LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht
laufendem Motor auf der Straße. Emma spähte in die Dunkelheit. Sie sah nur Wüste. »Kommst du wirklich klar?«
»Aber ja. Bis bald.«
Emma sah Ethan nach, bis die Reflektorstreifen an seinen Turnschuhen verschwunden waren. Dann folgte sie dem Pfad zu Suttons Hintergarten, hielt sich dicht am Zaun und stand schließlich wieder in der Einfahrt neben Laurels Jetta. Als sie zu den Paulsons blickte, erwartete sie, ein Auto zu sehen, eventuell sogar Mr Paulson auf Patrouille mit einem Baseballschläger, aber die Einfahrt war leer. Die Zeitungen lagen noch genauso da wie vor einer Stunde. Die Fenster waren ebenfalls noch dunkel.
Eiskalt durchfuhr Emma eine ungute Erkenntnis. Das Auto hatte überhaupt nicht den Paulsons gehört. Jemand völlig anderes hatte dort mit laufendem Motor gestanden und sie beobachtet.
11
Es geht doch nichts über eine Drohung um zwei Uhr morgens
Ein paar Sekunden später stand Emma vor dem Haus der Mercers. Der Baum vor Suttons Fenster hatte keinen Ast, der tief genug hing, um hinaufzuklettern, also blieb ihr nichts anderes übrig, als durch die Eingangstür hineinzugehen.
Der Schlüssel lag unter einem großen Stein unter einem Busch, genau wie an dem Abend, an dem Emma das Haus zum ersten Mal betreten hatte. Sie steckte ihn ins Schloss und betete, dass die Alarmanlage nicht angeschaltet war. Die Tür ging auf. Stille. Puh.
Emma ging schnell ins Haus. Die Klimaanlage lief auf vollen Touren und Emma bekam sofort eine Gänsehaut. Das Glas in den Rahmen mit den Familienfotos schimmerte im Schein der Straßenbeleuchtung. Detective Quinlans Visitenkarte lag auf dem Beistelltisch an der Tür, dort wo Suttons Mutter sie heute Nachmittag abgelegt hatte. Emma legte sich die Hand ums Handgelenk und erinnerte sich daran, wie sich Ethans Finger dort angefühlt hatten. Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen die Wand.
Was war denn los mit dir?, hätte ich am liebsten gefragt. Warum hast du ihn nicht geküsst?
Knarr. Emma erstarrte. Waren das Schritte?
Knarr. Knaaaaarrr. Ein Schatten erschien am Ende des Flurs und nackte Füße tappten über den Boden, lauter und lauter, bis Laurel ins Licht trat. Emma zuckte zurück und unterdrückte einen Schrei.
»Wow!« Laurel hielt die Hände hoch. »Da ist aber jemand schreckhaft!«
Sie nahm Emma genauer unter die Lupe. »Warum bist du so nass?«
Emma starrte auf das nasse Hemdchen, das an ihrer Haut klebte. Wassertropfen liefen ihr langsam den Rücken hinunter. »Ich habe geduscht«, sagte sie.
»In deinen Kleidern?«
Emma ging zum Gästebad und trocknete sich das Gesicht mit einem meergrünen Handtuch ab. Als sie in den Spiegel blickte, sah sie, dass Laurel sie betrachtete. Hatte Suttons Schwester sie und Ethan im Pool gesehen? Hatte sie ihr Gespräch belauscht? War sie diejenige gewesen, die mit laufendem Motor im Auto gesessen hatte?
Es war nicht unmöglich. Ich wusste aus meinen Erinnerungsfetzen, dass Laurel eine Klette war, eine neugierige Spionin. Ich wusste nicht, warum wir sie in den LügenspielClub gelassen hatten, aber ich wusste, dass ich dagegen gewesen war. Wahrscheinlich war ich im tiefsten Inneren neidisch auf sie gewesen. Laurel war die leibliche Tochter unserer Eltern und wurde deshalb natürlich mehr geliebt. Wahrscheinlich hatte ich nicht gewollt, dass auch meine Freundinnen sie mehr liebten als mich.
Laurel kam ins Gästebad und setzte sich auf den heruntergeklappten Toilettendeckel. »Wann wolltest du mir davon erzählen?«
»Wovon?« Emma tat so, als betrachte sie fasziniert die hinter dem Waschbecken aufgereihten Gästeseifen.
»Von deinem Neuen. Dem Typen, mit dem du gerade draußen geredet hast.«
Adrenalin schoss durch Emmas Körper. Laurel hatte sie also wirklich beobachtet. Und falls Laurel Sutton ermordet hatte, war Ethan wegen Emma jetzt womöglich in Lebensgefahr. »Ich weiß nicht, wovon du redest.« Ihre Stimme zitterte kaum merklich.
»Ach, hör auf«, zischte Laurel. »Er heißt Alex, stimmt’s?«
Alex? Emma ließ das Handtuch sinken und überlegte fieberhaft, ob sie einen Alex in Hollier kannte. Ihre Freundin aus Henderson hieß Alexandra …
»Ich habe im Keramik-Unterricht die SMS an dich gesehen«, sagte Laurel, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Emma im Spiegel an. »Jemand namens Alex hat dir geschrieben. Er hat gesagt, er denkt an dich.« Ihre Augen glitzerten. »Bist du mit dem auch von deiner Party geflüchtet?«
Emma schwirrte der Kopf. »Alex ist ein Mädchen«, platzte sie
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