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LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht

LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht

Titel: LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Shepard
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als sie neun gewesen war.
    »Was ist passiert?« Laurel starrte ihre Mutter mit weit aufgerissenen Augen an. Niemand antwortete. Laurel versuchte, Blickkontakt zu Emma herzustellen, aber Emma starrte angelegentlich auf die große Grünlilie in der Ecke.
    »Setz dich, Sutton.« Mr Mercer deutete auf die Couch. Auf dem Couchtisch aus Mesquite-Holz stand ein Wasserglas auf einem Untersetzer, und auf dem Boden lag eine Ausgabe der Teen Vogue . »Lass uns bitte allein, Laurel.«
    Seufzend ging Laurel den Flur hinunter, und gleich darauf hörte Emma, wie sich die Kühlschranktür öffnete. Sie kauerte auf dem Ohrensessel aus Wildleder und schaute sich hilflos im Wohnzimmer um, das im Southwestern-Stil eingerichtet war – Wüstensand-und Rottöne, eine Navajodecke über der Ledercouch, ein weißer, flauschiger Teppich, der erstaunlich sauber wirkte, obwohl Drake oft schlammige Pfoten hatte. Darüber wölbte sich eine Balkendecke, an der sich einige Ventilatoren langsam drehten. Am Fenster stand ein kleiner Steinway-Flügel. Emma fragte sich, ob Sutton und Laurel auf diesem exquisiten Instrument Unterricht bekommen hatten. Wieder verspürte sie Neid auf die Liebe und Zuneigung, die ihrer eineiigen Zwillingsschwester zuteilgeworden war. Sutton hatte alles bekommen, was sie nur wollte. Wenn das Schicksal ihr andere Karten zugespielt und Becky nicht Sutton, sondern Emma als Baby verlassen hätte, wäre dies vielleicht ihr Leben gewesen. Sie hätte es mit Sicherheit mehr zu schätzen gewusst als Sutton.
    In mir stieg Ärger auf, wie immer, wenn Emma über mich urteilte. Wie sollte irgendjemand sein Leben wirklich zu schätzen wissen, wenn er keinen Vergleich hatte? Erst wenn wir etwas verloren, wenn uns eine Mutter verließ oder wir starben, wurde uns klar, was wir gehabt hatten. Aber dieser Gedanke warf eine interessante Frage auf: Wenn Emma mein Leben gelebt hätte, wäre sie dann auch meinen Tod gestorben? Wäre sie an meiner Statt ermordet worden? Aber noch während ich darüber nachdachte, stieg der ungute Verdacht in mir auf, dass mein Tod irgendwie meine Schuld gewesen war. Er war das Ergebnis einer Handlung, einer Entscheidung, die Emma vielleicht so nicht getroffen hätte. Das Schicksal hatte nichts damit zu tun.
    Mrs Mercer wanderte durchs Zimmer, und ihre hohen Absätze klapperten über den Steinboden. Ihr Gesicht war verkniffen, und ihr Haar wirkte grauer als sonst. »Erstens: Du wirst deine Strafe abarbeiten, Sutton. Hausarbeit. Botengänge. Wenn ich dir etwas sage, wirst du es tun.«
    »Okay«, sagte Emma leise.
    »Und zweitens«, fuhr Mrs Mercer fort, »wirst du das Haus zwei Wochen lang nicht verlassen, außer du gehst zur Schule, zum Tennis oder zum Sozialdienst, falls sie dir den aufbrummen. Lass uns hoffen, dass sie dir den aufbrummen.« Sie blieb beim Flügel stehen und legte sich eine Hand an die Stirn, als mache die Vorstellung sie schwindelig. »Was werden wohl die Universitäten zu dieser Geschichte sagen? Hast du über die Konsequenzen nachgedacht oder hast du dir einfach irgendetwas aus dem Laden geschnappt und bist losgerannt?«
    Laurel, die definitiv gelauscht hatte, erschien im Türrahmen, eine noch nicht geöffnete Packung Mikrowellenpopcorn in der Hand. »Aber nächste Woche ist Schulball! Ihr müsst Sutton da hingehen lassen. Sie ist im Ballkomitee! Und danach gehen wir doch campen.«
    Mrs Mercer schüttelte den Kopf und wandte sich wieder Emma zu. »Und versuch nicht, auszureißen. Ich lasse noch heute Schlösser an die Außenseite eurer Fenster anbringen. Ich weiß, dass ihr euch so rausgeschlichen habt. An dein Fenster übrigens auch, Laurel.«
    »Aber ich habe mich nicht rausgeschlichen!«, protestierte Laurel.
    »Ich habe heute Morgen Fußabdrücke in den Blumenbeeten gefunden«, bellte Mrs Mercer.
    Emma presste die Lippen zusammen. Die Fußabdrücke vor Laurels Zimmer stammten von ihr. Sie war während ihrer Geburtstagsparty durch Laurels Fenster abgehauen, nachdem sie die ungeschnittene Version des Snuff-Videos gesehen hatte, in dem Laurel, Madeline und Charlotte Sutton einen »Streich« spielten. Aber Sutton hätte niemals zugegeben, dass sie die Blumen zertrampelt hatte, und sie würde es jetzt auch nicht tun. Vielleicht war sie ihrer Schwester ja ähnlicher, als ihr lieb war.
    Mrs Mercer suchte in ihrer Tasche nach ihrem Handy, das gerade gesummt hatte. Sie hielt sich das winzige Gerät ans Ohr und verschwand im Flur. Mr Mercer kontrollierte ebenfalls seinen Piepser und wendete sich

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