Lykandras Krieger 2 - Blutsklavin (German Edition)
fleischigen Finger, die sich in meinen Arm bohrten. Er ignorierte mein Flehen und zerrte mich die Treppe hinunter in einen abgedunkelten Raum. Schwere Vorhänge hingen vor den Fenstern. Nur wenige Kerzen brannten. Sie erlaubten einen schwachen Blick auf das Innenleben des Raumes. Hier standen viele Geräte, die merkwürdig aussahen. Sie hatten spitze Dornen, und Ketten waren an ihnen angebracht. Am anderen Ende des Raumes erkannte ich zwei Gestalten. Beide waren männlich und fast genauso groß wie der furchteinflößende Mann in der schwarzen Robe. An der Wand hing etwas. Ich konnte es zuerst nicht erkennen und musste genauer hinsehen.
Es war Keith.
Sie hatten ihn an die Wand gekettet. Er war nackt und schutzlos. Was noch schlimmer war, er bewegte sich nicht.
‘Dein Bruder weigert sich mit uns zu sprechen. Doch vielleicht können wir deine Zunge lockern. Zwanzig Stockschläge sollten genügen.’
Er gab einem der beiden Männer ein Zeichen. Dieser nahm einen kräftigen Rohrstock und positionierte sich vor Keith. Wieder und wieder zog er den Stock über dessen ungeschützten Körper. Die Haut zerplatzte und Blut quoll aus den Wunden. Keith war inzwischen zu erschöpft, um zu schreien, aber ich hörte sein schmerzerfülltes Stöhnen.
‘Bitte hört auf’, flehte ich.
Aber es folgten nur weitere Schläge. Wieder. Und wieder.
„Sechs, sieben ... acht“, zählte der Mann in der schwarzen Robe mit. Unter den heftigen Schlägen zuckte Keiths Körper. Es steckte nicht mehr viel Leben in ihm.
Erst nach dem zehnten Schlag kam ein ‘Das genügt.’
Ich zitterte am ganzen Körper.
‘Ich kann deinen Bruder den ganzen Tag durchprügeln lassen. Willst du ihm das wirklich zumuten?’
‘Nein, lasst ihn in Ruhe, Herr.’
‘Das kann ich nicht, Correy. Wir brauchen erst ein Geständnis.’
‘Aber er ist doch kein Verbrecher. Keith braucht Hilfe.’ Warum verstanden diese Männer das nicht? Der Inquisitor beugte sich zu mir hinunter und legte väterlich eine Hand auf meine Schulter. ‘Ich will ihm helfen. Doch das geht nur, wenn du mir die Wahrheit sagst.’
Alles in mir sträubte sich dagegen, ihm zu erzählen, was ich gesehen hatte. Aber ich war zu aufgelöst, zu unerfahren, um auf diese innere Stimme zu hören. Ich hoffte nur, Keith aus dieser Lage befreien zu können. Wenn das die einzige Möglichkeit war, würde ich es tun.
‘Komm’, sagte der Mann in der schwarzen Robe und schob mich aus dem Raum. Vor der Tür setzte er sich mit mir auf die Treppe. ‘Sprich mit mir, Junge.’
Ich atmete tief durch, wusste nicht, wo ich beginnen sollte. ‘Es ist wahr’, sagte ich schließlich. ‘Er hat sich verwandelt. In ein riesiges Monster. Er hatte große Zähne und lange Krallen, ein dichtes Fell, wie das eines Wolfes.’ Der Inquisitor hörte aufmerksam zu und nickte. ‘Aber er ist nicht böse, ich schwöre es bei Gott, Herr. Er ist doch mein Bruder. Er würde niemandem etwas tun. Aber das, was in ihm steckt, das müsst Ihr aus ihm holen, damit er wieder wie früher wird.’
Ein zufriedenes Lächeln trat auf das Gesicht des Mannes. ‘Gut gemacht, Correy. Jetzt können wir deinem Bruder endlich helfen. Wir werden dafür sorgen, dass er sich nie wieder in solch ein Scheusal verwandelt. Das willst du doch auch, oder Correy?’ Man schickte mich fort. Ich habe Keith nie wiedergesehen.“
Theresa nahm Correy in die Arme. Ihr fehlten die Worte. Wie schrecklich dieses Erlebnis für ihn gewesen sein musste. Vor allem, da er noch ein Kind war.
„Morgen jährt sich sein Todestag“, murmelte er an ihrer Brust. „Ich wünschte, ich hätte mich anders entschieden, ich wünschte, ich ...“
„Nein.“ Sie sah in sein Gesicht und legte einen Finger auf seine Lippen. „Dich trifft keine Schuld. Du bist ein Kind gewesen. Wie solltest du wissen, was der Inquisitor vor hatte? Außerdem hätten sie ihn sowieso getötet. Er war ja schon halb tot, als du ihn sahst.“
„Ich hätte meinen Verstand gebrauchen müssen. Killian hat völlig recht. Ich bin Schuld am Tod unseres Bruders.“
„Killian?“
„Der Mittlere von uns.“
„Hat er dir eingeredet, dass du Schuld bist?“
„Ich bin schuld“, sagte er überzeugt und knurrte, als ließe er keine andere Meinung gelten. Correy stieß die Luft durch die Zähne aus. „Du kannst das nicht verstehen. Du bist keine Werwölfin.“
Theresa machte einen Schritt zurück. Ihr war klar, dass er nur deshalb aus der Haut fuhr, weil der Schmerz ihn zerriss. Dennoch war sie
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