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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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stolzen Anblick mit seinen schwellenden Segeln und den roten und gelben Wimpeln, die an den Toppen im Winde flatterten.
    Die Karracke lief in den Hafen ein, und die Mannschaft geite forsch die Segel auf. Arbeitsboote brachten die Leinen aus und verholten die
Star Regulus
an das Dock neben Miraldra und vermurten sie an Pollern.
    König Aillas wartete jetzt auf der Mole, zusammen mit zwanzig Granden des Königreichs und ihren Damen. Ein Landungssteg wurde auf das Deck der Karracke gehoben, wo bereits das Getriebe prachtvoll gewandeter Standespersonen zu erspähen war. Eine Riege livrierter Lakaien rollte einen rosafarbenen Plüschteppich vom Landungssteg zu den drei hohen Staatsstühlen, wo König Aillas mit Prinz Dhrun zu seiner Rechten und Prinzessin Glyneth zu seiner Linken wartete 5 .
    Auf dem Deck der
Star Regulus
trat jetzt ein stattlicher Herr nach vorn: König Casmir. Am Kopf des Landungssteges blieb er stehen, und an seine Seite trat eine Dame von edlen Maßen mit blondem, von einem mit weißen Perlen besetzten Netz gehaltenem Haupthaar: Königin Sollace. Weder nach rechts noch nach links blickend, schritt das königliche Paar den Landungssteg hinunter.
    Aillas erhob sich von seinem Stuhl und trat ihnen entgegen. Sein Blick wanderte zu Casmirs Hut: ein Turm aus schwarzem Samt, weder mit Krempe noch mit Spitze versehen. Eine silberne Medaille in der Gestalt eines Vogels schmückte die Vorderseite des Hutes; zwei Federn, grün und blau, sprangen an der Seite hervor.
    Hinter Königin Sollace kamen Prinz Cassander und die Prinzessin Madouc. Cassander, ein kräftiger Jüngling von fünfzehn Jahren, trug eine kecke grüne Mütze über dem messinggelben Lockenschopf. Er war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten und hatte bereits bestimmte königliche Dünkelhaftigkeiten angenommen. Die runden blauen Augen hatten etwas Drohendes, als er die Gesellschaft musterte, so als wolle er alle vor dem leisesten Anschein von Unehrbietigkeit warnen.
    Im Gegensatz zu ihm scherte sich die Prinzessin Madouc, ein langbeiniges Balg mit rostfarbenen Locken, nicht das geringste um Würde oder den Beifall der Gesellschaft; nach einem einzigen flüchtigen Blick entließ sie die versammelte Schar wieder aus ihrem Bewußtsein und kam hüpfend und springend den Landungssteg heruntergetollt wie ein junges Kätzchen. Ihr langes Kleid aus orange-rostfarbenem Samt wurde in der Mitte von einer schwarzen Schärpe gehalten: ihr Haar, das annähernd die Farbe ihres Kleides hatte, hing in losen Ringellöckchen. Madoucs Geist war ebenso rege wie ihr Auftreten; ihr stupsnasiges kleines Gesicht zeigte jede Stimmungsschwankung – und sei sie noch so geringfügig – sofort unmißverständlich an. Aillas, der ihr Vorleben sehr wohl kannte, betrachtete sie mit Belustigung. Offenbar waren die Gerüchte über Madoucs Frühreife und ihren sprudelnden Eigensinn nicht übertrieben.
    König Casmir warf, als er am Fuße des Landungsstegs Königin Sollace seinen Arm bot, Madouc einen kalten, mahnenden Blick zu; sodann wandte er sich König Aillas zur Begrüßung zu.
    Ein halbes Dutzend andere Notabeln von Lyonesse schritten jetzt unter sorgfältiger Beachtung der Rangordnung mit ihren Damen den Landungssteg herunter und wurden mit gebührendem Schwung von Miraldras Obersten Herold angekündigt.
    Die letzten, die das Schiff verließen, waren zwei von den persönlichen Dienern der Königin sowie der christliche Priester Vater Umphred, eine beleibte Gestalt in einer pflaumenfarbenen Soutane.
    Nachdem die förmliche Begrüßung beendet war, wurden Casmir und Sollace zu ihren Gemächern geführt, um sich dortselbst zu erfrischen und von den Unannehmlichkeiten ihrer Reise zu erholen.
    Später am Abend lud König Aillas zu einem zwanglosen Imbiß; das volle Staatsbankett würde erst am folgenden Tag serviert werden. Sowohl Aillas als auch Casmir hielten sich beim Essen und Trinken maßvoll zurück, und beide erhoben sich nüchtern vom Tisch. Sie begaben sich in einen privaten Salon und diskutierten, vor dem Feuer sitzend und an einem schweren goldenen Olorosa nippend, über die Themen, die sie interessierten. Keiner von beiden hielt es indessen für angebracht, das Thema auf das Schiff zu bringen, das auf Casmirs Geheiß in Caduz gebaut wurde.
    Casmir äußerte sich in spöttischer Form zu den Befestigungsanlagen bei Kaul Bocach, jenem Hohlweg, durch den die Straße zwischen Lyonesse und Süd-Ulfland verlief. »Auch ohne die Befestigungsanlagen«, führte er aus,

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