Lynettes Erwachen
Master raushängen lassen. Er ist Master, oder?“
Elias nickte und feixte.
„Dann sind wir Dessous kaufen gegangen und in einer Cocktailbar gelandet. Ich war so was von betrunken. Niiiie wieder! Das kann ich dir sagen. Justine hat bei mir schlafen müssen, weil sie nicht mehr zum Zug gefunden hätte.“
„Du führst also ein Lotterleben, wenn ich nicht da bin“, grinste Elias, doch ihr verzagter Blick sagte ihm, dass da noch etwas war. Er hob ihr Kinn an und sah ihr tief in die Augen. Diese füllten sich mit Tränen.
„Hey, Süße. Was ist denn los?“
„Ich habe fremdgeknutscht“, schluchzte sie. „Ich hab dich so sehr vermisst, und da war dieser Typ, und er kannte mich aus dem Monpti, und ich hatte so viele Bellinis intus. Wäre ich nüchtern gewesen, hätte ich das nie getan.“
Elias schloss sie in die Arme. Es versetzte ihm einen Stich. Doch wer war er, ihr die Unerfahrenheit vorzuwerfen? Er war nicht betrunken gewesen, als er Annette gefickt hatte, und da hatte sein Unterbewusstsein bereits gewusst, dass er Lynette liebte.
„Schhhht! Ist ja gut! Die Erfahrung macht jeder.“
„Nicht mit fast dreißig.“
„Wann wirst du eigentlich dreißig?“
„Gar nicht“, platzte es aus Lynette heraus. Sofort ging sie auf Abwehr. „Ich feiere keine Geburtstage, und darüber diskutiere ich nicht.“
In dem Fall würde er diesen Ben fragen. Apropos Ben …
„Was wird jetzt eigentlich aus New York? Kannst du das mit Ben Lloyd regeln?“
„Wann ist das genau?“
„Zweiter bis vierter Juni ist die Hochzeit, und danach wollte ich zu meiner Großmutter.“
„Ich ruf ihn gleich an. Vielleicht lässt er sich darauf ein, dass ich jetzt arbeite und später zwei Wochen Urlaub nehme.“
„So lange wollte ich nicht bei meiner Großmutter bleiben. Sie ist dreiundneunzig.“
„Wow! Ich habe noch nie einen so alten Menschen kennengelernt.“
„Sie ist eine unglaubliche Frau. Du wirst sie mögen und sie dich.“
Lynettes Lächeln wirkte verzagt. „Wenn ich schon mal drüben bin, würde ich gern nach L.A. fliegen und meinen Vater besuchen.“
„Das ist kein Problem“, sagte Elias aufmunternd.
„Könntest du denn so lange bleiben? Ich meine, wegen des Spas und der Umbauten.“
„Möchtest du, dass ich dich begleite?“
„Ja!“
„Ruf ihn an.“
„Wen?“, fragte Lynette entsetzt.
„Na, Ben. Deinen Vater solltest du allerdings vorwarnen.“
Schmunzelnd blätterte Elias in dem Schmöker, der auf dem gemütlichen Ledersessel gelegen hatte. Wenn das ihre Fantasien waren, hatte er diese weit überschritten. Und da sie nicht auf Schmerz stand, zumindest nicht auf Peitschen und dergleichen, konnte er beruhigt weitere Grenzen ausloten.
Es war verrückt! Als er Lynette begegnet war, hätte er sich nicht träumen lassen, dass sie ihn so tief berühren würde. Die spröde Art hatte ihn gereizt. Diese Schale hatte er aufbrechen wollen, doch die Leidenschaft und Hingabe, die sie darunter verbarg, überrollte ihn. Alles, was er ihr geben konnte, nahm sie bereitwillig und gierig auf.
Im Alltag waren sie beide starke, selbstbewusste Persönlichkeiten, und das war gut so. Sollte Lynette bei ihm bleiben, würden sie noch so manches Wortgefecht miteinander austragen. Mann, konnte sie zickig und energisch sein. Nie im Leben hätte er gedacht, dass er ihr sagen würde, wie viel Geld er besaß. Dass sie geschockt war und es als lästig empfand, hatte ihm die letzte Bestätigung gegeben, die Richtige gewählt zu haben.
War es je eine bewusste Entscheidung gewesen? Hatte er überhaupt eine Wahl gehabt? Wann hatte er ihr sein Herz geschenkt?
Während er sich diese Fragen stellte, sah er sie vor sich, wie sie im Balzac gesessen und den Schokoladenkuchen probiert hatte. Es war der Moment gewesen, als sie für Sekunden die Lider geschlossen hatte, um den Geschmack der Schokolade auf der Zunge zergehen zu lassen. Damals hatte er einen kleinen Stich gespürt, den er nicht hatte deuten können.
Und an dem Abend, im Badezimmer seines Büros, als sie so verletzlich und ängstlich zu ihm aufgesehen hatte, war ihm klar geworden, dass er sie beschützen wollte, vor allen Widrigkeiten des Lebens und vor sich selbst. Anfangs hatte er sie ficken wollen und als eine weitere Eroberung in seine Sammlung einreihen. Dieser Abend hatte alles verändert.
Jetzt brauchte er den Mut, es ihr zu gestehen, und musste das Risiko eingehen, verletzt zu werden. Manchmal glaubte er, eine tiefe Zuneigung in den dunkelbraunen Augen zu
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