Lynne Graham
in ein Hotel oder …“ „Du hast keine Wahl, das muss operiert werden, je eher, desto besser. Soll ich den Zwillingen Bescheid geben?“ Jane schüttelte hastig den Kopf. „Nein, wir brauchen sie nicht auch noch aufzuregen.“
Aristandros zog zwar eine Augenbraue in die Höhe, machte aber keinerlei Bemerkung. Auf der Fahrt und im Krankenhaus verfolgte Ella erstaunt, wie sanft er mit ihrer mitgenommenen Mutter umging, und musste sich sogar ein Schmunzeln verkneifen, als sein Charme bei Jane zu wirken begann, war ihre Mutter doch nie ein besonders großer Fan von ihm gewesen.
Es wurde eine lange Nacht. Nach den Röntgenaufnahmen war Ella bei der Untersuchung ihrer Mutter anwesend und sah entsetzt die Blutergüsse auf dem grazilen Körper. Schlagartig wurde ihr klar, dass die Übergriffe ihres Stiefvaters mit den Jahren offensichtlich nur noch schlimmer geworden waren. Die Operation wurde sofort angesetzt, vorher jedoch erschienen zwei Polizeibeamte in der Klinik. Ella stellte sich bereits darauf ein, dass ihre Mutter jeder konkreten Frage ausweichen würde, um ihren Mann nicht zu belasten, doch da mischte Aristandros sich ein und bat, einen Moment mit Jane unter vier Augen reden zu dürfen. Also verließ Ella das Behandlungszimmer, auch wenn sie sich fragte, was Aristandros wohl vorhatte.
Umso erstaunter war sie, als sie bei ihrer Rückkehr in den Raum Jane bereit fand, eine Aussage zu Protokoll zu geben und Anzeige gegen Theo zu erstatten. So entschlossen und selbstsicher hatte Ella ihre Mutter lange nicht mehr gesehen. Als Jane dann in den Operationssaal gefahren wurde, telefonierte Aristandros auf seinem Handy.
„Was hast du zu ihr gesagt?“, fragte Ella ihn schließlich.
„Sie will neu anfangen, und ich habe ihr erklärt, dass ihr das nur gelingen kann, wenn sie Sardelos wegen Körperverletzung anzeigt. Nur dann wird er sie in Ruhe lassen. Ich habe sie auch gewarnt, dass sie eines Tages einen seiner Angriffe vielleicht nicht überleben wird. Ich bat sie, sich auf Lykos bei uns zu erholen, aber sie möchte lieber bei deinen Brüdern bleiben, bis es ihr besser geht. Also habe ich die Zwillinge angerufen. Sie müssten gleich hier sein.“
Ella war enttäuscht, dass Jane nicht mit auf die Insel kommen wollte, aber sie wusste auch, dass ihre Mutter es genießen würde, die beiden erwachsenen Söhne eine Zeit lang zu verwöhnen. Es erstaunte sie, dass Aristandros erreicht hatte, was ihr nie gelungen war. Theo würde endlich zur Verantwortung gezogen werden, und darüber war sie unendlich erleichtert. Dabei war es gar nicht verwunderlich – Jane hatte sich immer von starken Männern und nicht von starken Frauen beeindrucken lassen.
Sie warteten in der Klinik, bis Jane im Aufwachraum aus der Narkose erwacht war. Es war eine lange und komplizierte Operation gewesen, aber sie war gut verlaufen. Ella schlief auf der Rückfahrt in der Limousine ein und wurde erst wieder wach, als Aristandros sie sanft auf das Bett im Schlafzimmer in der Villa legte.
„Du warst großartig mit Mum“, murmelte sie schlaftrunken. „Das hätte ich nicht gedacht.“ „Ich bin nicht immer der Mistkerl, für den du mich hältst“, erwiderte er nüchtern.
Ella legte sich bequemer hin und schaute in sein attraktives Gesicht. „So dumm bin ich auch wieder nicht“, sagte sie leise. „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“
9. KAPITEL
Seit Ella vor sieben Jahren zuletzt auf Lykos gewesen war, hatte sich einiges auf der Insel getan. Aristandros hatte den Hafen ausbauen lassen, um Platz für seine Schiffe zu schaffen. Die Fischerboote wirkten neben der Hellenic Lady wie buntes Kinderspielzeug. Die kleine Hafenstadt mit den gekalkten weißen Häusern und den traditionell blau gestrichenen Türen und Fensterrahmen zog sich bis weit in die Hügel hinauf. Auf dem Hauptplatz stand die kleine Kirche im Schatten großer Platanen, und eine hübsche Windmühle, auch wenn schon längst nicht mehr in Betrieb, vervollständigte das malerische Bild. Entlang der gewundenen Straße, die zum Xenakis-Anwesen führte, standen sehr viel mehr Häuser, als Ella in Erinnerung hatte.
„Als du das letzte Mal hier warst, sagtest du, du würdest gern in einer solchen Kirche heiraten“, murmelte Aristandros.
„Sagte ich das?“ Sie stand an der Reling, während die Jacht im Hafen anlegte. Sie war müde, die letzte Nacht und der Schlafmangel hatten sie mitgenommen. Bei Aristandros’ Kommentar verschluckte sie sich fast an ihrem Kaffee, den sie mit
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