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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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erinnert Ihr Euch. Er liebte meine Mutter, die Prinzessin Suldrun. Zur Strafe befahl der König, daß Ihr ihn in dieses Loch versenktet. Sollte er noch leben, so will ich es wissen, auf daß ich Seine Majestät bitten kann, ihn zu begnadigen.«
    Aus den Tiefen von Zerlings Brust kam ein düsteres Kichern. »Ruft in das Loch hinunter, wann immer Ihr wollt, bei Tag oder bei Nacht! Ihr werdet niemals ein Wispern vernehmen, oder gar ein Seufzen.«
    »Er ist also tot?«
    »Er ward vor langer Zeit dort hineingesteckt«, sagte Zerling. »Drunten in der Dunkelheit halten sich die Menschen nicht lange am Leben fest. Es ist kalt und feucht dort unten, und man kann dort nicht viel anderes tun als über seine Missetaten nachzudenken.«
    Madouc schaute kummervoll auf das Verlies. »Wie war er? Entsinnt Ihr Euch?«
    Zerling warf einen Blick über seine Schulter. »Es ist nicht mein Amt, mir Gedanken zu machen, noch, Fragen zu stellen, noch, mich zu erinnern. Ich haue Köpfe ab und drehe an der Winde; doch wenn ich des Abends heimgehe, bin ich ein anderer Mensch und kann nicht einmal einem Huhn für den Topf den Hals umdrehn.«
    »Alles schön und gut, aber was ist mit meinem Vater?«
    Zerling spähte erneut über seine Schulter. »Ich sollte dies vielleicht nicht sagen, aber Euer Vater beging eine abscheuliche Tat ...«
    Madouc rief in klagendem Ton: »Das kann ich nicht glauben, denn sonst wäre ich doch nicht hier.«
    Zerling blinzelte. »Diese Fragen übersteigen meine Befugnis; ich beschränke meine Energien darauf, Eingeweide zu strecken und den Galgen zu bedienen.
    Die königliche Rechtsprechung ist von Natur aus allzeit korrekt. Ich muß freilich sagen, daß ich mich in diesem Fall über ihre Strenge wunderte, wo ein bloßes Stutzen der Ohren und der Nase, vielleicht noch gewürzt mit zwei oder drei Hieben mit der Peitsche, nach meinem Erachten durchaus hinreichend gewesen wäre.«
    »Das scheint mir auch«, sagte Madouc. »Habt Ihr mit meinem Vater gesprochen?«
    »Ich kann mich an kein Gespräch erinnern.«
    »Und wie war sein Name?«
    »Niemand machte sich die Mühe, ihn danach zu fragen. Schlagt Euch das Thema aus dem Kopf: das ist mein Rat.«
    »Aber ich will meinen Stammbaum erfahren. Jeder hat einen, nur ich nicht.«
    »In jenem Loch dort werdet Ihr bestimmt keinen Stammbaum finden! So, und nun fort mit euch zweien, bevor ich den jungen Pymfyd an den Zehen aufhänge!«
    Pymfyd schrie: »Kommt, Eure Hoheit! Hier können wir nichts mehr tun!«
    »Aber wir haben doch gar nichts getan!«
    Aber Pymfyd war bereits außer Hörweite.
     

5
    Eines schönen Morgens kam Madouc mit forschem Schritt über die Hauptgalerie Haidions in die Eingangshalle. Als sie durch das offene Portal und über die Vorderterrasse blickte, gewahrte sie Prinz Cassander, der an der Balustrade lehnte, die Stadt betrachtete und Pflaumen von einem silbernen Teller aß. Madouc warf rasch einen Blick über die Schulter, dann rannte sie über die Terrasse und gesellte sich zu ihm.
    Cassander musterte sie mit einem Seitenblick, erst flüchtig, dann ein zweites Mal, diesmal mit staunend hochgezogenen Brauen. »Bei Astartes neun Nymphen!« stieß Cassander hervor. »Das ist fürwahr ein echtes Wunder!«
    »Was ist so wundersam?« frug Madouc. »Daß ich mich dazu herablasse, dir Gesellschaft zu leisten?«
    »Natürlich nicht! Ich beziehe mich auf dein Kostüm!«
    Madouc schaute gleichgültig an sich herunter. Sie trug heute ein schlichtes weißes Kleid, dessen Saum mit grünen und blauen Blumen bestickt war. Ein weißes Band hielt ihre kupferfarbenen Locken. »Es ist ganz leidlich, denke ich.«
    Cassander sprach in übertriebenem Ton: »Was ich hier vor mir sehe, ist keine wilde Range, die geradewegs von einer Balgerei kommt, sondern eine königliche Prinzessin voller Zier und Anmut! Man könnte beinahe sagen: du bist hübsch.«
    Madouc verzog den Mund zu einem schiefen Lachen. »Das ist nicht meine Schuld. Sie steckten mich in dieses Gewand, auf daß ich für den Kotillon ge
    ziemend gekleidet sei.«
    »Und das ist so schimpflich?«
    »Überhaupt nicht, da ich nicht daran teilnehmen werde.«
    »Aha! Du setzt dich großen Gefahren aus! LadyDesdea wird vor Ärger platzen!«
    »Sie muß lernen, vernünftiger zu sein. Wenn sie gerne tanzt, schön und gut; mir ist das einerlei. Soll sie hopsen, zappeln, die Beine in die Luft werfen und im Kreise herumhüpfen, soviel sie mag – solange sie mich damit in Ruhe läßt. Das ist vernünftiges Verhalten!«
    »Aber so

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