Lyonesse 2 - Die grüne Perle
die Dächer zertrümmerten und sodann Feuerbälle hineinschleuderten, die das Gebälk in Brand setzten. Die Verteidiger kämpften mit dem Mut der Verzweiflung, und zweimal wehrten sie erfolgreich den Ansturm gepanzerter Reiter ab.
In der zweiten Nacht, während der letzten Phasen der Operation, glaubte Aillas im Schein der tosenden Feuersbrunst Tatzel auf den Zinnen zu erkennen. Sie trug den Helm eines Bogenschützen und hielt einen Bogen, mit dem sie Pfeil um Pfeil wider den anstürmenden Feind sandte. Worte drängten sich an Aillas' Lippen, aber er hielt sie zurück und schaute fasziniert zu. Sie blickte hinunter und gewahrte ihn; sie legte einen Pfeil auf die Sehne ihres Bogens und spannte die Sehne mit aller Kraft, die ihr zu Gebote stand, aber bevor sie den Pfeil von der Sehne schnellen lassen konnte, kam ein feindlicher Pfeil herangeschwirrt und bohrte sich tief in ihre Brust. Sie starrte bestürzt hinunter, und ihr eigener Pfeil prallte gegen die Schartenbacke, neben der sie stand, und trudelte wirkungslos zu Boden. Sie sank auf die Knie und fiel hintüber, so Aillas' Blick entschwindend.
Aillas war sich immer noch nicht sicher, ob die Frauengestalt, die er da im flackernden roten Licht des Feuers gesehen hatte, wirklich Tatzel gewesenwar, aber später wurde sie nicht unter den Überlebenden gefunden, und er hatte nicht die geringste Lust, unter den verkohlten Leichen nach der tapferen jungen Tatzel zu suchen.
Als die Ska-Armee in Schwarzdornheide von dem Angriff auf Burg Sank erfuhr, brach sie sofort ihr Lager ab und versuchte, in einem verzweifelten Gewaltmarsch Burg Sank noch rechtzeitig zu erreichen, um die Belagerung zu sprengen. In der Hast verzichtete sie auf die Einhaltung ihrer dichten Marschformation und raste in einer langgezogenen Kolonne gen Norden. Dies war der Fehler, auf den Aillas die ganze Zeit gelauert hatte und auf den er bestens vorbereitet war. An einem Ort namens Tolerby liefen die Ska in einen Hinterhalt ulfischer Truppen, und sechzig troicische Ritter stießen in schneidiger Attacke direkt ins Herz der Ska-Armee, um sofort wieder abzuschwenken und sich zurückzuziehen, während von der anderen Seite ein Trupp ulfischer Kavallerie mit ähnlicher Wucht in die zersprengte Formation der Ska fuhr.
Die Schlacht war alles andere als leichtes Spiel, und erst als die von Burg Sank zurückmarschierenden Truppen die Flanke der Ska aufrissen, war der Sieg endgültig errungen.
Es gab nur wenige Überlebende auf seiten der Ska, und viele Gefallene auf seiten der troicischen und ulfischen Kontingente. Als Aillas das Ausmaß des Gemetzels übersah, wandte er sich entsetzt und angewidert ab. Aber nun war er Herr über ganz Nord-Ulfland, bis auf ein paar kleine Gebiete in der Nähe des Vorlands, das Vorland selbst und die Zugänge zu der großen Festung Poëlitetz.
Zwei Wochen später ritt Aillas in Begleitung von fünfzig Rittern nach der Stadt Twock, in deren Nähe die übriggebliebene Ska-Armee lag. Er sandte einen Herold mit einer weißen Fahne aus, der eine Botschaft überbrachte:
Aillas, König von Troicinet, Dascinet, Scola und Ulfland, ersucht um Unterhandlung mit dem Obersten Befehlshaber der Ska-Armee.
Zwei Herolde stellten einen Tisch auf das Feld, breiteten eine weiße Decke darüber, stellten zwei Stühle auf und rammten links und rechts von dem Tisch zwei Stangen in den Boden; an der einen hing ein Banner mit dem schwarzen und silbernen Ska-Emblem, an der anderen eines mit vier Feldern, welche die Wappen von Troicinet, Dascinet, Ulfland und Scola zeigten.
Flankiert von zwei Rittern und zwei Herolden, schritt Aillas zu dem Tisch. Als er sich ihm auf zehn Schritte genähert hatte, blieb er stehen und wartete. Zehn Minuten verstrichen, dann kam von der Ska-Armee eine ähnliche Gruppe herüber.
Aillas trat vor den Tisch; das gleiche tat sein Gegenüber, ein großer, dünner Mann mit scharfen Gesichtszügen, schwarzen Augen und schwarzgrauem Haar.
Aillas verbeugte sich. »Ich bin Aillas, König von Troicinet, Dascinet, Scola und Ulfland.«
Der Ska sprach: »Ich bin Sarquin, Kurkönig von Skaghane und allen Ska.«
»Ich freue mich, einer Person von höchster Autorität gegenüberzustehen«, sagte Aillas. »Das macht meine Aufgabe leichter. Ich bin hier, um über den Frieden zu verhandeln. Wir haben unser Territorium zurückerobert; der Krieg ist für uns faktisch gewonnen. Unser Haß auf Euch bleibt davon unberührt, aber er ist es nicht wert, daß seinetwegen noch mehr Blut
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