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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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ihre Konturen noch ihr Muster waren erkennbar.
    Die Frau wandte den Kopf; mit leeren Augen sah sie Shimrod an. Ihr Gesichtsausdruck blieb vage; Shimrod war nicht sicher, ob sie ihn überhaupt sah, aber sie konnte unmöglich blind sein! Das wäre ein Widerspruch in sich selbst gewesen!
    Shimrod lächelte höflich. »Eine interessante Arbeit, das«, sagte er. »Jedoch ist mir die Komposition nicht recht klar.«
    Die Frau gab keine Antwort, und Shimrod fragte sich, ob sie auch taub sein mochte. In düsterer Stimmung verließ er den Raum und ging weiter den Flur hinunter zur Großen Halle. Noch immer stand kein Lakai oder Diener bereit, um ihn anzukündigen; Shimrod schritt durch das Portal und betrat eine Halle, die so hoch war, daß die Decke sich im Schatten verlor. Eine Reihe schmaler Fenster auf einer Seite des Raumes ließ fahles Licht von Norden herein; ein im Kamin züngelndes Feuer sorgte für eine etwas freundlichere Beleuchtung. Die Wände waren mit Eichenholz getäfelt, aber bar jeden Zierats. Ein schwerer Tisch stand in der Mitte des Raumes. An der entlegenen Wand standen Vitrinen mit Büchern, Kuriositäten und allerlei Krimskrams verschiedenster Art; neben dem Kaminsims hing eine mit leuchtendem grünen Plasma gefüllte Glaskugel an einem silbernen Draht von der Decke; darinnen kauerte das zu einem Kringel zusammengepferchte Skelett eines Wiesels.
    Murgen stand bei dem Tisch und schaute hinunter ins Feuer: ein Mann von früher Reife, wohlgestaltet, aber ohne hervorstechende Merkmale. Dies war seine normale Erscheinungsform, in welcher er sich am wohlsten fühlte. Er nahm Shimrods Gegenwart mit einem kurzen Blick und einer beiläufigen Handbewegung zur Kenntnis.
    »Setz dich«, sagte Murgen. »Ich freue mich, daß du hier bist; ich war sogar schon im Begriff, dich zu rufen, wegen einer Motte, die mich plagte.«
    Shimrod setzte sich ans Feuer. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. »Ich bin hier, aber ich sehe keine Motte.«
    »Sie ist verschwunden«, sagte Murgen. »Wie war deine Reise?«
    »Ganz gut. Ich reiste über Burg Sarris und die Stadt Lyonesse, in Begleitung von Prinz Dhrun.«
    Murgen setzte sich auf einen Stuhl neben Shimrod. »Willst du essen oder trinken?«
    »Ein Kelch Wein würde gewiß meine Nerven beruhigen. Deine Teufel sind abscheulicher denn je. Du mußt ihre Händelsucht zügeln.«
    Murgen machte eine gleichgültige Geste. »Sie erfüllen ihren Zweck.«
    »Viel zu gut, meiner Meinung nach«, sagte Shimrod. »Sollte einer deiner Gäste einmal auf sich warten lassen, sei nicht gekränkt; wahrscheinlich haben deine Teufel ihn in Stücke zerrissen.«
    »Ich bewirte selten Gäste«, sagte Murgen. »Doch da du so darauf beharrst, werde ich Vus und Vuwas dazu anhalten, daß sie ihre Wachsamkeit mäßigen.«
    Eine silberhaarige, barbeinige Sylphe wehte in die Halle. Sie trug ein Tablett, auf dem eine blaue Glasflasche und zwei wunderlich geformte Pokale standen. Sie stellte das Tablett auf den Tisch, musterte Shimrod mit einem raschen Seitenblick und schenkte die Pokale mit dunklem Rotwein aus der Flasche voll. Einen davon offerierte sie Shimrod, den anderen Murgen, dann schwebte sie so lautlos, wie sie gekommen war, wieder davon.
    Einen Moment lang tranken die zwei schweigend aus den gläsernen Pokalen. Shimrod studierte die grün leuchtende Kugel, die von der Decke hing. Schwarz glitzernde Kügelchen in dem kleinen Schädel des Wiesels schienen seinen prüfenden Blick zu erwidern. Shimrod fragte: »Lebt es noch?«
    Murgen blickte über die Schulter. Die schwarzen Kügelchen schienen sich erneut zu bewegen, um Murgens Blick zu erwidern. »Der Abschaum von Tamurello existiert vielleicht noch: seine Tinktur sozusagen; aber vielleicht ist auch die Energie des grünen Gases dafür verantwortlich.«
    »Warum zerstörst du die Kugel nicht und schaffst dir so das Problem endgültig vom Hals?«
    Murgen gab einen Laut der Belustigung von sich. »Wenn ich alles wüßte, was es zu wissen gibt, würde ich das vielleicht tun – oder, andererseits, es vielleicht auch nicht tun. Folglich zaudere ich. Ich scheue mich davor, diese scheinbare Stasis zu stören.«
    »Es ist also keine wirkliche Stasis?«
    »Es gibt niemals eine Stasis.«
    Shimrod sagte dazu nichts. Murgen fuhr fort. »Ich werde von meinen Instinkten gewarnt. Sie erzählen mir von heimlicher, langsamer Bewegung. Jemand wünscht mich zu fangen, während ich dahindöse, selbstgefällig und aufgebläht im Gefühl meiner Macht. Die

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