Lyonesse 3 - Madouc
nämlich: daß König Aillas auf den Erhalt des Friedens hoffe und sein Versprechen bekräftige, im Falle eines Angriffs aus gleichwelcher Himmelsrichtung der bedrängten Partei seine volle Unterstützung zu gewähren. Damit diese Erklärung nicht als Provokation aufgefaßt werde, hatte Dhrun Anweisung, die gleiche Zusicherung auch König Casmir von Lyonesse zu machen.
Dhrun hatte die Einladung zu Prinz Cassanders Geburtstagsfeier schon lange zuvor erhalten und eine unverbindliche Zusage gegeben. Wie es sich fügte, ging seine Mission zügiger als erwartet voran, so daß er, wenn er sich sputete, noch rechtzeitig zur Feier in Sarris eintreffen würde.
Er ritt den Icnield-Pfad hinunter bis nach Tatwillow an der Alten Straße; dort trennte er sich von seinen Begleitern, die nach Slute Skeme weiterritten, um sich dort nach Domreis einzuschiffen. Begleitet allein von seinem Schildknappen Amery, ritt Dhrun sodann westwärts auf der Alten Straße bis zu dem Dorf Tawn Twillet. Er ließ Amery im Gasthof zurück und ritt auf dem Twamble-Weg nach Norden, in den Wald von Tantrevalles hinein. Nach zwei Meilen kam er auf die Lally-Wiese, wo hinter einem Blumengarten Trilda stand, das Haus des Magiers Shimrod.
Dhrun saß am Gartentor ab. Trilda war still; eine Rauchfahne aus dem Schornstein zeigte jedoch, daß Shimrod anwesend war. Dhrun zog an einer lose herabhängenden Kette, woraufhin tief im Innern des Hauses ein hallendes Läuten ertönte.
Eine Minute verstrich. Während Dhrun wartete, bewunderte er den Garten, der, wie er wußte, nächtens von zwei Goblingärtnern gehegt wurde.
Die Tür ging auf; Shimrod erschien. Er hieß Dhrun freudig willkommen und geleitete ihn ins Haus. Wie Dhrun erfuhr, war Shimrod gerade im Begriff, Trilda zu verlassen, zwecks Erledigung eigener Geschäfte. Er erklärte sich bereit, Dhrun erst nach Sarris zu begleiten und dann weiter zur Stadt Lyonesse. Dort würde dann jeder seiner eigenen Wege gehen: Dhrun per Schiff über den Lir nach Domreis, Shimrod nach Swer Smod, Murgens Burg an den steinigen Flanken des Teach tac Teach.
Drei Tage vergingen, und es wurde Zeit, von Trilda aufzubrechen. Shimrod stellte Wachkreaturen zum Schutze des Hauses und seines Inhalts vor Marodeuren auf, dann ritten die zwei davon.
In Tawn Twillet trafen sie eine andere Gesellschaft, die unterwegs nach Sarris war, bestehend aus Prinz Bittern von Pomperol und Prinz Chalmes von Montferrone sowie ihren jeweiligen Begleitern. Dhrun, sein Schildknappe Amery und Shimrod schlossen sich der Gruppe an, und alle reisten gemeinsam weiter.
Sofort nach ihrer Ankunft in Sarris wurden sie in die Große Halle geführt, damit sie an dem Empfang teilnehmen konnten. Sie stellten sich an die Seite des Saales und warteten auf eine Gelegenheit, sich dem königlichen Podium zu nähern. Dhrun nutzte die Gelegenheit, um die königliche Familie, die er seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte, eingehend zu betrachten. König Casmir hatte sich kaum verändert; er war so, wie Dhrun ihn in Erinnerung hatte: stämmig und rotgesichtig, mit runden blauen Augen so kalt und verschlossen, als seien sie aus Glas geformt. Königin Sollace saß da wie eine große, üppige Statue – eine Spur massiger, als Dhrun sie in Erinnerung hatte. Ihre Haut war wie ehedem weiß wie Schmalz; ihr Haar, aufgerollt und hoch aufgetürmt, war eine schwellende Woge aus fahlem Gold. Prinz Cassander hatte sich zu einem prahlerischen jungen Gecken gemausert: eitel, selbstgefällig, vielleicht eine Spur arrogant. Sein Äußeres hatte sich wenig verändert; seine Locken waren so messinggelb wie eh und je; seine Augen waren wie die von König Casmir rund, ein Jota zu eng aneinanderliegend und hatten, so schien es Dhrun, etwas Drohendes.
Und dort, am Ende des Podiums, saß Prinzessin Madouc: gelangweilt, geistesabwesend, halb schmollend und sichtlich danach schmachtend, woanders zu sein. Dhrun betrachtete sie einen Moment und fragte sich, wieviel sie über die Umstände ihrer Geburt wohl wissen mochte. Wahrscheinlich nichts, mutmaßte er; wer sollte sie auch unterrichtet haben?
Ganz gewiß nicht Casmir. Dort saß sie nun also, blind gegen das Elfenblut, das in ihren Adern floß und das sie so bemerkenswert von allen anderen auf dem Podium abhob. Und in der Tat war sie, befand Dhrun, ein faszinierendes kleines Wesen, und keineswegs ungestalt.
Der Andrang vor dem königlichen Podium ließ nach; die drei Prinzen begaben sich nach vorn, um sich ihren Gastgebern vorzustellen.
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