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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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der sich zu verstellen versuchte, würde niemals in solch offenherzigem Ton reden. Er fragte mit sorgfältig neutraler Stimme: »Was wißt Ihr von der Burg Tintzin Fyral?«
    »Das ist ein Ort, den ich nie gesehen habe. Es heißt, sie sei uneinnehmbar, aber das ist Euch gewiß schon bekannt.«
    König Casmir nickte kurz. »Ich habe auch gehört, daß ihre Stärke zum Teil auf Magie gründet.«
    »Was das angeht, kann ich nichts sagen. Sie wurde von einem unbedeutenderen Magier erbaut, Ugo Golias, zu dem Zwecke, daß er das Evandertal unbehelligt von den Syndici von Ys regieren konnte.«
    »Wie errang dann Carfilhiot den Besitz?«
    »Was das betrifft, so kann ich nur Gerüchte zitieren.«
    Mit einer teilnahmslosen Geste bedeutete Casmir dem Magier, fortzufahren.
    »Carfilhiots eigene Abstammung ist ungewiß«, sagte Shimrod. »Es ist gut möglich, daß er von dem Hexer Tamurello mit der Hexe Desmëi gezeugt wurde. Indes ist weiter nichts bekannt, als daß zuerst Desmëi verschwand, dann Ugo Golias mit all seiner Bedienstetenschaft, als hätten Teufel sie geholt, und die Burg stand vollkommen leer, bis Carfilhiot mit einem Trupp Soldaten auftauchte und Besitz von ihr
    ergriff.«
    »Es scheint, als sei er ebenfalls ein Magier.«
    »Das glaube ich nicht. Ein Magier würde sich anders verhalten.«
    »Dann seid Ihr also mit ihm bekannt?«
    »Überhaupt nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Dennoch scheint Ihr mit seinem Hintergrund und seiner Persönlichkeit vertraut zu sein.«
    »Magier sind genauso empfänglich für Klatsch wie jeder andere, besonders wenn der Gegenstand des Klatsches so berüchtigt ist wie Carfilhiot.«
    König Casmir zog an einer Klingelschnur. Zwei Lakaien brachten Wein, Nüsse und Zuckerwerk. König Casmir setzte sich an den Tisch, dem Magier gegenüber. Er schenkte zwei Kelche Wein ein. Einen davon reichte er Shimrod.
    »Meine allergrößte Hochachtung Eurer Majestät«, sagte Shimrod.
    König Casmir starrte in das Feuer. Dann sprach er mit bedächtiger Stimme. »Shimrod, meine ehrgeizigen Pläne sind wohl kein Geheimnis. Ein Magier, so wie Ihr einer seid, könnte mir von unschätzbarer Hilfe sein. Entsprechend groß würdet Ihr meinen Dank finden.«
    Shimrod drehte den Kelch zwischen den Fingern und betrachtete das Kreiseln der dunklen Flüssigkeit. »König Audry von Dahaut hat sich mit dem gleichen Ansinnen an Tamurello gewandt. König Yvar Excelsus hat Noumique um Hilfe ersucht. Beide haben abgelehnt, mit dem Hinweis auf Murgens großes Edikt, das für mich nicht minder bindend ist.«
    »Pah!« stieß König Casmir hervor. »Ist Murgens Autorität so groß, daß sie die aller anderen über
    trifft?«
    »In dieser Hinsicht – ja.«
    König Casmir stieß ein Grunzen aus. »Dennoch habt Ihr ohne jeden erkennbaren Zwang gesprochen.«
    »Ich habe Euch lediglich Ratschläge erteilt, wie jeder vernünftige Mann es hätte tun können.«
    König Casmir erhob sich abrupt. Er warf einen Beutel auf den Tisch. »Das soll Eure Dienste vergelten.«
    Shimrod hob den Beutel an einem Zipfel und schüttelte ihn. Fünf Goldkronen fielen heraus. Sie verwandelten sich in fünf goldene Schmetterlinge, die emporflatterten und durch den Salon kreisten. Aus den fünfen wurden zehn, zwanzig, fünfzig, hundert. Plötzlich landeten sie alle gleichzeitig in einem Klumpen auf dem Tisch, wo sie zu hundert goldenen Kronen wurden.
    Shimrod nahm fünf der Münzen, steckte sie in den Beutel zurück und schob diesen in seinen Kittel. »Ich danke Eurer Majestät.«
    Er verneigte sich und schritt aus dem Salon.
     
    Odo, der Herzog von Folize, ritt mit wenigen Begleitern nach Norden durch den Troagh, ein Ödland aus Klippen und Schlünden, nach Süd-Ulfland, vorbei an Kaul Bocach, wo zwei Felsklippen sich so dicht aneinanderdrängten, daß drei Mann nicht nebeneinander reiten konnten.
    Ein fächerförmiger Wasserfall ergoß sich in die Talschlucht und wurde zum südlichen Arm des Evanderflusses. Pfad und Fluß wanden sich Seite an Seite nach Norden. Voraus ragte eine massive Felsspitze auf: der Zahn des Cronus, auch Tac Tor genannt. Durch eine Schlucht kam der nördliche Arm des Evanderflusses herabgeströmt. Die zwei Arme vermählten sich und flossen zwischen dem Tac Tor und der Felsspitze hindurch, welche die Burg Tintzin Fyral trug.
    Herzog Odo meldete sich an einem Tor an und wurde über einen zickzackförmig verlaufenden Pfad zu Faude Carfilhiot geführt.
    Zwei Tage darauf verließ er die Burg und kehrte auf demselben Weg,

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