Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
unbehauenem Stein, das Sparrenwerk war aus Zedernholz. Das Dach war mit Schindeln aus Glimmerschiefer gedeckt. Eine Tür aus altem grauen Holz hing schief im Rahmen; im Innern standen auf einer Seite ein Tisch und eine Bank, auf der anderen ein Kamin mit einem behelfsmäßigen Rauchfang.
    Aillas setzte Tatzel behutsam auf die Bank und brachte ihr Bein in eine möglichst bequeme Lage. Dann schaute er sie an. »Fühlt Ihr Schmerzen?«
    Tatzel antwortete lediglich mit einem knappen Nicken und einem erstaunten Blick ob der Torheit seiner Frage.
    »Macht es Euch bequem, so gut es geht; ich bin gleich wieder zurück.«
    Aillas holte frische Weidentriebe mit dicker Rinde vom Flußufer. Er bemerkte Flußkrebse in den seichten Stellen und eine prächtige Forelle, die im Schatten faulenzte. Er brachte Tatzel das Reisig und schälte die Rinde ab. »Kaut dies. Ich werde Euch Wasser bringen.«
    Seitlich der Hütte war der Bach vertieft und zu einem kleinen Teich aufgestaut worden, in dem Aillas einen hölzernen Eimer entdeckte. Er war eingetaucht, um zu verhindern, daß er austrocknete und rissig wurde. Erfreut zog Aillas den Eimer hoch und trug ihn in die Hütte. Dann sammelte er Gras, Schilf und Gesträuch und schichtete es zu einem Lager auf dem Fußboden auf. Am Ufer des Flusses fand er trockenes Treibholz, welches er ebenfalls in die Hütte brachte. Dann machte er Feuer.
    Tatzel, die am Tisch saß, schien ganz in ihre eigenen Gedanken versunken und verfolgte sein Treiben ohne Interesse.
    Die Abenddämmerung war über das Tal gekommen. Noch einmal verließ Aillas die Hütte. Diesmal blieb er fast eine halbe Stunde fort. Er kam zurück mit mehreren Stücken frischen roten Fleisches, das er in Riedgras eingewickelt hatte, und einem Zweig voll Holunderbeeren, den er neben Tatzel legte. Er kniete sich vor den Kamin, legte das Fleisch auf einen flachen Stein und schnitt es in dünne Streifen, die er auf Zweige spießte und über dem Feuer röstete.
    Als das Fleisch gar war, brachte er es zum Tisch. Tatzel hatte unterdessen von den Holunderbeeren gegessen; jetzt aß sie das Fleisch, langsam und ohne großen Appetit. Sie trank Wasser von dem Eimer, dann nahm sie ein Taschentuch aus ihrer Tasche, goß Wasser darüber und reinigte sich die Hände.
    Aillas wählte seine Worte sorgfältig: »Es dürfte schwierig für Euch sein, Eure Notdurft bequem zu verrichten. Wann immer Ihr wünscht, werde ich Euch helfen, so gut ich kann.«
    »Ich brauche Eure Hilfe nicht«, erwiderte Tatzel kurzangebunden.
    »Wie Ihr wollt. Wenn Ihr bereit seid zu schlafen, werde ich Euch Euer Bett richten.«
    Tatzel warf mürrisch den Kopf zurück, um anzudeuten, daß sie viel lieber woanders schlafen würde, nämlich in ihrem Bett auf Burg Sank. Dann schaute sie mit starrem Blick in die Flammen. Nach einer Weile wandte sie den Kopf zur Seite und schaute Aillas an, als sei sie jetzt zum ersten Mal bereit, seine Anwesenheit in der Hütte zur Kenntnis zu nehmen. »Ihr sagtet, es seien Soldaten, nicht Räuber, die meine Leute angegriffen haben?«
    »Das sagte ich, und so ist es.«
    »Was werden sie mit meiner Mutter machen?«
    »Sie haben Befehl, Leben zu schonen, wann immer möglich. Ich vermute, Eure Mutter wird gefangengenommen und als Sklavin nach Süd-Ulfland gebracht werden.«
    »Als Sklavin? Meine Mutter?« Tatzel rang einen Moment lang mit der Vorstellung, dann schob sie sie beiseite als etwas, das zu grotesk war, um auch nur in Erwägung gezogen zu werden. Sie blickte Aillas von der Seite an und dachte: Was für ein seltsamer Mensch! Einmal hart und erfahren wie ein alter Mann, und im nächsten Moment wirkt er wieder wie einer, der kaum dem Knabenalter entwachsen ist. Erstaunlich, was man da so alles unter seinen Sklaven hat! Die Situation ist höchst verwirrend! Warum verfolgte er mich so unerbittlich? Hofft er auf ein Lösegeld? Sie fragte: »Was seid Ihr? Seid Ihr ein Soldat oder ein Räuber?«
    Aillas überlegte einen Moment, bevor er erwiderte: »Wenn schon eines von beiden, dann bin ich gewiß eher ein Soldat denn ein Räuber. Aber ich bin weder das eine noch das andere.«
    »Was seid Ihr dann?«
    »Wie ich schon sagte, ich bin ein Edelmann aus Troicinet.«
    »Ich weiß nichts von Troicinet. Warum habt Ihr Euch so weit von Eurem sicheren Hort entfernt? Selbst in Süd-Ulfland wart Ihr in Sicherheit.«
    »Ich bin zum einen hierhergekommen, um die Ska für ihre Raubzüge und Plünderungen zu bestrafen, zum andern, um die Wahrheit zu sagen ...« Aillas

Weitere Kostenlose Bücher