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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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den Rand der Terrasse und stiegen zum dritten Sims hinunter. Hinter ihnen erscholl wütendes Geheul, gefolgt von einer Schimpftirade, und dann rief eine wohlklingende Stimme: »Aillas! Tatzel! Kommt zurück! So kommt doch zurück!«
    »Gib keine Erwiderung«, warnte Aillas Tatzel. »Schau dich nicht einmal um!«
    »Warum nicht?«
    Aillas zog den Kopf ein und beugte sich nach vorn. »Du könntest etwas sehen, das du lieber nicht sehen würdest. Diesen Wink gibt mir mein Instinkt.«
    Tatzel rang einen Moment mit ihrer Neugier, doch schließlich folgte sie Aillas' Rat, und bald verstummten die lockenden Rufe.
    Der Abhang war steil und langwierig; zwei Stunden nach Mittag erreichten sie die dritte Terrasse: eine beschauliche Parklandschaft aus Bäumen, Wiesen, grasbewachsenen Uferböschungen, Teichen und kleinen, munter plätschernden Bächen.
    Aillas ließ den Blick über die idyllische Szenerie schweifen. »Dies ist die Terrasse, an der der Gott Spirifiume ein besonderes Interesse hat, und es sieht so aus, als hätte er dem Land viel Liebe angedeihen lassen.«
    Tatzel schaute sich ohne großes Interesse um.
    Als sie eine halbe Stunde später durch einen Eichenhain ritten, scheuchten sie einen jungen Keiler auf, der den Boden nach Eicheln durchwühlte. Sofort legte Aillas einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens und sagte: »Spirifiume, wenn jener Eber dort von besonderem Wert für dich ist, so mache, daß er zur Seite springt oder lenke, wenn dir das lieber ist, meinen Pfeil ab.« Er ließ den Pfeil von der Sehne schnellen, und er bohrte sich tief in das Herz des Keilers.
    Aillas saß ab, und während Tatzel mit leicht angewiderter Miene in eine andere Richtung schaute, tat er das, was getan werden mußte, und kam wenig später mit den besten Stücken zurück, die er der Einfachheit des Transports halber auf einen Zweig gespießt hatte.
    Cwyds dritter Information eingedenk, rief Aillas sodann aus: »Spirifiume, wir danken dir für deine Großzügigkeit!« ... Aillas blinzelte. Irgend etwas war geschehen. Was? Hatten da nicht für einen winzigen Moment hundert Farben gefunkelt? Waren da nicht unendlich leise hundert sanfte Akkorde erklungen? Er sah Tatzel an. »Ist dir irgend etwas aufgefallen?«
    »Eine Krähe flog vorüber.«
    »Keine Farben? Keine Klänge?«
    »Nein. Weder Farben noch Klänge.«
    Sie ritten weiter und kamen bald darauf in einen Wald. Im Schatten eines Baumes bemerkte Aillas einen Haufen von Morcheln. Er zügelte sein Pferd und saß ab. Er winkte Tatzel zu. »Komm. Du kannst dich nicht länger auf ein schwaches Bein hinausreden. Steig ab und hilf mir Pilze sammeln.«
    Wortlos gesellte Tatzel sich zu ihm, und eine Weile sammelten sie gemeinsam Pilze: Morcheln, goldfarbene Pfifferlinge, Steinpilze, schmackhafte junge Feldchampignons.
    Wieder pries Aillas Spirifiumes Freigebigkeit, und die beiden ritten weiter.
    Am späten Nachmittag – etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang – erreichten sie den Rand der Terrasse, an den sich erneut ein steiles Gefälle anschloß. Im Norden beherrschte jetzt der Quyvern-See die Landschaft. Ein Dutzend bewaldete Inselchen ragten aus der Oberfläche, und auf zwei dieser Inseln erhoben sich die Ruinen von zwei alten Burgen. Sie standen sich genau gegenüber, getrennt durch eine Meile Wassers. Die Luft zwischen ihnen schien zu flimmern und zu zittern im Angedenken an tausend Abenteuer: kummervolle und glückliche Ereignisse, romantische Schwärmereien und schreckliche Bluttaten, Treuebrüche bei Nacht und edle Heldentaten bei Tag.
    Aillas verspürte wenig Neigung in sich, noch einen beschwerlichen Abstieg an diesem Tag in Angriff zunehmen. Cwyd hatte die dritte Terrasse als Übernachtungsort empfohlen, und wie es schien, war sein Rat gut. Aillas machte vor dem Rand kehrt und ritt zu einer kleinen Wiese, durch die ein kleiner, aus einem nahegelegenen Wald kommender Bach plätscherte; hier beschloß er, das Nachtlager aufzuschlagen.
    Er saß ab und hob einen flachen Graben aus, in dem er ein Feuer aus trockenem Eichenholz entzündete. Dicht daneben errichtete er vermittels zweier in den Boden gesteckter, am oberen Ende gegabelterÄste eine Halterung für den Spieß, dergestalt, daß das Bratenfett in die Pfanne tropfen konnte, während Tatzel den Spieß je nach Bedarf drehte. Das Fett in der Pfanne würde später zum Schmoren der Pilze verwendet werden, die zu waschen und kleinzuschneiden er unterdessen Tatzel beauftragte. Mit mürrischer Miene machte sie sich an die

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