Lyon - A.M.O.R. 01
aus seinem Blockhaus schleiften. Er war nicht einmal fähig, sich zu rühren, als man ihm ein Schwert in die Brust stieß und sich das Tor zur Hölle öffnete.
Lyon legte Bash die Hand auf die Schulter. Ohne seine jahrhundertelange E r fahrung und seine hervorragende Spürnase hätten sie die Hütte des berüchti g ten Kopfgeldjägers Zymon-Ki nicht gefunden. Der D’fox war die vergangenen zwanzig Stunden schweigsam und hoch konzentriert seinen Instinkten und seinem Wissen gefolgt und erst, als sie Adinas Erdbeerduft witterten, hellte sich das Gesicht des einzigen Jägers der Amorphen auf. Tropical schien fort zu sein oder sie redete nicht mehr mit ihm. Er hatte es ein ums andere Mal ve r sucht, sie sogar angefleht, ihm beizustehen, für Adina, doch sie blieb ve r schwunden.
Lyon hatte mehr schlecht als recht versucht, mit Bashs Tempo mitzuhalten und zu verbergen, wie hundsmiserabel er sich fühlte. Er stand kurz vor dem Zusammenbruch, aber seine Miene blieb reglos. Er spürte das Unheilvolle, das in der Luft hing, spürte, Adina war ihm nicht nahe, spürte Angst, die sein Herz lähmte, obwohl er sich einbläute, sie nur noch um ihrer selbst willen zu s u chen, nicht, weil er sich eine gemeinsame Zukunft erträumen durfte.
Sie glitten über die Holzveranda durch die offene Tür in das Wohnzimmer, das vollgestopft mit überquellenden Bücherregalen behaglich wirkte. Das u n terschwellige Zwicken im Nacken wies Lyon ins Schlafzimmer.
„Verflucht!“ Ihm bot sich ein furchtbarer Anblick. Der Kopfjäger lag schweißüberströmt und bewegungslos in einer Blutlache auf dem Boden.
„Hier waren unlängst einige Magycen. Sicher haben sie Adina mitgenommen und ihn erledigt.“
Lyon streckte den Rücken. „Bash, folge ihr. Ich knüpfe mir den Abschaum hier vor.“
Bashs fuchsfarbene Iris glühten, durchschauten ihn, sahen seine Schwäche. Er nickte und löste sich auf.
Lyon kniete nieder. Er brauchte Auskünfte. Laut Bash erwiesen sich die J ä ger stets als bestens informiert, wenn auch als maulfaul. Warum zum Teufel hatten die Magycen ihn abgestochen wie einen Amorphen? Wie Lyon sah und fühlte, steckte noch Leben in Zymon-Ki, wenngleich es ernst um ihn stand.
Er griff nach dem Schwert und zog es aus dem Brustkorb. Blut quoll hervor. Bildersequenzen seiner Schwester Semi schoben sich wieder vor seine Augen. Er taumelte. Keuchend stützte er sich mit einem Handballen ab, versuchte , sich zusammenzureißen, verdrängte die Schrecken der Vergangenheit, die ihn bei jeder Gelegenheit einzuholen gedachten.
Mit Widerwillen leckte er über die Wunde und spuckte würgend das Blut aus. Es schmeckte ätzend nach Säure. Eine Substanz schimmerte in dem Ei n stich. Lyon sprang auf, spülte sich den Mund gründlich im Bad. Eine Chem i kalie oder Ähnliches hatte an der Klinge gehaftet. Es musste die Erklärung d a für sein, warum sich die Verletzung trotz seines heilenden Speichels nicht schloss – genau wie damals bei Semi!
Lyon schüttelte den Kopf und starrte in den Badezimmerspiegel. Sein G e sicht war Ausdruck seiner inneren Aufruhr. Mussten wirklich erst 468 Jahre vergehen, damit er ein paar Puzzleteile zusammensetzte? Obwohl dies absolut paradox war, schließlich lag kein verletzter Amorph auf dem Boden, sondern ein Magyc. Er spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, glättete seine Haare nach hinten. Im Sumpf der Selbstvorwürfe zu baden, brachte ihn nicht weiter. Z ö gern ebenso nicht.
Lyon ging zurück und kniete sich neben seinen Feind. Er spülte die Wunde mit Wasser aus, biss sich ins Handgelenk und flößte Zymon-Ki sein Blut ein. Die breite Brust des Kerls hob und senkte sich weiterhin. Zumindest starb er nicht innerhalb von Minuten wie Semi. Vielleicht irrte er sich? Es lag immerhin im Bereich des Möglichen, dass Magycenblut wie Batteriesäure schmeckte und es sich nicht um eine mysteriöse Chemikalie handelte. Woher sollte er es wi s sen? Nie hatte er Feindesblut getrunken und Bash traute er ohne Weiteres zu, diesen ätzenden Geschmack zu genießen, wenn er seine Opfer aussaugte.
Lyon rutschte auf die Matratze und streckte sich aus. Seine Lider flatterten vor Erschöpfung und Wut, vor Angst um Adina. Er konnte nichts tun, als warten, bis der Mörder erwachte. Gott, wie gern würde er diesem Scheusal den Hals umdrehen, ihm einen Tritt verpassen, damit die Hölle ihn endlich ve r schluckte, für das, was er all den Amorphen angetan hatte. Doch er beherrsc h te sich, ließ seine Überlegungen
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