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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shepard Sara
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kleinen Nische unter dem Treppenaufgang stand und knutschte. Im Vorbeilaufen bemerkte Emma, dass Jasons Hand unter Kendras T-Shirt verschwunden war.
    Nisha marschierte zu den Umkleidekabinen, vorbei an den Mädchen, die sich in Badeanzüge, Fechtuniformen und Cheerleader-Röcke warfen, und steuerte ein kleines, privates Büro an. Der breite, eingedellte Tisch war mit Bastelpapier, Wachskreiden, Deko-Sand und Aufklebern bedeckt. Ein Döschen roter Glitzersand war umgekippt und hatte den Boden rot eingestaubt. Emma musste an Feenblut denken.
    Fünfundzwanzig individuell gestaltete Namensschilder, für jedes Mädchen aus der Tennismannschaft eines, lagen ordentlich nebeneinander auf dem Tisch. Brooklyn Killorans Name war leuchtend pink und von Sternschnuppen-Aufklebern umgeben. Auf einem schwarzen Stück Tonpapier prangte der Name Isabelle McSweeny in einer Farbe, die im Dunkeln leuchtete. Nisha hatte jeden Buchstaben von Laurels Name mit Blüten verziert und eine Bordüre daraus gestaltet. Und dann bemerkte Emma Suttons Namensschild. Ein weißes, schmuckloses Stück Papier, auf dem ihr Name in einfacher Druckschrift stand. Kein Glitzerstaub, kein Aufkleber mit den Worten: Du schaffst das! oder Champion!. Das Schild hätte auch an einer Zellentür hängen können.
    »Ich bin so gut wie fertig.« Nisha nahm das Schildchen, das ihr am nächsten lag. Es war für ein Mädchen namens Amanda Pfeiffer bestimmt. »Aber du kannst mir dabei helfen, sie an den Spinden anzubringen. Falls du dir das zutraust.«
    »Wann hast du die gemacht?«, fragte Emma.
    »Am Wochenende.« Nisha schnippte sich ein Stäubchen Glitter vom Handgelenk.
    »Warum hast du mich nicht um Hilfe gebeten?«
    Nisha starrte Emma einen Moment lang erstaunt an und gab dann ein schrilles Hexenlachen von sich. » Dich würde ich im Leben nie um Hilfe bitten!« Sie nahm ein Schild vom Tisch und warf dabei ein paar Wachskreiden zu Boden. Als Nisha zum Tennisgang ging, bemerkte Emma, dass an den Wänden, den Spinden und dem Boden immer noch winzige Spritzer Kunstblut klebten, die an den Streich von vergangener Woche erinnerten. Nisha stellte den Fuß auf einen Fleck, als sie ihr eigenes Namensschild – mit ineinander verschlungenen Tennisschlägern verziert – an ihr Spind klebte.
    Emma biss sich auf die Lippe. »Was wir letzte Woche gemacht haben, tut mir leid.«
    Nisha ging ungerührt zum nächsten Schließfach und hängte Bettany Howards Namensschild auf. »Mir doch egal«, sagte sie gleichgültig.
    »Du hast das nicht verdient«, fuhr Emma fort. Sie hätte gerne hinzugefügt, dass auch sie nicht verdient hatte, eine Tennisuniform in Kindergröße zu bekommen, aber vielleicht forderte sie damit ihr Glück heraus.
    Nisha riss ein neues Stück Klebefilm ab und wendete sich wieder Emma zu. Ihr Blick war wild. »Euer dummes Kunstblut hat mir meinen Lieblings-Tennispulli ruiniert.« Sie deutete anklagend auf Emma. »Er hat meiner Mom gehört, und wegen euch musste ich ihn wegschmeißen.«
    Emma wich einen Schritt zurück und trat dabei einen vergessenen Mundschutz platt. Nisha stand völlig außer sich vor ihr, aber Emma merkte plötzlich, dass ihre Stimme nicht nur wütend war. Sie war verletzt.
    Mit ihren hochgezogenen Schultern und dem weinerlich verzogenen Mund wirkte Nisha plötzlich klein und jung. Emma fragte sich, wie ihre Mom gestorben war. Eine solche Frage hätte die echte Emma Nisha jetzt gestellt. So viele Pflegekinder hatten ihre Eltern verloren. Und obwohl Emma nie erfahren würde, was schlussendlich aus Becky geworden war, gehörte auch sie zu diesen Kindern. Manchmal wünschte sie sich mit schrecklich schlechtem Gewissen, Becky sei gestorben, denn das hätte bedeutet, dass sie Emma nicht freiwillig verlassen hätte.
    Auch ich fühlte mich schuldig. Ich hatte mein wunderbares Leben offenbar als selbstverständlich betrachtet. Alle um mich herum hatten Verluste zu verkraften, aber ich hatte geglaubt, ich würde vom Tod verschont bleiben. Wie sehr ich mich doch getäuscht hatte.
    Seufzend nahm Emma Suttons kahles Namensschild und hängte es an ihre Spindtür. Neben den anderen, liebevoll verzierten Schildern wirkte es richtig erbärmlich. Nach kurzem Zögern zog Emma am Spindgriff und betrachtete wieder einmal den Inhalt. Die glänzende Nylonjacke hing an einem Haken. Eine leere Wasserflasche lag auf dem Boden. Auf dem oberen Regal lagen ein paar zerknüllte, schweißverkrustete Sportsocken. Emma hätte Nisha gerne gesagt, dass auch sie ihre Mom verloren

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