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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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schädlich oder verderblich oder gleich sonstwelcher Art fallen oder deiner Kontrolle entgleiten lassen, auf daß sie die Lady Desdea treffen. Kurz: nimm von diesem Treiben Abstand!«
    Madouc schürzte unzufrieden den Mund; es schien, als würde König Casmir sich weder durch Logik noch durch Überredung erweichen lassen. Madouc verschwendete keine weiteren Worte. »Sehr wohl, Eure Majestät.«
    König Casmir inspizierte noch einmal den Wirtschaftshof, dann setzte er seinen Weg fort. Madouc verweilte noch einen Moment, ehe auch sie den Kreuzgang verließ.
     

Kapitel Zwei
1
    Madoucs Vermutungen waren unzutreffend. Der Vorfall auf dem Wirtschaftshof hatte Lady Desdea stark betroffen, doch sah sie sich dadurch weder veranlaßt, von ihrer philosophischen Neigung abzulassen, noch ihre Methoden, Madouc zu unterweisen, zu verändern. Als Lady Desdea durch die düsteren Gänge von Burg Haidion hastete, empfand sie nur eine tiefe Verwirrung. Sie fragte sich: »Wo habe ich gefehlt? Was habe ich getan, um Seine Majestät so zu erzürnen? Und vor allem: warum tut er sein Mißfallen in solch außergewöhnlicher Manier kund? Liegt hier irgendein Symbolismus vor, der mir entgeht? Gewiß hat er doch Notiz genommen von der sorgfältigen und selbstlosen Arbeit, die ich bei der Prinzessin leiste! Es ist wahrlich höchst merkwürdig!«
    Lady Desdea kam in den Großen Palas, und ein neuer Verdacht beschlich sie. Sie blieb abrupt stehen. »Geht die Sache womöglich tiefer? Bin ich vielleicht das Opfer einer Intrige? Welche andere Erklärung wäre möglich? Oder – um das Undenkbare zu denken – findet Seine Majestät mich persönlich abstoßend? Wohl wahr, meine äußere Erscheinung ist eher von Würde und Vornehmheit geprägt denn von gezierter, lockender Koketterie, wie sie vielleicht von irgendeinem kleinen Flittchen zur Schau getragen würde, das nur aus Schminke, Parfüm und aufreizenden Gebärden besteht! Aber zweifellos muß doch jeder Herr, der über Scharfblick und Urteilskraft verfügt, meine innere Schönheit erkennen, die von Reife und vornehmer Gesinnung herrührt!«
    In der Tat war Lady Desdeas äußere Erscheinung, wie sie selbst ahnte, nicht gerade unwiderstehlich. Sie war grobknochig, langschenklig, flachbrüstig und insgesamt recht hager, mit einem langen Pferdegesicht, das von einem Wulst strohgelber Haarlocken eingerahmt wurde. Dessen ungeachtet war Lady Desdea kundig in allen Fragen der Schicklichkeit und verstand sich selbst auf die feinsten Nuancen der höfischen Etikette. (»Wenn eine Dame die Ehrerbietung eines Herrn entgegennimmt, dann steht sie weder da und starrt wie ein Reiher, der gerade einen Fisch verschluckt hat, noch verzieht sie das Gesicht zu einem albernen Grinsen. Vielmehr murmelt sie ein artiges Wort und zeigt ein Lächeln von vernehmlicher, aber keinesfalls unmäßiger Wärme. Ihre Haltung ist aufrecht; weder windet sie sich, noch hüpft sie; sie wackelt weder mit den Schultern noch mit den Hüften. Ihre Ellenbogen bleiben angelegt. So sie den Kopf neigt, dürfen ihre Hände hinter den Rücken gehen, sollte sie die Geste als graziös erachten. Zu keiner Zeit sollte sie gedankenverloren in eine andere Richtung blicken, Freundinnen zuzwinkern oder gar zurufen, auf den Fußboden spucken oder den Herrn mit ungebührlichen Bemerkungen in Verlegenheit bringen.«)
    Im Erfahrungsschatz der Lady Desdea gab es nichts, was dem Vorfall im Wirtschaftshof gleich-oder auch nur nahekam. So kam es, daß ihre Verwirrung ungeschwächt in ihr weiternagte, während sie durch die Gänge marschierte. Sie erreichte schließlich die Privatgemächer Königin Sollaces und wurde in den Salon der Königin eingelassen, wo sie Sollace auf einem großen Sofa zwischen grünen Samtkissen ruhend antraf. Hinter der Königin stand ihre Kammerzofe Ermelgart, die Sollaces gewaltige Massen feinen blonden Haars bürstete. Ermelgart hatte bereits die schweren Strähnen ausgekämmt, wobei sie einen Nährpuder aus gemahlenen Mandeln, Kalomel und Pfauenknochen verwendete. Sie bürstete das Haar, bis es wie blaßgelbe Seide schimmerte; dann rollte sie es zu zwei schweren Bündeln zusammen, denen sie sodann vermittels eines mit Saphircabochons besetzten Netzes Halt verlieh.
    Zum Unmut von Lady Desdea befanden sich noch drei andere Personen im Zimmer. Am Fenster arbeiteten die Damen Bortrude und Parthenope an einer Stickarbeit. Auf einem Schemel zu Sollaces Seite saß Vater Umphred; seine fülligen Hinterbacken quollen zu beiden Seiten über

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