Lyonesse 2 - Die grüne Perle
sagen.«
»Und wenn wir den Schlüssel in Asphrodiske benutzen, wo werden wir dann auf der Erde herauskommen?«
Vishbume kicherte. »An Twittens Kreuzweg; wo sonst?«
»Haben wir genug Zeit, um Asphrodiske rechtzeitig zu erreichen?«
»Die Entfernung ist exakt die gleiche wie zwischen Watershade und Twittens Kreuzweg.«
Glyneth überlegte: »Das ist weit, aber nicht zu weit.« Sie streckte die Hand aus. »Gib mir den Almanach.«
»Und dich hielt ich für ein hübsches, kokettes kleines Herzchen!« knurrte Vishbume. »Dabei bist du hart wie Stahl!« Widerwillig gehorchte Vishbume.
»Dort drüben ist Vishbumes Teppich-Wole, oder wie immer er das Ding nennt«, sagte Glyneth. »Er steht da friedlich und bereit. Sollten wir nicht in aller Bequemlichkeit nach Asphrodiske reisen?«
Kul zog mit einem kurzen Ruck an der Leine. »Auf die Beine! Bring deine Bestie her!«
Vishbume gehorchte murrend. Die Anker wurden eingeholt; Glyneth und Kul nahmen auf dem gepolsterten Sitz unter dem Baldachin Platz, und Vishbume mußte zähneknirschend mit dem harten Boden des Hecks vorliebnehmen. Mit einem leichten Ruck setzte sich der Wole in Bewegung und trug sie in geschwinder Fahrt gen Asphrodiske, hinter den weiten Ebenen von Tanjecterly.
Kapitel 16
I
Die Holzfällerhütte stand einsam und verlassen im Walde. Alle Magie war verschwunden. Ein Sonnenstrahl fiel durch die Tür und warf ein schiefwinkeliges Licht-Rechteck auf den Boden. Der alte Tisch und die Bank blieben im Dunkeln. Das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach, war das leise Rascheln der Blätter im Winde.
Alles, was in der Hütte geschehen war oder was hätte geschehen können, war Teil der traurigen und leeren Vergangenheit – für immer vorbei und vergangen.
In Watershade verbrachten Aillas, Dhrun und Shimrod eine einsame, traurige Woche. Shimrod, der zum ersten Mal wirklich niedergeschlagen und bedrückt war, konnte immer nur melden, daß Murgen sein Interesse an der Sache nicht aufgegeben habe.
Die vertrauten Familiengemächer waren nun, da die fröhliche Gegenwart Glyneths nur mehr eine Erinnerung war, zu bedrückend, als daß die drei es ertragen hätten, sich in ihnen aufzuhalten. Und so begab sich Shimrod denn nach Trilda, und Aillas und Dhrun kehrten nach Domreis zurück.
Burg Miraldra war nicht minder trostlos und öde. Aillas versuchte, sich mit der routinemäßigen Erledigung der Staatsgeschäfte abzulenken, während Dhrun einen lustlosen Anlauf unternahm, seine Studien wiederaufzunehmen. Depeschen aus Süd-Ulfland hielten Aillas' Aufmerksamkeit gefangen. Die Ska hatten eine mächtige Armee im Küstenvorland zusammengezogen, mit dem eindeutigen Ziel, in Süd-Ulfland einzufallen, die ulfischen Heere zu vernichten und Suarach, Oäldes und vielleicht sogar Ys selbst zu besetzen.
Aillas und Dhrun schifften sich mit frischen Truppen aus Dascinet und Scola nach Süd-Ulfland ein. Sie landeten in Oäldes und ritten sofort nach Doun Darric.
Von seinen Offizieren erfuhr Aillas, daß es in der jüngsten Zeit zu keinen größeren Kämpfen gekommen war, was ihm sehr zupaß kam, lautete seine Strategie doch, dem Feind so hohe Verluste wie möglich bei einem Minimum an eigenen Verlusten zuzufügen: eine Art der Kriegsführung, auf die er die Ausbildung seiner Armee zugeschnitten hatte und die die Ska in Nachteil brachte. Tatsächlich hatten die Ska die Kontrolle über die gesamte Südhälfte von Nord-Ulfland verloren, mit Ausnahme von Burg Sank, die ihnen nach wie vor als Stützpunkt diente. Aillas verfaßte einen Brief an Sarquin, den Kurkönig der Ska:
Zu Händen des edlen Sarquin, Kurkönig:
Ich bin der rechtmäßige und gesalbte König von Ulfland. Ich stelle fest, daß Eure Heere immer noch den Fuß auf meinen Boden setzen und mein Volk versklaven.
Ich fordere Euch hiermit auf, Eure Armeen auf das Vorland zurückzuziehen, alle ulfischen Leibeigenen freizulassen, die Ihr noch in Knechtschaft haltet, und von jeglichen weiteren Verletzungen meines Territoriums Abstand zu nehmen. Wenn Ihr diesem Begehr unverzüglich Folge leistet, werde ich keine Genugtuung oder Reparationen fordern.
Entsprecht Ihr aber meiner Bitte nicht, dann werden Eure Leute getötet werden, und Ska-Blut wird in Strömen fließen. Meine Heere übertreffen die Euren jetzt an Zahl. Sie sind dazu ausgebildet, immer und immer wieder zuzuschlagen, selbst aber allen Gegenschlägen auszuweichen. Meine Schiffe kontrollieren das Enge Meer; wir können Eure Küstenstädte nach
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