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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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für Schritt, und ungeachtet des unverständlichen Protestgemurmels von Pymfyd, überquerte Madouc die steinige Ödfläche zu der kreisförmigen Mauer und spähte hinunter in die schwarze Tiefe. Sie lauschte, hörte aber nichts. Sie holte tief Luft und schrie so laut sie konnte hinunter in das Loch: »Vater! Kannst du mich hören?« Sie horchte: es kam keine Antwort. »Vater, bist du da? Ich bin's, Madouc, deine Tochter!«
    Pymfyd, zutiefst schockiert ob Madoucs wunderlichem Treiben, trat hinter sie. »Was macht Ihr da? Das ist kein schickliches Betragen, weder für Euch noch für mich!«
    Madouc beachtete ihn nicht. Sie lehnte sich über die Mauer und schrie erneut: »Kannst du mich hören? Es ist sehr lange her! Bist du noch am Leben? Bitte, sprich zu mir! Hier ist deine Tochter Madouc!«
    Aus der Dunkelheit unter ihr kam nur tiefe Stille.
    Pymfyds Vorstellungskraft war nicht von weitschweifender Natur; nichtsdestoweniger bildete er sich ein, daß die Stille keine gewöhnliche war, sondern daß vielmehr irgendwelche Lauscher still den Atem anhielten. Er zupfte an Madoucs Arm und flüsterte heiser: »Prinzessin, dieser Ort riecht stark nach Geistern! Lauscht mit gespitztem Ohr, und Ihr könnt sie dort unten in der Dunkelheit wispern hören.«
    Madouc legte den Kopf schief und horchte. »Pah! Ich höre keine Geister.«
    »Ihr lauscht nicht richtig! Kommt jetzt, fort von hier, bevor sie uns unserer Sinne berauben!«
    »Red keinen Unsinn, Pymfyd! König Casmir hat meinen Vater in dieses Loch geworfen, und ich muß wissen, ob er noch lebt.«
    Pymfyd spähte hinunter in den Schacht. »Nichts lebt dort unten! Wie auch immer, es ist Sache des Königs, und es geht uns nichts an!«
    »Mitnichten! Wurde nicht mein Vater dort hineingesenkt?«
    »Egal; er ist so oder so tot.«
    Madouc nickte traurig. »Das fürchte ich auch. Aber ich vermute, daß er irgendein Andenken bezüglich seines Namens und seines Stammbaums zurückließ. Wenn schon sonst nichts, so möchte ich wenigstens das wissen.«
    Pymfyd schüttelte entschlossen den Kopf. »Das ist nicht möglich; laßt uns jetzt umkehren.«
    Madouc blieb unbeirrt. »Schau, Pymfyd! An dem Galgen dort hängt ein Strick. Mit diesem Strick werden wir dich auf den Grund des Lochs hinunterlassen. Das Licht dort wird schlecht sein, aber du mußt dich umschauen und sehen, was für Zeugnisse zurückgeblieben sind.«
    Pymfyd starrte sie mit weit aufgerissenem Mund an. Er stammelte: »Habe ich recht gehört? Ihr verlangt von mir, daß ich in dieses Loch hinuntersteige? Diese Idee ist aberwitzig.«
    »Komm, Pymfyd, spute dich! Gewiß wirst du Wert auf meine gute Meinung von dir legen! Lauf wacker zum Galgen und hol den Strick!«
    Ein Schritt knirschte auf dem steinigen Grund; die zwei fuhren herum und gewahrten eine massige Gestalt, die sich einem drohenden Schemen gleich gegen den wolkenverhangenen Himmel abhob. Pymfyd sog scharf Luft ein; Madoucs Unterkiefer fiel herunter.
    Die dunkle Gestalt trat vor; Madouc erkannte den Oberscharfrichter Zerling. Er blieb stehen und baute sich breitbeinig vor den zweien auf, die Arme hinter dem Rücken verschränkt.
    Madouc hatte Zerling bis dahin nur aus der Ferne gesehen, und der Anblick hatte ihr jedesmal einen kleinen Schauer des Grauens über den Rücken gejagt. Jetzt stand er direkt vor ihr und blickte auf sie herab, und Madouc starrte von Ehrfurcht ergriffen zurück; Zerlings Äußeres gewann durch die Nähe keineswegs an Anmut. Er war wuchtig und muskulös in einem Maße, daß er fast vierschrötig wirkte. Sein Gesicht war plump und von einer eigenartig bräunlichroten Färbung; es war eingerahmt von einem zottigen Wust schwarzen Haupthaares und einem ebenso schwarzen Zottelbart. Er trug Beinkleider aus speckigem Leder und ein schwarzes Drillichwams. Auf seinem Kopf saß eine runde Lederkappe, die er sich tief über die Ohren gezogen hatte. Er blickte zwischen Madouc und Pymfyd hin und her. »Warum kommt ihr hierher, wo wir unser grimmiges Werk tun? Dies ist kein Ort für eure Spiele.«
    Madouc erwiderte mit klarer, hoher Stimme: »Ich bin nicht zum Spielen hier.«
    »Ha!« sagte Zerling. »Warum auch immer Ihr hier seid, Prinzessin, ich schlage vor, daß Ihr diese Stätte sofort verlaßt.«
    »Noch nicht! Ich kam zu einem bestimmten Zweck hierher.«
    »Und der wäre?«
    »Ich will wissen, was mit meinem Vater geschah.«
    Zerlings Züge verdichteten sich zu einer Grimasse der Verblüffung. »Wer war er? Ich habe keine Erinnerung.«
    »Gewiß

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