Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Schweines erscheine, oder wieviel du durch die Ohren eines Schweins hören kannst, aber deine Hexentage sind nun gezählt.«
Am nächsten Morgen weckte Glyneth Dhrun mit einem Bericht von den Ereignissen des vorausgegangenen Abends. Dhrun fühlte sich ein wenig gekränkt, weil man ihn ausgeschlossen hatte, aber er hielt den Mund.
Die rechtmäßige Dame Melissa bereitete ein Frühstück aus gebratenem Barsch, frisch aus dem Fluß gefangen. Während Dhrun und Glyneth aßen, erschien der Metzgerlehrling an der Tür. »Dame Melissa, Ihr habt Schlachtvieh zu verkaufen?«
»Ganz recht, ganz recht! Eine feine Jährlingssau, für die ich keine Verwendung habe. Du findest sie hinter dem Haus an einen Baum gebunden. Achte nicht auf die seltsamen Laute, die sie von sich gibt. Ich rechne mit deinem Herrn bei meinem nächsten Besuch in der Stadt ab.«
»Ganz recht, Dame Melissa. Ich bemerkte das Tier schon, als ich ankam, und es scheint fürwahr in bestem Zustand zu sein. Mit Eurer Erlaubnis mache ich mich jetzt wieder auf den Weg.« Der Metzgerlehrling ging hinaus, und wenig später konnte man ihn durch das Fenster über den Weg davongehen sehen, das quiekende Schwein an einer Leine hinter sich herziehend. Fast unmittelbar darauf sagte Glyneth höflich: »Ich glaube, auch wir sollten uns jetzt besser auf den Weg machen, denn wir haben heute noch ein gutes Stück zu gehen.«
»Tut das, was ihr für das Beste haltet«, sagte Dame Melissa. »Wenn ich nicht selbst so viel Arbeit zu erledigen hätte, würde ich euch drängen, noch ein wenig länger bei mir zu verweilen. Einen Moment noch.« Sie ging hinaus und kam gleich darauf mit je einem Goldstück für Dhrun und Glyneth zurück. »Bitte dankt mir nicht, ich bin überwältigt vor Freude, mich wieder in meinem eigenen Körper zu wissen, der so schlimm mißbraucht worden ist.«
Aus Angst, die magische Kraft zu stören, die in dem alten Beutel schlummerte, steckten sie die Goldmünzen in Dhruns Hosenbund. Dann sagten sie Dame Melissa Lebwohl und machten sich auf den Weg.
»Nun, da wir den Wald sicher hinter uns gebracht haben, können wir anfangen, Pläne zu schmieden«, sagte Glyneth. »Als erstes suchen wir einen weisen Mann, der uns den Weg weist zu einem noch weiseren, welcher uns zum größten Weisen des Reiches führt, und der wird die Bienen aus deinen Augen verjagen. Und dann ...«
»Und dann was?«
»Dann werden wir soviel wie möglich über Prinzen und Prinzessinnen in Erfahrung bringen und welche von ihnen einen Sohn namens Dhrun haben könnten.«
»Wenn ich die sieben Jahre Pech heil überstehe, reicht mir das schon.«
»Nun gut, eins nach dem andern. Und nun frisch voran! Da vorn liegt das Dorf, und wenn wir dem Schild glauben können, heißt es Wookin.«
Auf einer Bank vor dem Dorfgasthaus saß ein alter Mann, der an einem Stück Erlenholz schnitzte.
Glyneth näherte sich ihm schüchtern. »Herr, wer gilt als der weiseste Mann in Wookin?«
Der alte Mann überlegte so lange, wie er brauchte, um zwei sich wunderschön kringelnde Späne von seinem Erlenscheit zu schneiden. »Ich will dir eine ehrliche Antwort geben. Also aufgepaßt! Nun, auf den ersten Blick wirkt Wookin ruhig und beschaulich. Aber der Wald von Tantrevalles liegt nicht weit. Eine böse Hexe haust eine Meile von hier den Weg hinauf und wirft ihre Schatten über Wookin. Das nächste Dorf am Weg ist Lumarth, sechs Meilen von hier. Jede dieser Meilen ist dem Andenken an einen von sechs Räubern gewidmet, die unter der Führung von Janton Halsabschneider erst vor einer Woche diese Wegstrecke vereinnahmt und unter sich aufgeteilt haben. Letzte Woche versammelten sich die sechs, um Jantons Namenstag zu begehen, und sie wurden von Numinante, dem Diebfänger, gefangen. Am Dreimeilenkreuzweg findest du unser berühmtes und höchst wunderliches Wahrzeichen, den alten Sechsauf-einen-Schluck. Kurz hinter dem Dorf, auf dem Weg nach Norden, befindet sich das Labyrinth, eine Anordnung von Dolmen, deren Ursprung im dunkeln liegt. In Wookin gibt es einen Vampir, einen Giftesser und eine Frau, die mit Schlangen spricht. Wookin muß das seltsamste Dorf von ganz Dahaut sein. Ich habe nun schon achtzig Jahre hier überlebt. Kann ich da nicht mit Fug und Recht behaupten, daß ich der weiseste Mann von Wookin bin?«
»Herr, es sieht ganz so aus, als wäret Ihr genau der Mann, den wir suchen. Dieser Junge ist Prinz Dhrun. Elfen sandten goldene Bienen in seine Augen, und er ist blind. Sagt uns, wer ihn heilen könnte
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