Lyonesse 3 - Madouc
Berichte mir exakt, was du erfahren hast!«
»Wir hörten ein Gerücht, daß der Gral von dem Oger Throop von den Drei Häuptern gehütet werde und daß schon hundert tapfere Recken bei dem Versuch, ihn ihm zu entreißen, ums Leben gekommen seien.«
»Und wo ist er jetzt? Rede! Sag es mir sofort! Ich bin außer mir vor Erregung.«
»Jawohl, Eure Hoheit! Throop barg den Gral in einem Schrank in seiner Burg Doldil, tief im Wald von Tantrevalles.«
»Das ist eine Nachricht von ungeheurer Wichtigkeit! Wir müssen ein Heer von mutigen Rittern zusammenziehen und nach der Burg Doldil marschieren, um Throop das heilige Gefäß zu entreißen. Cassander, lauf sofort zu Seiner Hoheit, dem König, und sag ihm Bescheid! Alles andere ist jetzt unerheblich.«
»Hört mich zu Ende an, Eure Hoheit!« schrie Madouc. »Ich bin noch nicht fertig. Ausgestattet mit dem Rat meiner Mutter, begaben Sir Pom-Pom und ich uns zur Burg Doldil; und dort brachte Sir Pom-Pom Throop mit unerhörter Beherztheit zu Tode und errang den Heiligen Gral, den er, eingeschlagen in ein Tuch aus purpurner Seide, nach der Stadt Lyonesse trug und den er Euch jetzt vorlegen wird. Sir Pom-Pom, du kannst nun den Heiligen Gral überreichen.«
»Ich kann es nicht glauben!« schrie Königin Sollace. »Ich bin in einem Zustand der Verzückung oder der Ekstase neunten Grades!«
Sir Pom-Pom trat vor und entfernte feierlich die Hülle aus purpurner Seide von dem Kelch; auf den Knien liegend stellte er den heiligen Gegenstand auf den Tisch vor Königin Sollace. »Eure Majestät, hiermit biete ich Euch diesen Heiligen Gral dar. Ich hoffe, daß Ihr ihn mit Freude hüten und hegen werdet, und auch, daß Ihr mir die Belohnung meiner Wahl gewähren werdet, wie in der Proklamation des Königs angegeben.«
Königin Sollace, den Blick starr auf den Gral gerichtet, war für alles andere taub. »Glorie aller Glorien! Ich vermag es nicht zu fassen, daß diese Salbung mir zuteil wurde. Ich bin benommen vor Entzücken. Es ist unglaublich! Es ist ein Wunder.«
Madouc sagte spröde: »Eure Hoheit, ich muß Euch darauf aufmerksam machen, daß Ihr Sir Pom-Pom für die Überreichung dieses Grals zu danken habt.«
»Das muß ich fürwahr! Er hat der Kirche einen großartigen Dienst erwiesen, und im Namen der Kirche spreche ich ihm meinen vollen und königlichen Dank aus. Er wird reich belohnt werden. Cassander, überreich dem Burschen sofort ein Goldstück zum Zeichen meiner Gunst!«
Cassander nestelte ein Goldstück aus seinem Beutel und drückte es Sir Pom-Pom in die Hand. »Dank nicht mir; dank der Königin für ihre Großzügigkeit!«
Königin Sollace rief dem Lakaien zu, der unbeweglich an der Tür stand: »Bring sofort Vater Umphred hierher, auf daß er an unserer Freude teilhaben kann! Spute dich, renne so hurtig, wie deine Füße dich tragen! Sag Vater Umphred nur, daß glorreiche Zeitung ihn erwartet!«
Sir Mungo, der Majordomus, trat in den Salon.
»Eure Hoheit, ich habe Seine Majestät über die Rückkehr der Prinzessin Madouc in Kenntnis gesetzt. Er wünscht, daß ich sie und ihren Begleiter zum Gerichtssaal bringe.«
Königin Sollace machte eine zerstreute Geste. »Ihr habt meine Erlaubnis zu gehen. Madouc, auch du hast zum Guten gewirkt, und in meiner großen Glückseligkeit spreche ich dich von der Schuld an deinen Vergehen frei. Aber in Zukunft mußt du lernen, folgsam zu sein.«
Sir Pom-Pom frug schüchtern: »Eure Hoheit, was ist nun mit der Belohnung, die der König versprochen hat? Wann soll ich meine Wünsche kundtun, und wann wird die Belohnung ausgehändigt?«
Königin Sollace zog ungehalten die Stirn kraus. »Wir werden zu gegebener Zeit hierüber Erwägungen anstellen. Einstweilen hast du schon einmal das, was das Beste von allem ist: nämlich, das Bewußtsein, unserer Kirche und unserem Glauben gut gedient zu haben.«
Sir Pom-Pom stammelte etwas Unzusammenhängendes, dann verbeugte er sich und zog sich zurück. Sir Mungo sagte: »Prinzessin Madouc, Ihr könnt jetzt mit mir kommen, zusammen mit Eurem Begleiter.«
Sir Mungo führte die zwei durch einen Seitengang in den altehrwürdigen Alten Palas, dann durch ein Portal in einer feuchten Steinwand auf einen Treppenabsatz, von dem aus eine steinerne Treppe an monumentalen Steinsäulen vorbei hinabführte, um schließlich in den weihevollen Weiten des Gerichtssaals zu münden.
Auf einem niedrigen Podium saß König Casmir, angetan mit dem traditionellen Ornat der Rechtsprechung: einer schwarzen Robe
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