Lynettes Erwachen
deine schlechte Laune nicht an mir aus.“
Sie schmiss hinter sich die Tür zu und sah sich in dem langen Gang stehen. Verdammt, sie hatte die falsche Tür erwischt. Die Fenster ignorierend rannte sie den Flur entlang.
„Lynette, warte!“
Sie reagierte nicht. Wut und Frustration ließen Tränen in ihr aufsteigen. Ausgeschlossen, dass Elias sie so sah. Schlimm genug, dass sie sich so sehr nach ihm gesehnt hatte, dass sie in diesem Club gelandet war.
Kurz vor dem Treppenabsatz hatte er sie eingeholt, griff nach ihrem Arm, riss sie herum, und Lynette prallte schmerzhaft gegen die Wand. Alle Luft entwich ihren Lungen, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Lass mich in Ruhe“, fauchte sie und zerrte an ihrem Arm. Er ließ sie nicht los.
„Warum bist du hier, Lynette?“
„Das geht dich einen Scheiß an. Lass mich los.“
Unter diesem bohrenden Blick schwand ihre Kraft zusehends. Sie fühlte sich hilflos und ausgeliefert. Das schürte den Trotz und die Wut noch mehr.
„Da du nicht an Drogen geglaubt hast, was willst du hier?“, fragte Elias erneut.
In diesem Moment klingelte sein verdammtes Handy.
Während er telefonierte, versuchte Lynette, sich zu befreien, doch er ließ sie nicht los, sah ihr starr in die Augen und meldete sich mit unbewegter Stimme. Undeutlich verstand Lynette die Wortfetzen, hörte, dass es eine Frauenstimme war.
„Sie ist weg, Elias. … sie nicht finden … Thoma hat … gesehen.“
„Und?“
„… angemacht und … sexueller Nötigung.“
Elias klappte das Handy mit einer Hand zu und starrte sie unverwandt an.
„Was hat Thoma zu dir gesagt?“
„Was?“
Hatte sie also den Namen richtig verstanden? Elias hatte sie in der Disco ausspionieren lassen. War dieser Thoma ein Test gewesen? Lynette schäumte vor Wut.
„Du Arschloch! Vertraust du mir so wenig, dass du mich bespitzeln lässt?“
Erneut zerrte sie an ihrem Arm. Elias’ Griff war unbarmherzig. Er tat ihr weh, nicht nur körperlich. Sie musste auf der Stelle weg. Viel zu tief hatte sie sich in seinen Charme und die Spielchen verstricken lassen.
„Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, Lynette. Du hast keine Erfahrung, wie es in einem Club abläuft.“
„Und du glaubst, ich kann mich nicht selbst schützen? Lass mich los. Ich will hier weg.“ Ihre Stimme wurde immer schriller.
„Ich wollte nicht, dass dir etwas passiert.“
Lynette schniefte undamenhaft. Diese Sorge rührte sie, trotzdem ging sein Verhalten zu weit. Sie konnte definitiv allein auf sich aufpassen. Das hatte sie immer getan.
„Bitte lass mich gehen.“
„Nein! Du bist hier, und das hat einen Grund.“
Lynette hatte keine Lust mehr, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Erschöpfung und Müdigkeit überrollten sie.
„Ich dachte, sollten deine Mitglieder in Bedrängnis geraten, brauchst du vielleicht Hilfe“, entgegnete sie kraftlos.
„Du lügst, Lynette.“
Nachdem er ihr verdeutlicht hatte, dass er ihr nicht vertraute, konnte sie ihm unmöglich sagen, dass sie ihn vermisst hatte, sich bei ihm sicher fühlte und seine Wärme hatte spüren wollen. Hatte er wirklich Angst gehabt, dass man sie bedrängte? Wie sich herausgestellt hatte, war die Sorge nicht unbegründet gewesen.
„Dieser Thoma hat behauptet, ich gehöre dir, und ich bin hier, um das richtigzustellen. Ich gehöre weder dir noch sonst jemandem.“
„Du lügst immer noch.“
Woher wusste er das? Es war unheimlich, dass er immer zu wissen schien, was sie dachte und fühlte. Außerdem kam er ihr immer näher und brachte damit die Gedanken durcheinander. Sie spürte seinen Atem an ihrem Hals. Ein letztes Mal versuchte sie, sich gegen ihn zu wehren.
„Lass mich bitte gehen, Elias. Ich will das nicht.“
Ihre Stimme strafte die Worte Lügen. Sie zitterte unter ihm, und es war weder Angst noch Wut. Das gleiche Verlangen, das er nach dem Tango in ihr geweckt hatte, nahm von ihr Besitz. Sie wollte, dass er tat, was er ihr prophezeit hatte, wollte seine Zunge auf der Haut spüren und dass er ihre Handgelenke wieder umfasste und über dem Kopf gefangen hielt, sodass sie keine Wahl mehr hatte. Die Hitze, die er ausstrahlte, und ihre eigene Gier brachen den letzten Rest Widerstand. Sie flüsterte: „Er hat mir Angst gemacht, und ich wollte in Sicherheit sein.“
„Und du glaubst, bei mir bist du sicher?“
„Ja“, hauchte sie.
Er legte die Hände auf ihre Wangen und küsste sie. Erst sanft und spielerisch, dann immer fordernder. Ihr Körper schmolz in seinen Armen dahin.
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