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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Gedankenschwärme war beharrlicher als die andern und nagte an ihrer Wahrnehmung, auf seiner Wichtigkeit beharrend. Diese Gedanken standen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Visite der Königsfamilie in Avallon. Madouc war nicht dazu eingeladen worden, an der Visite teilzunehmen, und sie hegte den Verdacht, daß weder König Casmir noch Königin Sollace sich dazu herbeilassen würden, sie einzuladen
    – wenngleich Prinz Cassander dabei zugegen sein würde, zusammen mit Prinzen von anderen Höfen der Älteren Inseln einschließlich Prinz Dhrun von Troicinet. Und sie würde nicht da sein! Der Gedanke versetzte ihr einen sonderbaren kleinen Stich, von einer Art, wie sie sie noch nie zuvor erlebt hatte.
    Für eine Weile saß Madouc da und schaute aus dem Fenster, das Bild Dhruns vor ihrem inneren Auge. Und ihr wurde bewußt, daß sie sich nach seiner Gesellschaft sehnte. Es war ein melancholisches und schmerzhaftes Gefühl, doch zugleich war es auch irgendwie angenehm, und so saß Madouc da und träumte.
    Ein anderer Gedanke kam ihr in den Sinn: eine Vorstellung, die zuerst unbestimmt und beiläufig war, um dann, ganz allmählich, in dem Maße, wie sie feste Konturen annahm, harsch und grimm zu werden. In Falu Ffail standen der Runde Tisch Cairbra an Meadhan und Evandig, der uralte Thron der palämonischen Könige. Der erstgeborene Sohn Suldruns – so ging der Reim von Persilian, dem Magischen Spiegel – würde an der Cairbra an Meadhan sitzen und vor seinem Tod vom Throne Evandig herab herrschen. Diese Prophezeiung war laut Twisk zu König Casmirs Obsession und zum Gegenstand seines gesamten Denkens und Grübelns geworden, so daß seine Tage ausgefüllt waren mit abwegigen Ränken und verschlungenen Intrigen und seine Nächte mit dem Ersinnen von Mordkomplotten.
    Auf Falu Ffail würden sich König Casmir, der Runde Tisch, der Thron Evandig und Prinz Dhrun in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Diese Situation konnte der Aufmerksamkeit König Casmirs nicht entgangen sein; im Gegenteil: Laut Cassander war er es, der König Audry das Kolloquium vorgeschlagen hatte.
    Madouc sprang auf. Sie mußte mit zu der Gesellschaft gehören, die nach Avallon reiste. Wenn nicht, dann würde sie sich erneut von Haidion empfehlen, und diesmal würde sie nicht mehr zurückkommen.
    Madouc fand die Königin in ihrem Privatsalon vor, in Gesellschaft von Vater Umphred. Madouc trat so unauffällig ein, daß Königin Sollace ihr Kommen gar nicht bemerkte. In der Mitte des Tisches ruhte auf einem goldenen Tablett der heilige blaue Kelch. Königin Sollace saß davor und betrachtete das ruhmvolle Gefäß mit einem Gesichtsausdruck andächtiger Verzückung. Neben ihr stand, die feisten Arme hinter dem Rücken verschränkt, Vater Umphred, ebenfalls in die Betrachtung des Grals versunken. Um sie herum, in respektvoller Distanz, saßen mehrere der Busenfreundinnen der Königin und tuschelten miteinander im Flüsterton, um die Königin nicht in ihrer Reverie zu stören.
    Vater Umphred bemerkte Madoucs Kommen. Er beugte sich hinunter und flüsterte der Königin ins Ohr. Sollace hob den Kopf und schaute sich halb verwirrt im Raum um. Sie sah Madouc und winkte sie zu sich. »Komm hierher, Prinzessin! Es gibt so vieles, das wir wissen möchten.«
    Madouc trat vor und vollführte einen würdevollen Knicks. »Ich stehe Eurer Hoheit selbstverständlich zu Gebote, und ich habe in der Tat viel zu erzählen. Es wird Euch ganz sicher sehr faszinieren.«
    »Sprich! Wir wollen alles hören.«
    »Eure Hoheit, gestattet mir einen Vorschlag! Die Schilderung wird Euch die Langeweile auf der Reise nach Avallon vertreiben. Wenn ich Euch freilich unsere Erlebnisse und Eindrücke stückweise schildere, wird Euch der Genuß versagt bleiben, unser Abenteuer in seiner ganzen Fülle in Euch aufzunehmen und nachzuerleben, insbesondere die tollkühne Manier, in welcher wir den Heiligen Gral errangen.«
    »Ha, hm«, sagte Königin Sollace. »Ich hatte nicht damit gerechnet, daß du uns auf unserer Reise begleiten würdest. Doch nun, da ich darüber nachdenke, scheint es mir ganz passend. Es wird eine Reihe von Notabeln an König Audrys Hof zugegen sein, und vielleicht wirst du einen günstigen Eindruck hervorrufen.«
    »In dem Fall, Eure Hoheit, muß ich unverzüglich meine Garderobe erweitern, da keines meiner alten Gewänder mehr angemessen ist.«
    »Wir werden diese Sache sofort in die Hand nehmen. Zwei Nächte und ein Tag liegen noch vor unserer Abreise; das

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