Lyonesse 2 - Die grüne Perle
den offenen Mund des Mannes und nagelte den Kopf an einen Wandbalken. Ein leises Gurgeln war zu hören, und der Räuber verschied unter Zuckungen.
So leise, wie er hereingekommen war, ging Aillas wieder hinaus. Als er um die Ecke trat, fand er den älteren der beiden Strauchdiebe mit dem Rücken gegen die Hüttenwand gelehnt aus dem Weinschlauch trinkend, während der Knabe ihm in neidvoller Bewunderung zuschaute. Der Blick des Knaben fiel auf Aillas, und er stieß einen unterdrückten Schrei aus. Der Räuber drehte beim Trinken die großen, blaßgrauen Augen seitwärts und gewahrte nun ebenfalls Aillas. Er ließ den Weinschlauch fallen, sprang auf und griff nach seinem Schwert. Mit düsterem, ernstem Gesicht ließ Aillas den Pfeil los. Der Bandit taumelte mit einem röchelnden Aufschrei zurück; er umklammerte sekundenlang den Pfeilschaft, der aus seiner Brust ragte, dann erschlaffte sein Griff, und er sackte zu Boden.
Aillas wandte seine Aufmerksamkeit nun dem Knaben zu und entdeckte, daß er mit langen Sätzen in panischer Flucht den Weg hinunter stob, auf dem er gekommen war. Einen Augenblick später war er außer Sicht.
Aillas schaute in die Hütte. Tatzel zog sich mit nachdenklich gesenktem Blick an, der Leiche den Rücken zuwendend. Aillas ging zu dem Karren, der mit einer Persenning aus gutem, gewachstem Leinendrillich zugedeckt war. Darunter befanden sich Vorräte in großer Menge, um ein Dutzend Mann einen Monat oder noch länger zu ernähren.
Aillas wählte sich Waren von dem Karren aus: einen Sack Mehl, zwei Seiten geräucherten Specks, Salz, zwei Räder Käse, einen Schlauch Wein, einen Schinken, ein Bund Zwiebeln, einen steinernen Topf mit eingemachtem Gänsefleisch, ein Gestell mit gesalzenem Fisch, einen Beutel Rosinen und einen Beutel getrockneter Aprikosen. Er packte die Vorräte in die Persenning und lud das Bündel auf das kräftigere der beiden Zugpferde.
Tatzel kam aus der Hütte, setzte sich auf die Türschwelle und kämmte zimperlich ihr kurzgelocktes schwarzes Haupthaar. Aillas entsann sich der Krücke, die er für sie angefertigt hatte. Nach kurzem Zögern holte er sie, zusammen mit der Forelle, die er gefangen hatte. Die Krücke reichte er Tatzel. »Sie hilft dir vielleicht beim Gehen.«
Aillas ging in die Hütte, hob die beiden Mäntel vom Boden auf, schüttelte sie aus und warf einen letzten Blick auf die Leiche. Der nächste, der die Hütte betrat, würde einen gehörigen Schrecken bekommen.
Aillas kehrte an die wohltuende Außenluft zurück und sagte: »Komm! Über kurz oder lang wird es hier von Ska wimmeln, je nachdem, wie weit der Bursche mit seiner Nachricht rennen muß.«
Tatzel deutete auf den Pfad. »Da kommt schon jetzt jemand; am besten, Ihr flieht, solange Ihr Euch noch selbst retten könnt.«
Aillas wandte sich um und sah einen alten Mann, der mit vier Ziegen den Pfad herauf kam. Er trug Kleider aus Bast, Strohsandalen und einen flachen, breitkrempigen Strohhut. Jede seiner Ziegen trug ein kleines Bündel. Als er die Höhe der Hütte erreichte, warf er einen gleichgültigen Blick auf Aillas und auf Tatzel, und er wäre wortlos seines Weges gezogen, hätte nicht Aillas gerufen: »Haltet einen Moment inne, wenn Ihr so freundlich sein wollt.«
Der alte Mann blieb höflich, doch ohne Begeisterung stehen.
Aillas sagte: »Ich bin fremd in dieser Gegend; vielleicht könnt Ihr mir den Weg weisen.«
»Ich will tun, was ich kann, Herr.«
Aillas deutete hinunter ins Tal. »Wohin führt der Pfad?«
»Wenn Ihr ihm talwärts folgt, kommt Ihr nach zehn Meilen nach Glostra, einem Dorf und Ska-Außenposten, wo sie eine stattliche Kaserne unterhalten.«
»Und bergauf?«
»Es gibt mehrere Abzweigungen. Wenn Ihr auf dem Hauptpfad bleibt, gelangt Ihr zum Hochmoor, und dort findet Ihr die Windige Straße, die nach Poëlitetz führt.«
Aillas nickte; es war mehr oder weniger das, was er erwartet hatte. Er winkte den alten Mann zu sich. »Kommt mit mir, und bindet Eure Ziegen an den Karren, wenn Ihr wollt.«
Der alte Mann folgte Aillas mit unsicherem Blick zur Hütte. Aillas zeigte ihm die beiden Leichen. »Sie kamen mit dem Karren den Weg herauf. Sie griffen mich an, und ich tötete sie. Wer sind sie?«
»Der Bärtige in der Hütte: er ist ein Ska-Halbblut.
Der andere ist bekannt als Fedrik, die Schlange. Beide waren Banditen im Dienste Torquals, so heißt es.«
»Torqual ... den Namen habe ich schon mal gehört.«
»Er ist der Anführer der Banditen, und sein Schlupfwinkel
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