Lynne Graham
hinausgenommen hatte, um wach zu werden. „Daran kann ich mich gar nicht erinnern.“
„Mir gefiel es, dass du dir nicht vorher jedes Wort überlegtest, bevor du es aussprachst. Meine Eltern haben hier in der Ayia Sophia geheiratet. Meine Mutter fand diese kleine Kirche ebenfalls süß.“
„Die Insel gehörte ihr, nicht wahr?“
„Ja, sie war das einzige Kind und eine riesige Enttäuschung für eine Reederfamilie, die unbedingt einen Sohn haben wollte.“ „Ich erinnere mich noch an das Porträt von ihr im Haus. Sie sah blendend aus.“
„Bisher habe ich keine andere Frau kennengelernt, die so eitel war wie sie“, merkte Aristandros zynisch an. „In gewisser Hinsicht ist es gut, dass sie jung gestorben ist. Sie hätte das Altwerden nicht verkraftet.“
Ella fand es sehr traurig, dass er so lieblos über seine Mutter redete. Aber vermutlich hatte er sich schon als Junge angewöhnt, keine Gefühle zu haben – zum Selbstschutz, weil er bei völlig verantwortungslosen Eltern aufgewachsen war, die sich geweigert hatten, erwachsen zu werden. Sie waren einander zu ähnlich gewesen, als dass sie sich lange hätten ertragen können, und ihre Ehe war von Krisen überschattet.
Doria Xenakis war schön und reich gewesen, zwei Eigenschaften, die sie einsetzte, um ihrem Traum nachzujagen. Sie hatte eine große Schauspielerin werden wollen, hatte ständig Schauspielunterricht genommen und eine Party nach der anderen gegeben, um einflussreiche Leute im Filmgeschäft für sich zu gewinnen. Für Aristandros hatte sie keine Zeit gehabt. Mit dreißig war Doria schließlich an einer Überdosis gestorben, und ihr Schauspielruhm beschränkte sich darauf, dass sie in einigen der schlechtesten Filme, die je produziert worden waren, mitgespielt hatte. Aris Vater, Achilles Xenakis, hatte sich einen zweifelhaften Ruf als Spieler, Trinker und Playboy erworben. Achilles war schließlich mit seinem Rennboot tödlich verunglückt. Und Aristandros war im Alter von vierzehn Jahren zu seinem Großvater Drakon gekommen.
Ella, Callie und Aristandros stiegen in eine der beiden am Hafen wartenden Limousinen ein, während das Gepäck im zweiten Wagen verstaut wurde. Auf der Fahrt schaute Ella aus dem Fenster auf die azurblaue See und den endlosen weißen Sandstrand, der mehr als die Hälfte der Insel umrundete.
„Hältst du noch immer die Touristen fern?“, fragte sie.
„Warum sollte ich das Paradies mit anderen teilen?“
„Es würde die Ökonomie beleben und die jungen Leute davon abhalten, abzuwandern. Eine kleine exklusive Kolonie würde deine Privatsphäre doch nicht gefährden.“
„Ich werde darauf achten müssen, dich vom Stadtrat fernzuhalten“, meinte er. „Sie würden dich sonst sofort wählen. In den letzten Jahren habe ich einige Geschäftszweige auf die Insel gebracht und damit Arbeitsplätze geschaffen. Die Wirtschaft blüht, und die Einwohner profitieren davon – auch ohne Tou rismus.“
Sie schenkte ihm ein harmloses Lächeln. „Du musst ja wissen, was für dein kleines Königreich am besten ist.“
„Ich sehe die Insel nicht als mein Königreich an“, knurrte er.
„Nun, da will ich nicht widersprechen.“ Es klang nicht sehr überzeugt.
Aristandros strich mit einem Finger über die Länge ihres Schenkels. „Lügnerin. Du hast es immer darauf angelegt, mir unter die Haut zu gehen.“
„Ständige Katzbuckelei und kritiklose Bewunderung sind nicht gut für dich. Viel zu viele Leute tun so, als wäre jede einzelne deiner Entscheidungen absolut brillant.“
„Meistens sind sie das tatsächlich“, konterte er. „Deshalb bin ich ja auch so reich geworden.“
Wider Willen musste Ella schmunzeln. Seine Selbstsicherheit war einfach nicht zu übertreffen. Sie näherten sich dem Anwesen, und Ella betrachtete das Haus, das auf einem zypressenbewachsenen Hügel an einer Bucht lag.
„Ich habe eine Aufgabe für dich“, sagte Aristandros zu ihr, nachdem sie vom Personal begrüßt worden waren. „Entrümple das Haus und hole es endlich aus den Achtzigerjahren heraus. Es erinnert mich immer an eine Filmkulisse.“
Er hatte recht, es war mit Sicherheit ein Historiendrama gewesen, das Aristandros’ Mutter zu der opulenten Einrichtung inspiriert hatte. Es wunderte Ella, dass er die Villa nicht längst hatte renovieren lassen. Vielleicht war er ja sentimentaler, als er zugeben wollte. Dorias Porträt hing noch immer an der Wand, wie auch die Fotografien von ihr zusammen mit berühmten
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