Lyonesse 3 - Madouc
Königin zuwiderlaufen.«
»Warum beharrt sie auf Torheit und Verschwendung? Ich werde diese Kleider auftragen, indem ich sie ständig aus- und wieder anziehe!«
»Die Königin hat gute Gründe für alle ihre Entscheidungen. Kommt jetzt!«
Madouc ließ sich mürrisch ihres blauen Gewandes entledigen und in ein Kostüm kleiden, welches, wie sie widerwillig eingestehen mußte, ihr ebenso gut gefiel: eine weiße Bluse, die an den Ellenbogen mit braunen Bändern verziert war; ein Mieder aus schwarzem Samt mit einer Doppelreihe kleiner Kupfermedaillons längs der Vorderseite; ein Faltenrock, dessen rostbrauner, ins Bronzefarbene spielender Ton der Farbe ihrer Locken ähnelte.
Lady Desdea geleitete sie in den Salon der Königin, wo sie warteten, bis Königin Sollace mit dem Umkleiden fertig war. Sodann begaben sie sich, in gebührendem Abstand von Chlodys und Devonet gefolgt, zu der Rasenfläche auf der Südseite von Sarris. Hier, im Schatten dreier mächtiger alter Eichenbäume und nur wenige Schritte vom Ufer des Glame-Flusses entfernt, war auf einem langen Tisch ein verschwenderischer Imbiß aufgebaut. Hier und da über den Rasen verteilt standen kleine Tische, auf denen Weißzeug, Obstkörbe, Weinkrüge sowie Teller, Kelche, Schüssel und anderes Geschirr bereitlagen. Drei Dutzend grün und lavendelfarben livrierte Mundschenke standen steif wie Wachmänner auf ihren Posten und warteten auf das Zeichen von Sir Mungo, mit dem Auftragen zu beginnen. Die Gäste standen derweil in Gruppen und Grüppchen herum und warteten auf das Erscheinen der königlichen Familie.
Auf dem grünen Rasen und vor dem wolkenlosen Blau des Himmels gaben ihre farbenfrohen Kostüme ein gar prächtiges Bild ab. Da gab es Blautöne in allen Schattierungen: hell, dunkel, lapislazuli und türkis; purpur, magenta und grün; braungelb, orange, lohfarben, ledergelb, isabellfarben und lehmbraun; senffarben, ocker, löwenzahngelb, rosa, scharlachfarben und granatapfelrot. Da gab es Hemden und plissierte Blusen aus feinster weißer Seide oder ägyptischem Batist; stattliche Hüte mit Zierat aller Art: Bändern, Federn, Schleifen, Spitzen, Zipfeln. Lady Desdea trug eine vergleichsweise gesetzte Robe, heidegrau und mit roten und schwarzen Blumen bestickt. Als die königliche Familie auf der Rasenfläche eintraf, nutzte sie die Gelegenheit, um mit Königin Sollace zu konferieren. Die Königin erteilte ihr Anweisungen, und Lady Desdea verneigte sich gehorsam, zum Zeichen ihres Einvernehmens. Doch als sie sich zu Madouc umwandte, um ihr die Instruktionen der Königin zu übermitteln, mußte sie feststellen, daß die Prinzessin nirgends zu sehen war.
Lady Desdea tat einen Ausruf der Verärgerung und rief Devonet zu sich. »Wo ist die Prinzessin Madouc? Eben noch stand sie an meiner Seite; sie ist davongehuscht, wie ein Wiesel durch die Hecke!«
Devonet antwortete in einem Ton launenhaften Spotts: »Sie ist ohne Zweifel zum Abort gelaufen.«
»Ah! Immer zur unpassendsten Zeit!«
Devonet fuhr fort: »Sie sagte, sie habe schon zwei Stunden lang den Drang gespürt, sich zu erleichtern.«
Lady Desdea runzelte die Stirn. Devonets Art war allzu keck, allzu ungezwungen, allzu verschmitzt. Sie sagte spitz: »Trotz allem ist Prinzessin Madouc ein geschätztes Mitglied der königlichen Familie. Wir müssen jede Unehrbietigkeit in unseren Anspielungen sorgfältig vermeiden!«
»Ich habe Euch nur die Tatsachen genannt«, sagte Devonet ungerührt.
»Nun denn. Ich hoffe gleichwohl, daß du dir meine Worte zu Herzen nehmen wirst.« Lady Desdea rauschte davon und postierte sich an einem Punkt, wo sie Madouc unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Palast abfangen konnte.
Minuten verstrichen. Lady Desdea wurde ungeduldig: wo war das störrische kleine Gör? Was mochte es nun wieder anstellen?
König Casmir und Königin Sollace ließen sich am königlichen Tisch nieder; der Oberhaushofmeister nickte dem Obersten Mundschenk zu, der daraufhin in die Hände klatschte. Die Gäste, die noch auf dem Rasen herumstanden, nahmen Platz, wo immer es ihnen recht war, in Gesellschaft von Verwandten oder Freunden oder von anderen Personen, die sie zuträglich fanden. Sobald sie sich niedergelassen hatten, eilten die Mundschenke, beladen mit Tabletts und Tranchierbrettern herbei, sie zu bedienen.
Entgegen Königin Sollaces Plan geleitete Prinz Bittern die junge Herzogin Clavessa Montfoy von Sansiverre – einem kleinen Königreich nördlich von Aquitanien – zu Tisch. Die
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