Lynettes Erwachen
Miss Madeleine warf sie aus dem Ballettunterricht, und Lynette klammerte sich wie eine Ertrinkende an das Lernen und die guten Leistungen.
Damals hatte sie begonnen, sich durch Arbeit zu identifizieren. Sie musste gut sein, damit sie so schnell wie möglich wegkonnte. Geld spielte keine Rolle. Ihre Mutter hätte alles gegeben, um die verhasste Tochter, die sie in jedem Moment ihres Daseins an eine unbefriedigende Liebe erinnerte, loszuwerden.
Tränen rollten Lynette über die Wangen. Sie kuschelte sich in die Decke und rollte sich wie ein Embryo zusammen. Jetzt, nach so vielen Jahren, begann sie zu verstehen, was sie getan hatte.
Nicht Tom war schuld, dass sie an Männern kein Interesse hatte, denn vor ihm hatte sie genauso wenig Kontakt zugelassen. Lynette hatte Angst, in den gleichen Sumpf wie ihre Mutter zu geraten. Tief in ihr drin schlummerten dieselbe Gier, dasselbe Verlangen und dieselbe Kälte.
Elias hatte ihr eine Welt gezeigt, die sie wie eine Droge berauschte. Der bloße Gedanke an ihn erweckte ihre Sexualität.
Das Bild ihrer Mutter, auf dem Schreibtisch, mit den gefesselten Armen, mischte sich mit einer Fantasie. Ein Schauer der Lust überrollte sie, als sie sich selbst und Elias sah. Ja, sie wollte das, und sie fürchtete es.
Er war ihr letzter Gedanke, bevor sie in einen traumlosen, unruhigen Schlaf fiel.
„Du hast verdammt lange gebraucht, um sie nach Hause zu bringen.“
Elias antwortete nicht. Es war auch nicht nötig, denn er spürte das dümmliche Grinsen im Gesicht.
Auf dem Weg in den Club hatte er versucht, sich seiner Gefühle klar zu werden. Etwas war anders. Lynette war anders. Noch nie hatte es ihm einen solchen Kick verpasst, eine Frau der eigenen Lust zu unterwerfen. Und sie hatte sich leicht gefügt, fast zu leicht. Nur ein kurzes Aufflackern von Widerstand hatte er in ihren Augen wahrgenommen, dann hatte sie sich ihm hingegeben. Nein, nicht ihm – ihrer eigenen Lust. Diese Frau war unersättlich und wusste es nicht. War sie erst so weit, sich ihm vorbehaltlos auszuliefern, würde sie ihn an seine Grenzen bringen. Dessen war er sich sicher.
Ryan stand gegenüber und sah ihn fragend an. „Du hast mit ihr geschlafen? Ich glaube es nicht.“
„Nein, habe ich nicht.“ Sein geiler, gieriger Schwanz sagte ihm deutlich, dass er selbst keine Erfüllung gefunden hatte. Zumindest körperlich nicht. „Ich habe ihr einen kleinen Einblick in die eigene Gier verschafft. Glaub mir, diese Frau ist ein Vulkan. Du hättest ihre Schreie hören sollen.“
„Pass auf, dass du dich nicht verbrennst.“
Sie waren in die Bar gegangen und hatten sich an die Theke gesetzt. Ryan goss zwei Gläser Scotch ein und reichte eines Elias.
„Sie hält viel zurück und kann sich schwer gehen lassen. Doch in meinen Armen scheint etwas mit ihr zu passieren. Es war, als wäre die Schale aufgebrochen, und sie entstieg diesem Kokon wie ein Schmetterling, strahlend, bezaubernd und wunderschön.
Diese Frau kann sich bewegen, das ist der Hammer. Du hättest sie im Monpti sehen sollen. Sie hat ihren Körper um meinen geschlängelt, als wollte sie mich damit gefangen nehmen.“
„Das hat sie längst, mein Freund. Ich habe dich noch nie so von einer Frau schwärmen hören.“
„Sie ist wie eine Droge, Ryan. Ich will mehr von ihr“, flüsterte Elias gedankenversunken. Dieses Gefühl, sie um jeden Preis besitzen zu müssen, beunruhigte ihn. Er war nicht dazu bereit, den Preis zu zahlen, den eine solche Frau forderte. Seine Freiheit ging ihm über alles. An einer Beziehung war er nicht im Geringsten interessiert. Wieso konnte er nicht von ihr lassen?
Das Thema wechselnd sah er den Freund an. „Und, wie viel Verlust haben wir gemacht?“
„Es war recht spät. Von der Seite her hatten wir Glück. Um die tausend, würde ich schätzen. Bleibt abzuwarten, wie sich die Mitglieder verhalten. Vielleicht sollten wir Anzeige erstatten, eine Verleumdungsklage. Deine kleine Freundin managt das bestimmt.“
„Sie ist nicht meine Freundin! Eine Klage wirbelt mir zu viel Dreck auf. Noch mehr öffentliches Interesse können wir nicht gebrauchen. Diskretion ist in diesem Geschäft immer noch das Wichtigste.“
Ryan stand auf und streckte den Rücken durch. Ein gequältes Stöhnen drang tief aus seiner Kehle. „War ne lange Nacht. Kommst du heute Abend in den Club oder hast du ein Date?“
Elias ließ die goldene Flüssigkeit in seinem Glas kreisen. „Ich weiß es nicht. Wir haben nicht darüber gesprochen, wann
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