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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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auch Glyneth an ihr Leibchen, wo sie den magischen Beutel verborgen hielt.
    Nab, der Schmale, immer noch in die Betrachtung des Kadavers versunken, schien es nicht zu bemerken. »Armer Pirriclaw! Numinante erwischte ihn in der Blüte seiner Jahre, und nun warte ich auf seine Kleider – mit Vorfreude, darf ich hinzufügen. Pirriclaw trug nur feinstes Tuch mit dreifachen Nähten. Er hat ungefähr die gleiche Statur wie ich, und vielleicht werde ich seine Kleider selbst tragen!«
    »Und was ist mit der letzten Leiche?«
    »Der da? Der macht nicht viel her. Halbstiefel aus Tuch, die Kleider überall geflickt und ohne jeden Stil. Dieser Galgen heißt Sechs-auf-einen-Schluck. Gesetz und Brauch verbieten, daß fünf oder vier oder drei oder zwei oder einer an diesem alten Gerüst aufgehängt werden. Ein Tunichtgut namens Yoder Grauohr, der Eier unter Witwe Hods schwarzer Henne weggestohlen hat. Numinante beschloß, ein Exempel mit ihm zu statuieren und außerdem dem alten Sechs-auf-einen-Schluck einen sechsten Mann zu verschaffen. Und zum erstenmal in seinem Leben diente Yoder Grauohr einem nützlichen Zweck. Er ging zwar nicht als glücklicher Mann in den Tod, aber zumindest als einer, dessen Leben eine letzte Erfüllung gehabt hat, und nicht jeder von uns kann dies von sich behaupten.«
    Glyneth nickte zweifelnd. Nabs Bemerkungen wurden ihr langsam ein wenig zu schwärmerisch, und sie fragte sich, ob er sich vielleicht auf ihre Kosten einen Spaß machte. Sie faßte Dhrun beim Arm. »Komm, laß uns weitergehen, es sind noch drei Meilen bis Lumarth.«
    »Und sichere drei Meilen, nachdem Numinante jetzt so aufgeräumt hat«, setzte Nab, der Schmale, hinzu.
    »Eine letzte Frage. Könnt Ihr uns sagen, wo ein Jahrmarkt stattfindet, auf dem sich weise Männer und Magier versammeln?«
    »O ja. Dreißig Meilen hinter Lumarth ist die Stadt Haselholz, wo zum Anlaß des Druidenfestes ein Jahrmarkt abgehalten wird. Seid in zwei Wochen dort, und fragt nach Lugrasad von den Druiden!«
    Glyneth und Dhrun setzten ihren Weg fort. Eine halbe Meile hatten sie zurückgelegt, als hinter einem Brombeerdickicht ein großer dünner Räuber hervorsprang und sich ihnen in den Weg stellte. Er trug einen langen schwarzen Mantel, eine schwarze Maske, die sein ganzes Gesicht bis auf die Augen bedeckte, sowie einen flachen schwarzen Hut mit einer extrem breiten Krempe. In der Linken schwang er einen Dolch.
    »Bleibt stehen, und gebt alles heraus, was ihr habt!«
    schrie er barsch. »Sonst schlitze ich euch die Gurgel von einem Ohr zum anderen auf!«
    Er sprang mit einem Satz zu Glyneth, fuhr ihr mit der Hand ins Leibchen und zog ihr die Börse aus dem heimeligen Versteck zwischen ihren Brüsten. Dann wirbelte er zu Dhrun herum und schwang seinen Dolch. »Deine Wertsachen, flugs!«
    »Meine Wertsachen gehen Euch nichts an!«
    »Und ob sie das tun! Ich erkläre, daß mir die Welt gehört und alle ihre Früchte. Und wer immer ohne Erlaubnis meinen Besitz benutzt, zieht sich meinen grimmigen Zorn zu. Ist das nicht Gerechtigkeit?«
    Dhrun wußte in seiner Verwirrung keine Erwiderung. In der Zwischenzeit lupfte der Räuber mit einem geschickten Griff das Amulett von seinem Hals. »Pah! Was ist das? Nun, das schauen wir uns später genauer an. Und nun geht in Demut eures Weges, und seid in Zukunft achtsamer!«
    Die beiden setzten ihren Weg fort, Glyneth in grimmigem Schweigen, Dhrun vor ohnmächtiger Wut schluchzend. Höhnisches Gelächter scholl hinter ihnen her. »Haha! Hihi!« Dann verschwand der Räuber im Gestrüpp.
    Eine Stunde später kamen Glyneth und Dhrun im Dorf Lumarth an. Sie gingen sofort zu dem Gasthaus »Zur Blauen Gans«, wo Glyneth fragte, wo sie Numinante, den Diebfänger, finden könne.
    »Bei den Grillen des Fortunatus! Ihr findet Numinante höchstselbst im Schankraum, wo er Bier aus einem Krug so groß wie sein Kopf trinkt!«
    »Danke, Herr.« Glyneth betrat vorsichtig die Schankstube, hatte sie sich in anderen Gasthöfen doch schon mancherlei Ungebührlichkeiten bieten lassen müssen: betrunkene Küsse, aufdringliche Klapse auf das Hinterteil, lüsterne Blicke und Knüffe. Am Tresen saß ein Mann von mittlerer Größe, dessen Anschein von steifer Nüchternheit von dem gewaltigen Humpen, aus dem er sein Bier trank, Lügen gestraft wurde.
    Glyneth näherte sich ihm vertrauensvoll. Dies war kein Mann, der sich ungebührliche Freiheiten herausnahm.
    »Herr Numinante?«
    »Ja, Mädchen?«
    »Ich habe eine Verbrechenstat zu

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