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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Freude daran zu haben, sie ein bisschen zu belehren, und so ließ er sie gewahren.
    »Die Griechen«, begann sie, »kannten einst ein geheimnisvolles Land, das sie Arkadien nannten.«
    »Ein Land«, merkte Henri an, »wo angeblich Milch und Honig flössen.«
    »Genau. Eine Art Paradies.« Sie lachte. »Nun ja, die französischen Bauern, die sich Mitte des siebzehnten Jahrhunderts in Kanada niederließen, glaubten, dass sie dort oben ihre La Cadie gefunden hatten. Ihr Paradies in Nova Scotia. Im Laufe der Zeit wurde aus La Cadie schnell L 'Acadie, aus den Bewohnern, die sich Cadiens genannt hatten, wurden Acadiens und Cajuns. «
    »Gehören Sie zu den Cajuns?«, fragte Sunny. Sie kannte die Begriffe, hatte sich aber nie näher damit beschäftigt.
    Margery lachte schallend. »Oh, nein, wir sind Kreolen.«
    Danny kostete von der leckeren Soiree. »Das müssen Sie erklären.« Für ihn waren Kreolen und Cajuns immer das Gleiche gewesen.
    »Im September des Jahres 1755«, begann sie zu erzählen, »fiel eine kleine Kompanie britischer Rotröcke in der kanadischen Provinz ein.«
    Sie brannten alles nieder, und die Cajuns wurden allesamt deportiert.
    »Ein trauriges Kapitel in der Geschichte.«
    Viele von ihnen verschleppte man auf die Westindischen Inseln, andere nach South Carolina und Georgia. »Nach langer Odyssee siedelte sich eine Gruppe schließlich in der Gegend zwischen New Orleans, Baton Rouge, Laläyette und Lake Charles an, mitten im unzugänglichen Schwemmland von Louisiana.«
    Ihr Bruder schaltete sich ein. »In den Sümpfen des Mississippi-Deltas gab es kaum Straßen, es kamen so gut wie keine Reisenden in diese Gegend, es gab mehr Alligatoren als Menschen, kurz: niemand erhob einen Anspruch auf dieses Gebiet. Sie hatten hier ihre Ruhe vor der Welt.«
    »Ja, sie züchteten Rinder und betrieben Landwirtschaft, ernährten sich vom Fischfang, von Muscheln und Krebsen. Erst zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, als Straßen angelegt wurden und Eisenbahnlinien erbaut, endete diese Isolation ein wenig.«
    Henri fügte hinzu: »Die Schulpflicht wurde auch für Cajuns durchgesetzt, allerdings wurde ihnen verboten, Französisch zu sprechen, weil alles Französische als unamerikanisch galt und demnach zu unterdrücken war.« Er seufzte. »Das hat schon damals für Ärger gesorgt.« Er schaute Danny an. »Ich habe erlebt, wie die Lehrer meine Mitschüler verprügelt haben, nur weil sie sich in den Pausen auf Französisch unterhielten.«
    »Wann war das?«
    »Oh, ist keine dreißig Jahre her.«
    »Wie Sie sehen«, rundete Margery die Erzählung ab, »haben die Menschen in dieser Gegend schon immer gute Gründe gehabt, Fremden zu misstrauen. Wir sind freundlich, aber wir sind auch vorsichtig.«
    »Aber Sie sind keine Cajuns?«
    Henri Lafitte schüttelte den Kopf. »Ich bin Kreole. Ein echter Kreole.«
    Sunny sah ihn erneut fragend an.
    »Ein Kreole«, erklärte er geduldig, »stammt von französischen oder spanischen Siedlern ab. Wichtig ist dabei, dass er wirklich hier, mitten in der Kolonie, geboren wurde.« Er kaute auf einem Stück Brot herum. »Mein Vater war ein waschechter Franzose; er lernte meine Mutter in New Orleans kennen.« Er schaute in den Abend hinaus, dorthin, wo die Sonne rot am Horizont versank. »Als die Ölkonzerne hierherkamen, gab es neue Arbeit. So gingen sie in diese Gegend. Margery und ich sind hier in Morgan City geboren worden.«
    Er erzählte von der Rolle der Stadt, die früher einmal Brashear geheißen hatte, damals im Bürgerkrieg. Charles Morgan, ein Dampfschiff- und Eisenbahnpionier, ließ im neunzehnten Jahrhundert den Atchafalaya-Kanal ausheben und machte die Stadt zum Zentrum für den Handel mit Zypressenholz, Pelzen und allem, was das Meer so hergab. Werften entstanden, Spanisches Moos wurde in Unmengen von den Bäumen gepflückt, Ölförderplattformen wurden im zwanzigsten Jahrhundert erbaut und auf die offene See hinausgeschleppt. Die Fangflotten für Shrimps gingen hier vor Anker, und die Stadt florierte zu jenen Zeiten.
    »Es ist ein guter Ort«, stellte Henri fest, »und, wie all die Schilder so treffend sagen, so ziemlich in der Mitte von allem.«
    »Warum wollen Sie in die Sümpfe?«, fragte Margery in einem Tonfall, der darauf schließen ließ, dass sie allen Touristen, die bei ihr wohnten, diese unverfängliche Frage stellte.
    Sunny sagte es ihr. Sie deutete eine Krankheit an, nichts Schlimmes, aber etwas, was sie gern loswerden würde.
    Danny wunderte sich, wie schnell ihr

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