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Lynettes Erwachen

Lynettes Erwachen

Titel: Lynettes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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wir uns wiedersehen.“
    Ryan legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sei vorsichtig, mein Freund. Der Preis für diese unwiderstehlich süße Frucht könnte dir zu hoch sein.“
    „Daran habe ich auch gedacht.“
     
    Wie gerädert wachte Lynette drei Stunden später auf. Die Augen brannten, und ihr tat jeder Muskel im Leib weh. Kraft- und freudlos tapste sie ins Badezimmer. Entsetzt sah sie sich im Spiegel an. Rote Ränder umrahmten die geschwollenen Augen, die Haut sah blass und teigig aus. Dieses Gesicht kannte sie nur zu gut. Es war das ihrer Mutter nach einer durchzechten Nacht. Angewidert wandte sich Lynette ab.
    Sie musste raus, weg von all dem Frust der Begierde und der Sehnsucht. Das Meer! Sie musste das Meer sehen.
    Innerhalb einer halben Stunde hatte sie geduscht, Kaffee getrunken, ein paar Sachen zusammengepackt und saß in ihrem Mini Richtung Küste. Anderthalb Stunden brauchte sie nach Faversham. Dort angekommen, mietete sie ein Zimmer in Agnes’ Pension und machte sich zu Fuß auf den Weg zu den Klippen. Der beginnende Sonnenaufgang zeichnete diffuses Licht in das Grau des Tages. Passend zu ihrer düsteren Stimmung. Ein eisiger Wind zerzauste ihr das streng geknotete Haar. Lynette zog die dicke Jacke enger um den Körper.
    Sie liebte die Naturgewalt der Brandung, die Geräusche des Wassers und das Brausen des Windes. Ganz tief spürte sie die alte Einsamkeit in der Brust. Dieses Gefühl war in den letzten Jahren eine dumpfe Erinnerung gewesen. Jetzt fühlte sie es körperlich. Der Druck auf dem Brustkorb ließ sie schwer atmen. Tränen brannten in ihren Augen, doch es lag am Wind. Der Wind war schuld. Sie hatte ihre Gefühle im Griff, ließ sie nicht an die Oberfläche. Das durfte sie nicht.
    Ein herzzerreißendes Schluchzen drang ihr aus der Kehle. Wimmernd sank sie in die Knie, die Arme fest um den zitternden Leib geschlungen. Wie lange sie so auf den Knien hockte, die Tränen unterdrückend in Selbstmitleid zerfloss und dem Stechen in der Brust nachspürte, wusste sie später nicht mehr. Das Vibrieren des Handys in der Jackentasche riss sie in die Wirklichkeit zurück. Ein irrwitziges Gefühl von Erleichterung ließ sie blitzschnell danach greifen. Es war nicht Elias. Die Tränen nahmen ihren Lauf, als sie Justines Stimme hörte.
    „Lynette?“
    „Ja“, krächzte sie.
    „Lynette, mein Gott, ich versteh dich kaum. Was sind das für Geräusche? Wo bist du?“
    „In Faversham.“
    „Was ist passiert, Lynette?“
    „Ich fühl mich so einsam.“
    Eine Weile hörte man außer dem Heulen des Windes und Lynettes Schluchzen nichts.
    „Was hat dieser Scheißkerl mit dir gemacht?“
    „Nichts! Er hat nichts getan. Es liegt nicht an ihm. Er war wunderbar. Es ist nur … Ich hab Angst, Justine, Angst mich zu verlieren.“
    „Wo bist du genau?“
    „Bei Agnes.“
    „In zwei Stunden bin ich bei dir.“
    „Nein, Justine, das kann ich nicht von dir verlangen.“
    „Das musst du auch nicht. Ich bin deine Freundin. Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?“
    „Ich musste das Meer sehen, und ich wollte dich mit meinem Mist nicht belasten.“
    „Belasten? Du spinnst ja! Wie oft habe ich heulend in deinen Armen gelegen?“
    „Ich war dir nie eine Hilfe.“
    „Doch, Schatz, das warst du. Wenn mich die Gefühle beherrschten, warst du immer sachlich und hattest den Durchblick. Ich bin gleich bei dir.“
    Lynette hatte das Handy noch nicht in die Jacke gesteckt, da klingelte es erneut. Sie schluckte, versuchte, die Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen.
    „Hallo, Ben!“
    „Hi, Süße. Na, wie war dein erster Discobesuch?“
    „Es war toll, aber sei mir nicht böse. Ich habe nur drei Stunden geschlafen. Kann ich dich zurückrufen?“
    „Ist alles in Ordnung mit dir?“
    „Mach dir keine Sorgen. Ich melde mich, sobald ich kann.“
    „Er ist noch bei dir, hab ich recht?“
    Zum Glück konnte er die Tränen nicht sehen, die ihr über die Wange kullerten.
    „Bis dann, Ben.“
    Sie legte auf und schaltete die Mailbox an. Sollte Ben doch glauben, was er wollte. Nie im Leben durfte er erfahren, wie aufgewühlt und durcheinander sie war. Kein Mensch würde eine Anwältin an seiner Seite wollen, die sich von Gefühlen leiten ließ.
    Eine Stunde brauchte sie, sich so weit zu beruhigen, dass sie sich in den Ort traute. Bei einer heißen Tasse Tee wärmte sie sich in der kleinen Gaststube der Pension auf und blätterte lustlos in der Lokalpresse.
    Bis Agnes sie in Ruhe ließ, hatte es einige

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