Lyonesse 3 - Madouc
dann brachte sie wie beiläufig Madoucs Namen ins Gespräch. »Habt Ihr schon das Neueste gehört? Madouc beträgt sich nicht so, wie ich es mir erhoffen würde.«
»Ah bah«, knurrte König Casmir. »Müßt Ihr mich immer mit diesem Kram behelligen? Ich bin dieser ewigen Klagerei überdrüssig.«
»Ihr könnt dieses Thema nicht so leichthin abtun. Mit vollem und frechem Vorsatz handelte sie den Anweisungen von Lady Desdea zuwider! Vater Umphred ist der Überzeugung, daß Madouc getauft und in der christlichen Doktrin unterwiesen werden sollte.«
»Eh? Was für ein Unfug ist das nun wieder?«
»Es ist ganz und gar kein Unfug«, widersprach Sollace. »Lady Desdea ist außer sich vor Angst; sie hegt den Verdacht, daß Madouc mondsüchtig oder möglicherweise von einem Hausgeist besessen ist.«
»Absurd! Das Mädchen ist voller Energie.« Aus verschiedenen Gründen hatte Casmir Sollace nie über Madoucs Herkunft aufgeklärt, noch darüber, daß sie Elfenblut in den Adern hatte. Er sagte mürrisch: »Sie ist vielleicht ein bißchen wunderlich, aber das wird sich zweifellos mit den Jahren legen.«
»Vater Umphred glaubt, daß Madouc dringend religiöser Unterweisung bedarf, und ich pflichte ihm da voll bei.«
Casmirs Stimme nahm Schärfe an. »Ihr laßt Euch viel zu sehr von diesem feisten Priester beeinflussen! Ich werde ihn fortschicken, wenn er seine Meinung nicht für sich behält!«
Sollace erwiderte pikiert: »Wir sind lediglich um Madoucs Seelenheil besorgt!«
»Sie ist ein kluges kleines Ding; sie kann sich sehr gut selbst um ihr Seelenheil kümmern.«
»Hmf«, sagte Sollace. »Der, der Madouc einmal freit, wird sich ganz schön umgucken.«
König Casmir lachte frostig in sich hinein. »In dem Punkt habt Ihr recht, und aus mehr als nur einem Grund! Nun, wie auch immer, in einer Woche werden wir nach Sarris aufbrechen, und dann wird alles anders werden.«
»Lady Desdea wird es dort schwerer haben denn je«, sagte Sollace mit einem Naserümpfen. »Madouc wird dort herumtollen wie ein Hase.«
»Dann muß Lady Desdea ihr eben hinterherjagen, wenn sie es wirklich ernst meint.«
»Ihr verniedlicht die Schwierigkeiten«, sagte Sollace. »Ich für mein Teil finde Sarris schon so lästig undlangweilig genug, auch ohne zusätzlichen Ärger.«
»Die Landluft wird Euch guttun«, sagte Casmir. »Wir alle werden uns in Sarris erholen.«
Kapitel Drei
1
Jeden Sommer zog König Casmir mit Haushalt und Hofstaat nach Sarris, einem großzügig gebauten, etwa vierzig Meilen nordöstlich der Stadt Lyonesse gelegenen alten Herrenhaus. Die Lage am Ufer des Flusses Glame inmitten einer Region sanft gewellten, leicht bewaldeten Graslandes war höchst angenehm. Sarris selbst erhob keinen Anspruch auf Eleganz oder Grandeur. So fand beispielsweise Königin Sollace die Bequemlichkeiten, die Sarris zu bieten hatte, denen von Haidion weit unterlegen und beschrieb Sarris als ›eine zu groß geratene Scheune‹. Auch bemäkelte sie die ländliche Zwanglosigkeit, die ungeachtet all ihrer Bemühungen das Leben auf Sarris prägte und die nach ihrem Dafürhalten die Würde des Hofes herabminderte und darüber hinaus das Hauspersonal zu Nachlässigkeit und Saumseligkeit verleitete.
Es gab wenig Gesellschaftsleben auf Sarris, abgesehen von gelegentlichen Banketten, zu denen König Casmir Angehörige des örtlichen Landadels einlud und die Königin Sollace größtenteils langweilig fand. Sie klagte König Casmir oft ihr Leid: »Ich kann nichts Erbauliches daran finden, wie eine Bäuerin zu leben: ständig gackern und schreien Tiere durch die Fenster meines Schlafgemachs, und jeden Morgen, noch vor dem Morgengrauen, reißt mich das Kikeriki der Hähne aus dem Schlummer!«
Ihr Klagen stieß bei König Casmir indes auf taube Ohren. Er fand Sarris hinreichend geeignet für das Führen der Staatsgeschäfte; zu seiner Kurzweil spielte er mit seinen Falken und bejagte sein Revier, wobei er bisweilen, wenn er auf eine heiße Fährte stieß und ihn das Jagdfieber übermannte, weit über die Grenzen seiner Ländereien hinaus schweifte, manchmal bis in die Randgebiete des Waldes von Tantrevalles, der nur wenige Meilen weiter nördlich begann.
Die übrigen Mitglieder der königlichen Familie fanden Sarris ebenfalls so recht nach ihrem Geschmack. Prinz Cassander erfreute sich der Gesellschaft fideler Kameraden; täglich vergnügten sie sich damit, über das Land zu reiten oder auf dem Fluß Boot zu fahren oder dem Turniersport zu frönen, der
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