Lyonesse 2 - Die grüne Perle
verschlossen wie das Geheimnis der Beichte.«
Aillas warf ihm einen einzigen lodernden Blick zu, dann starrte er weiter in die Flammen.
Die Tür öffnete sich. Yane, immer noch in der Maske Sir Hassifas, des Mohren, kam leise in den Salon. Aillas straffte sich und drehte sich um. »Ah, Sir Hassifa! Darf ich fragen, seid Ihr ein Christ?«
»Keineswegs.«
»Gut; das macht es Euch einfacher. Schaut Euch diesen Burschen hier an: Was seht Ihr?«
»Einen Priester, fett, weiß und glatt wie ein Aal, und zweifellos versteht er salbungsvoll zu reden. Er traf heute aus Lyonesse ein.«
»Ganz recht. Ich möchte, daß Ihr ihn sorgfältig studiert, damit Ihr ihn niemals mit irgendeinem anderen verwechselt.«
»Herr, er könnte sich die Kapuze tief ins Gesicht ziehen, sich Beelzebub nennen und sich in der tiefsten Katakombe von Rom verstecken, und ich würde ihn dennoch wiedererkennen.«
»Ihr werdet es verblüffend finden! Er behauptet, ein alter Bekannter von mir zu sein.«
Sir Hassifa musterte Umphred mit erstauntem Gesichtsausdruck. »Welche Gründe könnte er dafür haben?«
»Er will, daß ich ihm eine feine Kirche in Domreis baue. So ich mich weigere, droht er mir damit, König Casmir meine Identität zu verraten.«
Sir Hassifa inspizierte Umphred aufs neue. »Ist er verwirrt? König Casmir kennt doch Eure Identität längst. Ihr seid Aillas von Troicinet.«
Der Ton des Gesprächs begann Umphred zu mißfallen. Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. »Ja, ja, natürlich. Ich habe lediglich einen kleinen Scherz gemacht, wie es sich manchmal so ergibt bei alten Freunden!«
Aillas wandte sich an Sir Hassifa: »Er beharrt auf seiner Behauptung! Allmählich verärgert mich das. Wäre er nicht als Gast hier, ließe ich ihn womöglich in den Kerker werfen. Vielleicht tue ich das auch!«
»Befleckt nicht seinetwegen Eure Gastfreundschaft!« mahnte Sir Hassifa. »Wartet, bis er nach Lyonesse zurückkehrt. Ich kann ihm zu jeder Stunde des Tages und der Nacht die Gurgel durchschneiden lassen, mit einem scharfen oder einem stumpfen Messer.«
»Vielleicht ist es das beste, wir zerren ihn sogleich vor König Casmir und hören uns an, was er zu sagen hat«, schlug Aillas vor. »Und wenn er dann irgendeine bösartige Verleumdung von sich ...«
»Wartet!« schrie Umphred verzweifelt. »Ich erkenne meinen Irrtum ja! Jawohl, ich habe mich ganz und gar getäuscht! Ich habe Euch noch nie in meinem Leben gesehen!«
Sir Hassifa sagte: »Ich fürchte nur, daß er vielleicht noch weiteren schmutzigen Unfug hinausplärrt, zum Schaden Eurer Würde.« Er brachte einen schimmernden Dolch hervor. »Laßt mich ihm wenigstens die Zunge herausschneiden. Wir werden die Wunde mit einem heißen Schüreisen ausbrennen.«
»Nein, nein!« schrie Umphred, der jetzt vor Angst schwitzte. »Ich werde zu niemandem auch nur ein Wort sagen! Meine Lippen sind fest versiegelt! Ich kenne tausend Geheimnisse; sie alle sind auf ewig eingemauert!«
Aillas sagte zu Yane: »Da er ein Gast ist, kann ich die Sache nicht weitertreiben. Aber sollte je auch nur das leiseste Gerücht ...«
»Ihr braucht mir nicht zu drohen«, erklärte Umphred. »ich habe einen traurigen Fehler gemacht, den ich niemals wiederholen werde.«
»Das ist eine gute Nachricht«, sagte Aillas. »Besonders für Euch. Vergeßt nicht, daß die Person, für die Ihr mich fälschlich hieltet, Grund hat, grimmige Rache an Euch zu nehmen.«
»Die Episode ist vergessen«, beteuerte Umphred. »Bitte entschuldigt mich jetzt; ich bin müde und ich habe noch meine Andacht zu verrichten.«
VII
Von Miraldras Hauptgalerie führte ein Portal in die große Halle. Auf jeder Seite dieses Portals stand eine Heldenstatue aus Marmor. Beide Statuen waren fünf Jahrhunderte zuvor aus dem Mittelmeerraum nach Miraldra gebracht worden und stellten Krieger des alten Hellas dar. Sie waren bis auf die Helme nackt und trugen Kurzschwerter und Schilde, die sie in Angriffsstellung hielten.
Nachdem König Casmir und Königin Sollace das Frühstück auf ihren Gemächern eingenommen hatten, schlenderten sie durch die große Galerie und blieben hier und da stehen, um die Kunstwerke zu betrachten, die über die Jahrhunderte hinweg von den Königen von Troicinet gesammelt worden waren.
Neben einer der Marmorstatuen stand, mit einer Zeremoniehellebarde bewehrt, ein Lakai in der Livree von Miraldra. Als König Casmir und Königin Sollace stehenblieben, um die Heldenfiguren zu begutachten, gab der Lakai
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