412 Mission Lane in Angel Fire, New Mexico.«
Lydias Mundwinkel verzogen sich zu einem traurigen, verbitterten Lächeln. Wahrscheinlich war Bernard Hugo Robbies Vater. Und er war nie nach Colorado umgezogen. »Craig, du bist der Beste. Sobald ich wieder in New York bin, trinke ich dich unter den Tisch.«
»Cool. Wann kommst du?«
Die Sanitäter eilten durch die Werkstatt, und Jeffrey trat einen Schritt zurück, um ihnen Platz zu machen.
»Bald, mein Kleiner. Craig, ich muss Schluss machen. Vielen Dank.«
»Mach’s gut, Lydia.«
»Du wirst ihm noch das Herz brechen«, sagte Jeffrey.
»Komm, wir gehen«, entgegnete sie.
»Sollten wir nicht lieber Morrow anrufen?«
»Nein. Von mir aus kann er bleiben, wo der Pfeffer wächst.«
»Wir sollten ihn anrufen«, beharrte Jeffrey, als Lydia auf der Fahrerseite ins Auto stieg. Er zog sein Handy heraus.
»Der gewünschte Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar«, sagte eine Tonbandstimme.
ZWEIUNDZWANZIG
I hm blieb keine Zeit, umzukehren und alles nach Vorschrift anzugehen. Dabei hätte er lediglich zum Handy greifen und einen Anruf tätigen müssen. Chief Morrow saß in seinem Auto und starrte zur Eingangstür des Hauses hinüber. Er wusste, dass es menschenleer war. Verlassene Häuser hatten so eine gewisse Ausstrahlung, für die die meisten Cops feine Antennen hatten. Oder es sich zumindest einbildeten.
Er hätte längst Jeffrey Mark benachrichtigen und Verstärkung anfordern sollen. Dabei hatte er nur so ein Gefühl. Vermutlich würde es sich als falsch herausstellen. Und falls nicht? Dann starb er hier ganz allein – oder erwies sich als Held, der alles zu einem guten Ende brachte.
Heute Morgen im Bett war ihm plötzlich Bernard Hugo eingefallen. Er erinnerte sich noch gut an Hugos Frau. Nach Robbie Hugos Tod hatte sich die Kirchengemeinde auf rührende Weise um die Familie gekümmert. Beim Empfang nach der Beerdigung, an der Morrow in seiner offiziellen Funktion teilgenommen hatte, hatten sich unzählige Trauergäste im Haus der Hugos gedrängt. Robbies Mutter Jennifer bewirtete die Gäste mit einem tapferen Lächeln, während Hugo reglos in der Ecke saß und mit leerem Blick aus dem Fenster starrte. Noch nie hatte Morrow einen Menschen so trauern sehen.
Erst jetzt fiel ihm wieder ein, dass damals Gerüchte über Bernards Geisteszustand kursierten. Offenbar kam der Mann mit dem Verlust seines Kindes nicht zurecht. Sicher war ihm alles zu viel geworden. Morrow fragte sich, was er im Haus entdecken würde. Er stieg aus dem Streifenwagen. Der Rasen war verwildert, und an den Zaunlatten blätterte die Farbe ab. Als er anklopfte, sprang die Haustür wie von Geisterhand auf, und Morrow trat ein. Von der Schwelle aus konnte er das Wohnzimmer und die Küche sehen. Zu seiner Linken führte eine Treppe zu den Schlafzimmern hinauf.
»Bernard Hugo«, rief er. »Ich bin von der Polizei. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Nichts. Morrows Stimme hallte durch die ausgeräumten Zimmer. Die meisten Möbel waren verschwunden. Nur ein Fernseher, ein Sessel und ein schiefer Klapptisch standen im Wohnzimmer. Morrow wagte sich einen weiteren Schritt vor und zog seine Waffe.
Ein widerlicher Gestank schlug ihm entgegen – nach Abfall, Bier, Dreck. Und ein süßlicher Geruch, der sich mit den anderen vermischte. Morrow zog einen Latexhandschuh aus der Tasche und streifte ihn sich über die linke Hand, während er mit der rechten die Waffe in die Höhe hielt. Diesmal würde er es nicht vermasseln. Die Tür war offen gewesen, also hatte er jedes Recht, das Haus zu betreten. Er würde nichts anfassen, sondern sich nur ein wenig umsehen. Falls er etwas fand, würde er sofort Verstärkung anfordern. Er wollte der Erste am Tatort sein.
Mit dem Rücken zur Wand schob er sich die Treppe hinauf und warf einen Blick ins Schlafzimmer, in dem ein großes Doppelbett stand. Kissen und Decken fehlten, und nur eine zerknitterte, beige-grüne Tagesdecke bedeckte die Matratze. Die Tür zur Abstellkammer stand offen und gab den Blick auf ein paar nachlässig aufgehängte Kleidungsstücke und ins Regal geworfene Schuhe frei.
Die Tür am Ende des Korridors war geschlossen. Morrow versuchte, sie mit dem Fuß aufzustoßen, wobei er sich mit dem Rücken an der gegenüberliegenden Wand abstützte. Aber die Tür gab nicht nach. Morrow schob sich seitlich heran, legte seine Hand an den Türknauf, drehte ihn und stieß die Tür
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