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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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sagte, kam ein kleines Mädchen in einem weißen Kittel unter einem Baum hervorgesprungen, wo es Girlanden aus Wildblumen geflochten hatte. Sein Haar war lang und golden; seine Augen waren blau; es war ebenso hübsch wie seine Blumen.
    Das Mädchen trat zu ihnen und sprach: »Herr und Dame, wohin reitet Ihr, und warum in solcher Hast?«
    »Zum Quyvern-See und noch weiter«, erwiderte Aillas. »Und die Hast rührt daher, daß wir so schnell wie möglich zu denen gelangen wollen, die wir lieben. Und was machst du hier, kleines Mädchen? Streifst du immer so allein in diesen wilden Regionen umher?«
    »Dies ist eine friedliche Gegend. Gewiß, in Mondnächten kommen die Geister heraus und marschieren zum Klang ihrer geisterhaften Musik, und es ist gar prächtig anzuschauen, denn sie tragen Rüstungen aus Gold, schwarzem Eisen und Silber, und Helme mit hohen Federbüschen. Es ist fürwahr ein wunderbarer Anblick!«
    »Das kann ich mir wohl denken«, sagte Aillas. »Aber wo lebst du? Ich sehe weder Haus noch Hütte.«
    »Dort hinten, bei den drei Eichenbäumen: da ist mein Heim. Wollt Ihr mich nicht besuchen? Ich wurde ausgeschickt, Nüsse zu sammeln, aber als ich die schönen Blumen sah, vergaß ich die Zeit. Hier: diesen Kranz schenke ich Euch, weil Euer Gesicht so hübsch ist und Eure Stimme so sanft.«
    Aillas riß erneut sein Pferd zurück. »Fort mit dir und deinen Blumen! Sie bringen mich zum Niesen! Und nun troll dich, bevor Tatzel dir die Nase langzieht! Du wirst keine Nüsse unter den Pappeln finden!«
    Das Mädchen wich zurück und schrie: »Ihr seid ein grober, grausamer Mann, und Ihr habt mich zum Weinen gebracht!«
    »Das macht nicht viel aus!« Aillas und Tatzel ritten weiter, das kleine Mädchen einsam und schluchzend zurücklassend. Doch als sie sich einen Moment später umdrehten, hatte es sich bereits in Luft aufgelöst.
    Die Sonne erklomm den Himmel, und ohne weitere Unterbrechung gelangten sie zum Rand der Terrasse. Aillas hielt inne, um die günstigste Route hinunter auf die nächste Terrasse auszuwählen; das Packpferd nutzte die Gelegenheit, den Kopf zu senken und sich ein Büschel Gras von der Wiese zu rupfen. Sogleich kam hinter einem nahen Baum ein alter Mann mit weißem Haar und einem langen weißen Bart hervorgestürmt. »Holla!« schrie er. »Wie könnt Ihr es wagen, mein gutes Weidegras zu stehlen, und noch dazu direkt vor meiner Nase? Ihr habt Euch des Diebstahls und des unbefugten Betretens meines Landes schuldig gemacht!«
    »Mitnichten!« erwiderte Aillas. »Eure Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage.«
    »Was! Wie könnt Ihr mir widersprechen? Wir alle sahen doch mit eigenen Augen, wie das Vergehen geschah!«
    »Ich könnte kein Vergehen bezeugen«, sagte Aillas. »Erstens habt Ihr Euren Besitz nicht durch einen Zaun abgegrenzt, wie es das Gesetz vorschreibt. Zweitens habt Ihr weder ein Schild noch einen Wegpfosten aufgestellt, aus denen hervorginge, daß Ihr uns das streitig macht, was ohnehin unser gutesRecht ist: nämlich das Überqueren unbestellter Wiesen und Weiden. Drittens: Wo ist das Vieh, für welches Ihr dieses Weideland reklamiert? Wenn Ihr keinen Schaden nachweisen könnt, habt Ihr auch keinen Verlust erlitten.«
    »Spitzfindigkeiten! Sophistereien! Ihr habt jene Wortgewandtheit, der arme Bauern wie ich hilflos gegenüberstehen, und stets zu unserem Schaden! Gleichwohl möchte ich nicht, daß Ihr mich für einen Geizhals haltet, und deshalb mache ich Euch hiermit das Futter, das Euer Pferd widerrechtlich von meinem Privatbesitz entfernt hat, zum Geschenk.«
    »Ich weise Euer Geschenk zurück!« erklärte Aillas. »Könnt Ihr eine Besitzurkunde, ausgestellt von König Gax, vorweisen? Wenn nicht, könnt Ihr keinen Besitztitel auf dieses Gras geltend machen.«
    »Ich brauche nichts zu beweisen! Hier, auf dem zweiten Sims, wird die Übergabe eines Geschenks durch die Annahme desselben vollzogen und bestätigt. Euer Pferd hat, gleichsam als Euer Bevollmächtigter fungierend, das Geschenk angenommen; mithin seid Ihr Mit-Schenkungsempfänger.«
    In just diesem Augenblick hob das Packpferd den Schwanz und leerte seinen Darm. Aillas zeigte auf den dampfenden Haufen. »Wie Ihr seht, hat das Pferd Euer Geschenk geprüft und es zurückgewiesen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    »Pfui über Euch! Das ist nicht dasselbe Gras!«
    »Es ähnelt ihm aber sehr, und wir können nicht warten, bis Ihr das Gegenteil beweist. Guten Tag, Herr!« Aillas und Tatzel führten ihre Pferde über

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