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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Unzahl betrachtete, fiel eine der Motten plötzlich zu Boden und verwandelte sich in einen Menschenmann. Rylf vermochte nicht zu bestimmen, ob dies die Motte war, die er verfolgt hatte, oder ein gänzlich anderes Insekt. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit, so erwog Rylf, war die Motte, der sein Interesse galt, in der Menge verblieben; deshalb schenkte Rylf dem Manne keine sonderliche Beachtung, wenngleich genug, um eine ausführliche Beschreibung von ihm liefern zu können.«
    »Das schlägt sicherlich zum Guten aus.«
    »Ganz recht. Der Mann war von durchschnittlicher Statur, mit alltäglichen Kleidern angetan, unauffällig beschuht und behütet. Darüber hinaus wußte Rylf zu berichten, daß er sich zum größten der Gasthöfe am Platze begab, über welchem ein Schild hing, auf dem eine untergehende Sonne abgebildet ist.«
    »Das dürfte der Gasthof ›Zum Sonnenuntergang‹ sein, der am Hafen gelegen ist.«
    »Rylf behielt weiter den Mottenschwarm im Auge, in dem sich – so sein Kalkül – die Motte befand, der er von Swer Smod gefolgt war. Um Mitternacht erlosch die Fackel, und die Motten flogen in alle Himmelsrichtungen davon. Rylf entschied, daß er sein Bestes getan habe, und kehrte zurück nach Swer Smod.«
    »Hmf«, sagte Shimrod. »Und nun soll ich mein Glück im Gasthof ›Zum Sonnenuntergang‹ versuchen?«
    »Das ist mein Vorschlag.«
    Shimrod überlegte. »Es kann kein Zufall sein, daß auch Melancthe nahe bei Ys ansässig ist.«
    »Es ist an dir, das zu prüfen. Ich habe Erkundigungen eingeholt und erfahren, daß wir es mit dem Shybalt Zagzig zu tun haben, der selbst auf Xabiste keinen guten Leumund genießt.«
    »Und wenn ich ihn finde?«
    »Deine Aufgabe ist delikat, ja gefährlich, da wir ihn mit peinlicher Genauigkeit vernehmen wollen. Er wird deine Anweisungen ignorieren und versuchen, dich mittels irgendeiner verschlagenen List unschädlich zu machen; du mußt ihm diesen Reif aus Suheil über den Kopf werfen, sonst wird er dich mit einem Windstoß aus seinem Munde töten.«
    Shimrod inspizierte mit skeptischem Blick den Reif aus feinem Draht, den Murgen auf den Tisch gelegt hatte. »Dieser Ring wird Zagzig bändigen und ihn gefügig machen?«
    »So ist es. Sodann kannst du ihn nach Swer Smod bringen, wo wir ihn nach Belieben verhören können.«
    »Und wenn er sich als ungebärdig erweist?«
    Murgen ging zum Kaminsims und kam mit einem Kurzschwert zurück, das in einer Scheide aus abgewetztem schwarzem Leder stak. »Dies ist das Schwert Tace. Benutze es, wenn nötig, zu deinem Schutz, wenngleich ich es vorzöge, wenn du Zagzig willfährig nach Swer Smod brächtest. Komm nun in den Ankleideraum; wir müssen eine Maske für dich finden. Es wäre nicht schicklich, wenn du als Shimrod, der Magier, erkannt würdest. Wenn wir denn schon unser eigenes Edikt verletzen müssen, dann laß es uns wenigstens heimlich tun.«
    Shimrod erhob sich. »Vergiß nicht, Vus und Vuwas einzuschärfen, daß sie mir bei meiner Rückkunft einen höflicheren Empfang als zuletzt bereiten.«
    Murgen wischte die Beschwerde beiseite. »Eines nach dem andern. Im Moment muß unsere einzige Sorge Zagzig sein.«
    »Wie du meinst.«
     

3
    An der Stelle, wo der Evanderfluß in den Atlantischen Ozean mündete, lag eine Stadt von hohem Alter, die von den Dichtern von Wales, Irland, Dahaut, Armorica und anderswo als ›Ys, die Schöne‹ oder ›Ys, Stadt der Hundert Paläste‹ oder auch ›Ys, Stadt des Ozeans‹ besungen wurde: eine Stadt so romantisch, großartig und reich, daß alle sie nachträglich für sich beanspruchten.
    Dennoch und trotz alldem war Ys keine Stadt, die ihren sagenhaften Ruf großem Gepränge oder prachtvollen Tempeln oder öffentlichen Veranstaltungen irgendwelcher Art verdankte. Was die Phantasie der Poeten allenthalben befeuerte, war vielmehr das Faktum, daß Ys mehr denn jede andere Stadt von Geheimnissen durchdrungen war, von alten und neuen. Das einzige Zugeständnis, das das Volk von Ys an stolze Zurschaustellung machte, waren die Standbilder mythischer Helden, die rings um die vier Konsankte auf der Rückseite des zentralen Hauptplatzes aufgestellt waren. Die Einwohner nannten sich – in einer Sprache, die sonst nirgends gesprochen wurde – ›Yssei‹: Leute von Ys. Der Überlieferung nach waren sie in vier Gruppen auf die Älteren Inseln gekommen; diese Gruppen hatten über die Jahrhunderte hinweg ihre jeweilige Identität bewahrt und sich de facto zu vier geheimen Gesellschaften

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