Lyonesse 3 - Madouc
muß.«
Dhrun stieß einen Seufzer aus. Madouc wußte die Wahrheit – aber wieviel von der Wahrheit? Er sagte: »Wie auch immer, wir können darüber nicht hier diskutieren.«
»Meine Mutter sagte, er ...« Madouc deutete mit einer kurzen Kopfbewegung auf König Casmir »... würde dich töten, wenn er es wüßte. Ist das auch deine Auffassung?«
Dhrun blickte verstohlen zu Casmir. »Ich weiß es nicht. Wir können darüber jetzt nicht sprechen.«
Madouc nickte geistesabwesend. »Wie du wünschst. Erzähle mir etwas. Dort drüben steht ein großgewachsener Herr mit einem grünen Umhang. Wie du kommt auch er mir bekannt vor, so als hätte ich ihn irgendwann in meinem Leben schon einmal gesehen. Aber ich kann mich nicht erinnern, bei welcher Gelegenheit das gewesen sein mag.«
»Das ist der Magier Shimrod. Gewiß bist du ihm auf Burg Miraldra begegnet, zur gleichen Zeit, als du mir begegnet bist.«
»Er hat ein sehr lustiges Gesicht«, sagte Madouc. »Ich glaube, ich würde ihn mögen.«
»Dessen bin ich sicher! Er ist ein ausgezeichneter Kamerad.« Dhrun blickte zur Seite. »Ich muß weitergehen; andere warten darauf, dich zu begrüßen.«
»Einen Moment noch!« sagte Madouc. »Wirst du dich später mit mir unterhalten?«
»Wann immer du möchtest!«
Madouc warf einen raschen Blick auf Lady Desdea. »Was ich möchte, ist nicht das, was sie von mir wollen. Ich soll mich zur Schau stellen und einen guten Eindruck machen, besonders auf Prinz Bittern und Prinz Chalmes und die anderen, die versuchen, meinen Wert als Ehegemahlin zu ermessen.« Madouc sprach in bitterem Ton, und die Worte sprudelten aus ihr heraus. »Ich mag keinen von ihnen! Prinz Bittern schaut aus wie eine tote Makrele. Prinz Chalmes spreizt sich und bläst sich auf und kratzt seine Flöhe. Prinz Garcelins feiste Wampe hüpft auf und ab, wenn er geht. Prinz Dildreth von Man hat einen winzig kleinen Mund mit dicken roten Lippen und schlechten Zähnen. Prinz Morleduc von Ting hat Schwären am Hals und kleine Schlitzaugen; ich glaube, er ist bei schlechter Stimmung, aber vielleicht hat er ja auch Schwären am Hintern, die ihm beim Sitzen wehtun. Herzog Ccnac von Burg Knook ist so gelb wie ein Tartar. Herzog Femus von Galway hat eine laute Stimme und einen grauen Bart, und er sagt, er sei willens, mich sogleich zu freien.« Madouc sah Dhrun bekümmert an. »Du lachst mich aus!«
»Sind alle hier so widerlich?«
»Nicht alle.«
»Aber Prinz Dhrun ist der Schlimmste?«
Madouc preßte die Lippen zusammen, um ein Lächeln zu unterdrücken. »Er ist nicht so fett wie Garcelin; er ist munterer als Bittern; er trägt weder einen grauen Bart wie Herzog Femus, noch brüllt er so laut wie jener; und seine Laune scheint besser zu sein als die von Prinz Morleduc.«
»Das liegt daran, daß ich keine Schwären am Hintern habe.«
»Gleichwohl – alles in allem genommen ist Prinz Dhrun nicht der Schlimmste von allen.« Aus dem Augenwinkel sah Madouc, daß Königin Sollace den Kopf zu ihr herübergeneigt hatte und dem Gespräch mit beiden Ohren lauschte. Vater Umphred stand hinter ihr und strahlte, als freue er sich über einen vertraulichen Scherz.
Madouc warf den Kopf hochmütig hoch und wandte sich wieder Dhrun zu. »Ich hoffe, wir werden Gelegenheit haben, noch einmal miteinander zu sprechen.«
»Ich werde dafür sorgen, daß das möglich wird.«
Dhrun gesellte sich wieder zu Shimrod.
»Je nun: wie lief es?« fragte Shimrod.
»Die Förmlichkeiten sind abgeschlossen«, sagte Dhrun. »Ich beglückwünschte Prinz Cassander, warnte König Casmir, schmeichelte Königin Sollace und unterhielt mich mit Prinzessin Madouc, die mit weitem Abstand die lustigste von dem ganzen Haufen ist und die auch die anregendsten Dinge zu sagen hatte.«
»Ich beobachtete dich mit Bewunderung«, sagte Shimrod. »Du warst der vollendete Diplomat bis ins kleinste Detail. Ein erfahrener Mime hätte es nicht besser machen können!«
»Fühl dich nicht zurückgesetzt! Du hast noch immer Zeit genug, dich vorzustellen. Insbesondere Madouc will dich kennenlernen.«
»Wirklich? Oder ersinnst du bloß eine phantastische Mär?«
»Ganz und gar nicht! Sie findet dich sogar aus der Ferne amüsant.«
»Ist das ein Kompliment?«
»Ich nahm es für ein solches, obzwar ich sagen muß, daß Madoucs Humor einigermaßen verdreht und verblüffend ist. Sie erwähnte ganz nebenher, daß sie und ich uns schon einmal begegnet wären, im Wald von Tantrevalles. Nachdem sie das gesagt hatte, saß
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