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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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wirklich bewachen soll. Erstens: Wie lange wirst du fortbleiben? Ich spüre wenig Verlangen, die ganze Nacht hier zu stehen und zu frieren.«
    Melancthe ging zu Shimrod und legte ihm die Hände auf die Schultern. Der süße Duft von Veilchen umwehte ihn. »Shimrod! Liebst du mich?«
    »Ich bin fasziniert und gebannt.« Shimrod schlang die Arme um ihren Leib und zog sie an sich. »Heut ist es zu spät für Irerly. Komm, laß uns zum Gasthof zurückkehren. Heute nacht wirst du mit mir die Kammer teilen und vieles andere dazu.«
    Melancthe hielt ihr Gesicht ganz nah vor seines und sagte leise: »Wünschest du wirklich zu erfahren, wie sehr ich dich zu lieben vermöchte?«
    »Genau das ist mein Begehr. Komm! Irerly kann warten.«
    »Shimrod, tu es für mich. Geh nach Irerly, und bring mir dreizehn glitzernde Juwelen, jedes von einer anderen Farbe, und ich werde den Eingang hüten.«
    »Und dann?«
    »Du wirst sehen.«
    Shimrod versuchte, sie ins Gras zu ziehen. »Jetzt.«
    »Nein, Shimrod! Danach!«
    Die zwei starrten einander in die Augen. Shimrod dachte, ich wage es nicht, sie noch mehr zu bedrängen, habe ich sie doch schon zu einer Zusage gezwungen.
    Er preßte die Fingerspitzen gegen ein Amulett und murmelte leise die Silben eines Zauberspruches, der schwer auf seinem Gemüt gelastet hatte, und die Zeit teilte sich in sieben Stränge. Einer der sieben Stränge dehnte sich aus und schlug drei rechte Winkel, aufdiese Weise eine Zeitlücke schaffend. Über diesen Strang bewegte sich Shimrod, während Melancthe, die Waldlichtung und alles andere ringsherum in Bewegungslosigkeit erstarrte.
     

14
    Murgen wohnte in Swer Smod, einem steinernen Haus mit fünfzig riesigen, hallenden Räumen, hoch oben auf dem Teach tac Teach.
    So schnell ihn seine gefiederten Stiefel trugen, flog, setzte und sprang Shimrod über die Ost-West-Straße von Twittens Kreuzweg nach Oswy Untertal und von dort aus über einen Seitenpfad weiter nach Swer Smod. Murgens furchtbare Wächter ließen ihn unbehelligt passieren.
    Die Eingangstür öffnete sich, als Shimrod sich näherte. Er trat ein und fand Murgen an einem großen, mit weißem Linnen und silbernem Geschirr gedeckten Tisch sitzend, wo er ihn bereits erwartete.
    »Setz dich«, sagte Murgen. »Du wirst hungrig und durstig sein.«
    »Ich bin beides.«
    Diener trugen Schüsseln und Platten auf. Shimrod stillte seinen Hunger, während Murgen hiervon und davon ein paar Kleinigkeiten nippte und schweigend Shimrods Schilderung von seinen Träumen, Melancthe und der Tür nach Irerly lauschte.
    »Ich habe das Gefühl, daß sie unter Zwang zu mir kam; anders kann ich mir ihr Verhalten nicht erklären. Einmal legt sie eine fast kindliche Herzlichkeit an den Tag, und im nächsten Moment wird sie wieder völlig zynisch und berechnend. Angeblich will sie dreizehn Edelsteine aus Irerly, aber ich argwöhne, daß ihre Beweggründe anderer Natur sind. Sie ist sich meiner Vernarrtheit in sie so sicher, daß sie sich kaum die Mühe macht, sich zu verstellen.«
    Murgen sagte: »Die Sache riecht nach Tamurello. Wenn er dich besiegt, schwächt er mich damit. Und da er sich Melancthens als Werkzeug bedient, kann nicht nachgewiesen werden, daß er hinter der Sache steckt. Er tändelte einst mit der Hexe Desmëi, bis er ihrer überdrüssig wurde. Aus Rache erschuf sie zwei Wesen von vollkommener Schönheit: Melancthe und Faude Carfilhiot. Ihr Plan war, daß die zurückhaltende und unnahbare Melancthe Tamurello betören und zur Raserei treiben sollte. Doch zu Desmëis Leidwesen schlug der Plan fehl! Tamurello zog Faude Carfilhiot vor, der alles andere als reserviert ist. Gemeinsam durchstreifen sie die nahen und fernen Ufer des Unnatürlichen.«
    »Wie konnte Tamurello die Kontrolle über Melancthe erlangen?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie dies hätte vonstatten gehen können, falls er wirklich damit zu tun hat.«
    »Nun denn – was soll ich tun?«
    »Dein ist die Leidenschaft, du mußt sie befriedigen, so wie es dir beliebt.«
    »Schön, und was ist mit Irerly?«
    »Wenn du so dorthin gehst, wie du jetzt bist, wirst du niemals zurückkehren – so vermute ich.«
    Traurig sprach Shimrod: »Es fällt mir schwer, solche Treulosigkeit mit solcher Schönheit gepaart zu sehen. Sie treibt ein gefährliches Spiel, mit ihrem Leben als Einsatz.«
    »Du treibst ein nicht minder gefährliches Spiel. Dein Einsatz ist der Tod.«
    Erschreckt von diesem Gedanken, lehnte sich Shimrod in seinem Stuhl zurück. »Und das

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