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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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einem Strom innerer Gedanken gefangen, die fesselnder waren als Unterhaltung. Gelegentlich legte der eine oderandere eine plötzliche Aufwallung von Überspanntheit an den Tag, die jedoch ebenso plötzlich, wie sie aufgetaucht war, wieder gedämpft wurde. Obwohl Aillas niemals seine eigenen Sorgen aus dem Kopf gingen, konnte er sich einer langsam wachsenden Faszination für durch Bewohner von Burg Sank nicht entziehen. Als Sklave war er so unauffällig wie eine Tür. Unter dem Schutzmantel dieser Unauffälligkeit verfolgte Aillas gebannt den Lebenswandel der Burgbewohner.
    Herzog Luhalcx, seine Familie und deren engerer Umkreis trugen stets feierliche Trachten von großer Feinheit und Kultiviertheit, die, je nach Anlaß, mehrmals am Tag gewechselt wurden. Die Trachten und ihr Zubehör waren mit einer tiefen Symbolik befrachtet, deren Sinn nur ihnen selbst verständlich war. Bei vielen Gelegenheiten hörte Aillas Hinweise und Anspielungen, die ihm unverständlich blieben.Ob in der Öffentlichkeit oder unter vier Augen, stets legte die Familie dasselbe förmliche Verhalten an den Tag. Wenn es unter den Familienmitgiedern Zuneigung gab, dann äußerte sich diese in Signalen, die zu subtil waren, als daß Aillas sie hätte wahrnehmen können.
    Herzog Luhalcx – groß gewachsen, hager, mit harten Zügen und seegrünen Augen ausgestattet – bewegte sich mit einer entschiedenen, selbstverständlichen Würde, gleichermaßen ungezwungen wie exakt, die Aillas niemals erschüttert sah: als hätte Luhalcx für jede Gelegenheit eine passende Antwort parat. Er war der hundertsiebenundzwanzigste seiner Stammeslinie. In der »Kammer der alten Ehren« 24 bewahrte er Zeremonienmasken, die lange vor dem Kommen der Urgoten in Norwegen geschnitzt worden waren. Lady Chraio, groß und schlank, lebte in fast unnatürlicher Abgeschiedenheit. Selbst wenn die Damen hoher Besucher zugegen waren, sah Aillas sie oft allein an ihrem Webstuhl oder beim Schnitzen von Schalen aus Birnenholz. Sie trug ihr glattes schwarzes Haar in orthodoxem Stil, an den Seiten und im Nacken kurz geschnitten, vorn auf Höhe der Stirnmitte gestutzt.
    Lady Tatzel war ungefähr sechzehn Jahre alt, schlank und straff. Sie hatte kleine, hochsitzende Brüste, schmale Hüften wie ein Knabe und war erfüllt von einer seltsamen Lust und Energie, die den Eindruck entstehen ließ, als schwebe sie beim Gehen über dem Boden. Ihr Gang war auf bezaubernde Weise manieriert: Bisweilen legte sie den Kopf schief und ließ ein Lächeln um den Mund spielen, wie in geheimer Belustigung über etwas, das nur ihr allein bekannt war. Das Haar trug sie wie ihre Mutter und die meisten Ska-Frauen – kappenförmig über den Brauen und rings um den Kopf auf Ohrenhöhe gestutzt. Ihre Züge waren von einer reizenden Unregelmäßigkeit, ihre Persönlichkeit lebhaft und direkt. Ihr Bruder, Lord Alvicx, war etwa in Aillas' Alter und von der ganzen Familie der ruheloseste und unruhigste. Sein Gehabe hatte etwas Aufschneiderisches, und seine Sprache war emphatischer als die der anderen. Laut Cyprian hatte er ein Dutzend Schlachten mit Auszeichnung geschlagen und konnte aufgrund der Anzahl der Feinde, die er getötet hatte, bereits aus eigenem Recht Anspruch auf die Ritterwürde erheben.
    Die Pflichten, die Aillas oblagen, waren niederster Art. Er mußte Kamine reinigen, Böden schrubben,Bronzelampen polieren und sie mit Öl auffüllen. Diese Arbeiten verschafften ihm Zutritt zu den meisten Räumen der Burg, außer den Schlafgemächern. Er verrichtete seine Arbeit zu Cyprians Zufriedenheit und verhielt sich unauffällig genug, um nicht Imbodens Aufmerksamkeit zu erregen. Wann immer er nicht schlief, kreisten seine Gedanken um Flucht.
    Cyprian schien seine Gedanken zu lesen. »Die Hunde, die Hunde, die schrecklichen Hunde! Sie sind eine Rasse, die nur den Ska bekannt ist. Werden sie erst einmal auf eine Fährte gesetzt, lassen sie nicht mehr locker. Gewiß, es gibt Skalinge, denen die Flucht geglückt ist, manchmal mit Hilfe magischer Künste. Aber manchmal bedienen sich auch die Ska der Magie, und der flüchtige Skaling wird am Ende doch gestellt!«
    »Ich dachte, die Ska verstünden nichts von Magie.«
    »Wer weiß das?« fragte Cyprian, streckte die Arme aus und spreizte die Finger. »Die Magie liegt jenseits meines Begriffsvermögens. Vielleicht entsinnen sich die Ska einer Magie aus ferner Vergangenheit. Gewiß gibt es nicht viele Magier unter den Ska, zumindest nicht meines Wissens.«
    »Ich kann

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