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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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geht es halt nun einmal nicht! Jeder muß lernen, sich korrekt und gebührend zu betragen; keiner ist davon befreit, nicht einmal ich.«
    »Warum bist du dann nicht beim Kotillon und schwitzt und hüpfst mit den andern?«
    »Das habe ich schon zur Genüge getan – keine Angst! Jetzt bist du an der Reihe.«
    »Ich habe kein Verlangen danach, und das muß Lady Desdea endlich begreifen.«
    Cassander kicherte in sich hinein. »Solche Auflehnung kann dir leicht eine erneute Tracht Prügel einbringen.«
    Madouc warf verächtlich den Kopf hoch. »Und wenn! Ich werde keinen Laut von mir geben, und sie werden ihres Spielchens rasch überdrüssig werden.«
    Cassander gab ein bellendes Lachen von sich. »Falsch, ganz falsch, in jeder Hinsicht! Erst letzte Woche habe ich eben dieses Thema mit dem Folterknecht Tanchet erörtert. Er behauptet, daß diejenigen, die sofort kreischen und plärren und schauerliches Wehklagen anstimmen, am besten fahren, da der Folterer rasch überzeugt ist, daß er seine Arbeit gut gemacht hat. Beherzige meinen Rat! Ein paar schrille Schreie und ein bißchen Zucken und Zappeln könnten deiner Haut eine Menge Striemen ersparen!«
    »Darüber lohnt es sich fürwahr nachzudenken«, sagte Madouc.
    »Oder – aus einer anderen Perspektive betrachtet – du könntest versuchen, sanft und brav zu sein und so die Schläge überhaupt zu vermeiden.«
    Madouc wiegte skeptisch den Kopf. »Meine Mutter, die Prinzessin Suldrun, war sanft und brav und vermochte es dennoch nicht, einer schrecklichen Strafe zu entgehen – die das arme Ding niemals verdiente. Das ist meine Meinung.«
    Cassander sprach in maßvollem Ton: »Suldrun mißachtete den Befehl des Königs und trug daher selbst die Schuld an ihrem Los.«
    »Gleichwohl, die eigene liebe Tochter mit einer solch grausamen Behandlung zu bestrafen, scheint mir doch allzu harsch.«
    Cassander fühlte sich nicht wohl bei dem Thema. »Es ist nicht an uns, die königliche Gerechtigkeit in Frage zu stellen.«
    Madouc maß Cassander mit einem kühlen, abschätzenden Blick. Er runzelte die Stirn. »Warum starrst du mich so an?«
    »Eines Tages wirst du König sein.«
    »Das mag gut sein – doch lieber später als früher, hoffe ich. Ich bin nicht erpicht darauf, schon allzu bald zu herrschen.«
    »Würdest du deine Tochter so behandeln?«
    Cassander schürzte die Lippen. »Ich würde tun, was ich für richtig und königlich erachtete.«
    »Und wenn ich noch unvermählt wäre, würdest du dann versuchen, mich mit irgendeinem fetten, übelriechenden Prinz zu verheiraten, um mich so für den Rest meines Lebens unglücklich zu machen?«
    Cassander knurrte unwirsch. »Warum stellst du mir solch sinnlose Fragen? Du wirst großjährig sein, lange bevor ich die Krone trage. Deine Vermählung wird von jemand anderem als mir bestimmt werden.«
    »Höchst unwahrscheinlich«, sagte Madouc leise.
    »Ich habe deine Bemerkung nicht verstanden.«
    »Das macht nichts. Besuchst du oft den alten Garten, in dem meine Mutter starb?«
    »Ich war seit Jahren nicht mehr dort.«
    »Führ mich jetzt dorthin.«
    »Jetzt? Da du beim Kotillon sein solltest?«
    »Kein Moment könnte passender sein.«
    Cassander blickte zum Palast, und als er niemanden sah, machte er eine schnippische Handbewegung. »Ich sollte mich eigentlich fernhalten von deinen wunderlichen Schnurren! Aber im Moment habe ich nichts Besseres zu tun. Also komm, solange Lady Desdea noch schläft. Ich habe kein Verlangen nach Klagen und Vorwürfen.«
    Madouc sagte mit wissender Miene: »Ich habe die beste Antwort auf solche Vorhaltungen gelernt. Ich mime sprachlose, törichte Verblüffung, so daß sie sich mit Erklärungen ermüden und alles andere vergessen.«
    »Ah, Madouc, du bist mir schon eine Listige! Komm nun, bevor wir gesehen werden.«
    Die zwei gingen die Arkade zu Zoltra Hellsterns Mauer hinunter: vorbei an der Orangerie, durch einen Tunnel unter der Mauer hindurch und dann hinaus auf den Paradeplatz, Urquial geheißen, der sich auf der Vorderseite des Peinhador erstreckte. Zur Rechten machte die Mauer einen scharfen Schwenk nach Süden; in ihrem Winkel wuchs ein Dickicht aus Lärchen und Wacholderbüschen, hinter dem sich eine kleine, verfallene Tür aus schwarzem Holz verbarg.
    Cassander, bereits bestürmt von Bedenken, stieß durch das Dickicht, das Dorngestrüpp und die herumfliegenden Pollen der Lärchen verfluchend. Er rüttelte an der Tür und grunzte unwirsch ob der Widerspenstigkeit des verwitterten Bretterwerks.

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