Lyonesse 3 - Madouc
säuerlichen Grimasse. »Erinnert mich nicht daran, guter Sir Mungo! Ich ahne nur Mißbehagen, üble Gerüche und Eintönigkeit voraus; warum konnte das Kolloquium nicht nach Haidion einberufen werden, und sei es bloß um meinetwillen?«
»Das, Eure Majestät, entzieht sich ganz meiner Kenntnis.«
»Ah! Was ist, das ist! Dies habe ich mit brutalem Nachdruck mit den Jahren gelernt. So ist es halt nun,und ich muß das Ärgernis mit guter Miene ertragen.«
Sir Mungo verbeugte sich. »Ich werde Eure Majestät im Oktagon erwarten.«
Sollace wurde angekleidet; das Haar wurde aufgedreht und frisiert; das Gesicht und die Hände wurden mit Mandelbalsam erfrischt, und schließlich war sie reisefertig.
Die Kutschen warteten unterhalb der Terrasse, auf dem Paradeplatz des Königs. König Sollace trat aus der Burg und überquerte die Terrasse, gelegentlich innehaltend, um letzte Instruktionen an Sir Mungo zu richten, der jede ihrer Anweisungen mit dem selben höflichen Gleichmut entgegennahm.
Königin Sollace stieg zum Paradeplatz hinunter und ließ sich in die königliche Equipage helfen. Sie sank in die Kissen, und dienstbeflissene Hände legten ihr einen Mantel aus dem Fell eines Jungfuchses über den Schoß.
Sodann bestieg Madouc die Kutsche, gefolgt von Lady Tryffyn und Lady Sipple. Als letzter Passagier stieg ein gewisses Fräulein Kylas hinzu, welches jüngst zu Madoucs Zofe bestimmt worden war.
Als alles zur Abfahrt gerüstet war, nickte Königin Sollace Sir Mungo zu, der daraufhin einen Schritt zurücktrat und den Herolden ein Zeichen gab. Diese bliesen drei Fanfaren, und der Zug setzte sich in Bewegung.
Die Prozession bog auf den Sfer Arct, und die Gesellschaft richtete sich für die Reise ein. Madouc saß neben Königin Sollace. Ihr gegenüber saß Fräulein Kylas, eine Jungfer von sechzehn Jahren, hehren Prinzipien und allerhöchster Rechtschaffenheit. Madouc freilich fand sie langweilig, witzlos und bar jeden Liebreizes. Sei es aus Eitelkeit, sei es aus übersteigerter Empfindsamkeit heraus argwöhnte Kylas, daß alle Männer, gleich ob jung oder alt, die an ihr vorübergingen, nichts anderes im Sinn hätten, als ihr schöne Augen oder womöglich gar unziemliche Avancen zu machen. Diese Überzeugung führte dazu, daß sie, sobald ein Mann in ihre Nähe kam, sofort pikiert den Kopf hochwarf und empört den Blick abwandte, ganz gleich, ob der Mann in ihre Richtung schaute oder nicht. Diese Angewohnheit verwunderte Madouc, da ihre knochigen Schultern und vorspringenden Hüften im Verein mit dem düsteren Gesicht, der langen Nase, den schwarzen Glupschaugen und den dicken Packen drahtiger schwarzer Locken, die ihr an den Schläfen herunterbaumelten wie Kiepen an den Flanken eines Maulesels, keinesfalls der landläufigen Vorstellung von bemerkenswerter Schönheit entsprachen. Eine weitere Angewohnheit des Fräulein Kylas bestand darin, Objekte ihres Interesses mit starrem und unerschütterlichem Blick zu fixieren. Madouc, die ihr direkt gegenüber saß, war außerstande, ihrem prüfenden Blick auszuweichen. Sie beschloß, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, und heftete den Blick fünf Minuten lang starr auf Kylas' Nasenspitze, wovon das Fräulein sich indes nicht beeindrucken ließ. Madouc wurde des Spiels schließlich überdrüssig und gab sich geschlagen.
Die Prozession erreichte die Zwillingsklippen Maegher und Yax; zur gleichen Zeit schlug das Wetter, das am Morgen noch das Schlimmste hatte vermuten lassen, zum Besseren um: Die Wolken und der Nebel lösten sich auf; die Sonne schien hell auf das Land. Dies veranlaßte Königin Sollace zu der selbstzufriedenen Bemerkung: »Heute morgen habe ich gebetet, daß das Wetter uns wohlgesonnen sein und unsere Reise sicher und angenehm machen möge, und just so ist es nun gekommen.«
Lady Tryffyn, Lady Sipple und Kylas äußerten angemessene Laute des Erstaunens und der Genugtuung. Königin Sollace deponierte einen Korb mit honiggetränkten Feigen auf ihrem Schoß, dergestalt, daß sie die Früchte bequem mit der Hand erreichen konnte, und sprach zu Madouc: »Und nun, meine Teure, kannst du uns alles über die wundersame Wiedererlangung des Heiligen Grals erzählen!«
Madouc musterte ihre Mitinsassinnen. Kylas starrte sie nach wie vor mit eulenhafter Eindringlichkeit an; die beiden Hofdamen versuchten vergeblich, ihre Sensationsgier hinter einer Maske des Wohlwollens zu verbergen. Hier war kostbarer Rohstoff für Klatsch und Tratsch zu erwarten!
Madouc wandte sich an
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