Lynne Graham
Persönlichkeiten.
Aristandros hatte keine Ähnlichkeit mit seiner blonden, braunäugigen Mutter, das Aussehen hatte er von seinem attraktiven Vater geerbt. Was allerdings die Wirkung angeht, so übertrifft er beide Elternteile, urteilte Ella in Gedanken. Sie warf ihm einen bewundernden Blick zu. Vom Vater hatte er das gute Aussehen und vom Großvater die messerscharfe Intelligenz und den brillanten Geschäftssinn. Der tagtägliche Umgang mit ihm hatte ihr immer deutlicher gemacht, dass er ein außerordentlich attraktiver, extrem intelligenter und generell faszinierender Mann war. Eigentlich erfüllte er alle erforderlichen Kategorien auf ihrer Wunschliste.
Das Blut schoss ihr in die Wangen, als er sie bei ihrer Musterung ertappte. Hastig ging sie auf die Terrasse hinaus und fragte sich still, ob Lily vielleicht recht hatte. War es möglich, dass sie nie über Aristandros hinweggekommen war? Hatte sie die erste Enttäuschung nie richtig verwunden? Allein die Vermutung entsetzte sie, hatte sie sich doch immer für eine vernünftige Frau gehalten. Denn eine Frau, die weiterhin einen Platz für einen berüchtigten Don Juan in ihrem Herzen reservierte, erschien ihr als dumm, charakterschwach und definitiv nicht bei Sinnen.
„In drei Wochen werden wir eine Wohltätigkeitsveranstaltung für die Xenakis-Stiftung besuchen“, verkündete Aristandros. „Formelle Abendgarderobe ist vorgeschrieben.“
Ella unterdrückte den Seufzer. „Wo?“
„Eine Aufführung im Opernhaus in Athen.“
Ella kümmerte sich erst einmal darum, dass Callie und deren Sachen im Kinderzimmer untergebracht wurden. Die Kleine sah dieses Reich eindeutig als ihr Zuhause an, sie tappte zu der großen Spielzeugkiste und zog zufrieden ihre Lieblingspuppen und – stofftiere hervor. Später dann, als Callie zu Bett gebracht worden war und Ella mit Aristandros auf der Terrasse beim Dinner saß, holte sie tief Luft.
„Weißt du eigentlich, dass ich noch keine zwei Wochen mit dir zusammen bin und dass das jetzt das sechste Bett ist, in dem ich schlafe?“
Er zuckte nonchalant mit den Schultern. „Veränderungen stimulieren.“
„Ich weiß, du willst das nicht hören, aber …“
Aristandros winkte mit einer schlanken gebräunten Hand ab. „Dann sag es auch nicht.“
„Es ist Callie gegenüber nicht fair. Sie braucht ein festes Zuhause.“
„Normalerweise schleife ich sie auch nicht durch die ganze Welt, so wie ich es in letzter Zeit getan habe“, gab Aristandros zu. „Eigentlich bleibt sie sonst hier auf der Insel.“
Jäh erkannte Ella den Grund, und das schlechte Gewissen meldete sich. „Sie reist nur meinetwegen, nicht wahr? Weil du weißt, dass ich mit ihr zusammen sein möchte.“
„Und ich möchte mit dir zusammen sein“, gab er sofort zurück. „Wir sind das perfekte Trio. Du musst praktisch denken.“ Ella stocherte in dem delikaten Meeresfrüchtesalat herum, der als Vor speise serviert worden war. Ihr Appetit schwand rapide.
Denk praktisch. Denk an den Vertrag, den du unterschrieben hast. Denk daran, wer hier das Sagen hat, was Callie angeht.
Aber Aristandros’ Lebensstil war völlig ungeeignet für ein Kleinkind. Callie brauchte dringend Stabilität und Routine, wenn sie aufblühen sollte. Und dieselben Bezugspersonen um sich herum.
Nachdenklich schaute Aristandros über den Rand seines Weinglases zu Ella. „Die ganze nächste Woche bin ich geschäftlich unterwegs. Ihr könnt hier bleiben.“
Sie wusste, dass sie gerade eine kleine Schlacht gewonnen hatte, aber gleichzeitig stellte sie auch entsetzt fest, dass sie sich fragte, warum er so willig nachgab und sie auf der Insel zurückließ. Langweilte er sich etwa schon mit ihr? Immerhin waren zwei Wochen mit derselben Frau für Aristandros eine lange Zeit. Und wenn er bereits das Interesse an ihr verlor, wie würde sie damit fertig werden?
Sie verdrängte den Gedanken. Es hatte keinen Sinn, sich vorab über Probleme zu sorgen, die noch gar nicht aufgetaucht waren.
Nach dem Dinner rief Ella ihre Mutter im Krankenhaus an. Jane ging es schon sehr viel besser, Stavros und Dmitri besuchten sie regelmäßig und hatten ihr auch die Nachricht überbracht, dass Theo festgenommen und angeklagt worden war. Endlich befreit von der Angst vor ihrem gewalttätigen Ehemann, hatte Jane beschlossen, eine Therapie zu beginnen.
„Mum wird viel besser damit fertig, als ich angenommen hatte“, meinte Ella, als Aristandros aus dem Bad zurückkam, nur ein Handtuch um die Hüften
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