LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
wahrscheinlich versuchten, der Sängerin unter den Rock zu starren.
»Meine Freundin Alex aus Henderson fände es hier super«, sagte Emma traurig. »Sie geht unheimlich gerne zu solchen Konzerten. Alle coolen Bands, die ich höre, kenne ich nur von ihr.«
Im Schein der Diskokugel leuchteten Ethans blaue Augen auf. »Vielleicht kann ich sie ja mal kennenlernen, wenn das hier alles vorbei ist.«
»Das wäre schön«, nickte Emma. Alex und Ethan würden sich mögen – sie mochten beide Gedichte, und es war ihnen egal, was andere von ihnen dachten.
Als sie ausgetrunken hatten, zog Emma Ethan von seinem Stuhl hoch und zerrte ihn zur Tanzfläche. Ethan räusperte sich verlegen. »Ich bin aber kein großer Tänzer.«
»Ich auch nicht«, brüllte Emma in den Lärm. »Aber hier kennt uns keiner, also ist das doch egal.«
Sie griff nach seiner Hand und drehte ihn im Kreis. Lachend ließ er auch sie eine Pirouette drehen und dann tanzten sie zusammen und hüpften zur Musik.
Als die No Names ihr Set beendet hatten, war Emma erschöpft und in Schweiß gebadet, aber sie fühlte sich so leicht wie ein Seidenkleid.
»Ich wollte dir noch etwas zeigen«, sagte Ethan, zeigte auf den Notausgang und führte sie durch den dunklen, feuchten Flur, der dahinterlag. Auf einer schwere Metalltür an der Seite stand: Aussichtsplattform. Ethan drückte sie auf und sie stiegen eine schmale Treppe hinauf.
»Dürfen wir hier wirklich rein?«, fragte Emma nervös. Ihre Schritte hallten von den Metallstufen wider.
»Ja«, sagte Ethan. »Wir sind gleich da.«
Am Ende der Treppe schoben sie eine zweite schwere Tür auf und standen im Freien. Die Aussichtsplattform war im Grunde genommen nur ein Flachdach mit ein paar alten Holzstühlen und Beistelltischen, einem Mülleimer, der von leeren Bierflaschen überquoll, und einer großen, halb verwelkten Topfpflanze. Aber vor ihnen erstreckte sich ganz Phoenix, mit seinen Lichtern, seiner Energie und seinem Lärm.
»Wunderschön!«, hauchte Emma. »Woher wusstest du, dass das hier oben ist?«
Ethan ging zum Geländer, legte den Kopf in den Nacken und schaute in den Nachthimmel hinauf. »Meine Mom war eine Zeit lang krank. Sie hatte eine Menge Arzttermine in Phoenix und deshalb kenne ich die Stadt inzwischen ziemlich gut.«
»Geht es … ihr wieder gut?«, fragte Emma leise. Ethan hatte ihr bisher nichts davon erzählt, dass seine Mom krank war.
Ethan zuckte mit den Schultern und wirkte plötzlich ein bisschen verschlossen. »Ich glaube schon. So gut es eben möglich ist.« Er starrte auf die glitzernden Lichter. »Sie hatte Krebs. Aber jetzt hat sie ihn überwunden, glaube ich.«
»Das tut mir leid«, sagte Emma tonlos.
»Schon okay«, winkte Ethan ab. »Ich habe mich währenddessen um sie gekümmert. Weißt du noch, dass ich dir gesagt habe, dass mein Dad praktisch in San Diego lebt? Na ja, er hat es nicht einmal für nötig gehalten, sich während ihrer Chemotherapien freizunehmen. Das war übel.«
»Vielleicht kam er einfach nicht damit klar, dass sie krank war«, sagte Emma. »Manche Leute sind von so etwas überfordert.«
»Dann hätte er sich eben zusammenreißen müssen«, knurrte Ethan. Seine Augen brannten.
Emma wich zurück. »Es tut mir leid«, flüsterte sie.
Ethan schloss die Augen. »Mir tut es leid.« Er seufzte. »Ich habe noch nie jemandem von meiner Mom erzählt, aber … na ja, ich will einfach ehrlich zu dir sein. Ich will, dass wir uns alles erzählen, auch die schlimmen Sachen. Ich hoffe, du erzählst mir auch alles.«
Emma atmete tief ein. Sie war gleichzeitig gerührt und fühlte sich schrecklich schuldig. Sie hatte ein riesiges Geheimnis vor Ethan: den geplanten Streich gegen ihn. Sollte sie etwas sagen? Würde er wütend werden, weil sie es ihm so lange verschwiegen hatte? Vielleicht wäre es besser, nichts zu sagen und stattdessen einen Weg zu finden, die Sache zu vereiteln.
Was Ethan nicht wusste, würde ihn auch nicht verletzen.
Ehrlichkeit ist was anderes, Schwesterherz. Aber ich verstand, in welchem Dilemma sie sich befand.
Emma schlang ihre Arme um Ethans Taille und legte ihre Wange an seinen Rücken. Er drehte sich um, zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn. »Können wir für immer hierbleiben?«, seufzte Emma. »Es ist so schön, einmal nicht Sutton sein zu müssen. Sondern nur … ich selbst.«
»Wir bleiben so lange hier, wie du willst«, versprach Ethan. »Na ja, zumindest bis wir morgen wieder in die Schule müssen.«
Auf den Straßen
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