Lyra: Roman
Erneuerung nicht warten, bis man zu alt geworden ist.«
»Was ist hier los?« Ihm schwindelte. Ja, sie hatte Recht gehabt, er ahnte etwas.
»Cal wird wiedergeboren werden. Nur deswegen bist du hier. Du und deine Frau.«
»Sunny«, murmelte er.
Calypso nickte. »Morgen ist die Nacht der Wandlung.«
»L 'Orient.«
»Oh, du weißt davon?«
»Laveau hat sie erwähnt.«
Calypso berührte den Stein, der um Dannys Hals hing. »Ein Amethyst«, surrte sie. »Den hat Laveau dir verkauft.« Den anderen Stein, den Sunny ihm geschenkt hatte, fasste sie nicht an.
»Er hat ihn mir gegeben.«
»Geschenkt?« Sie klang verwundert.
Danny nickte.
Dann stammelte er: »Sie wollen mir sagen, dass Madame Cal...?!« Nein, das konnte nicht sein.
Das war unvorstellbar!
»Sie wird wieder jung sein. Ihre Seele wird in dem Baby, das deine Frau zur Welt bringen wird, neu geboren.« Es klang bedauernd, wie sie das sagte. »Ihr werdet ihr einen Namen geben, und sie wird aufwachsen und ihr Leben von neuem beginnen.«
»Und Jenny?«
Calypso zuckte die Achseln. »Es wird nie eine Jenny geben. Deine Frau wird Cal zur Welt bringen.«
»Und wir würden sie aufziehen?«
»Wer hätte dir gesagt, dass es so ist, wenn nicht ich?«
Das konnte nicht sein. Er rieb sich die Augen, fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar.
»Ihr beide werdet nach Minneapolis zurückkehren, ein ganz normales Leben führen. Die glückliche Familie Darcy. Wenn Cal groß genug ist, nach der Highschool, nach dem College, vielleicht früher, wird sie hierher zurückkehren. So ist es immer schon gewesen. Sie wird heimkommen, zum Maison Rouge. Sie wird hier leben, und das Spiel wird sich wiederholen.« Bösartig zischte sie: »Und den Namen Jenny wird sie spätestens dann nie wieder benutzen. Hörst du? Nie, nie wieder!«
Das Bild!
Jetzt erinnerte Danny sich. Wie hatte ihm das nur entfallen können. Er hatte es in einer dieser uralten Zeitungen gesehen, in denen er herumgeblättert hatte, während sie bei Laveau auf Madame Cacaelia gewartet hatten. Das Bild einer Frau, die in den Sümpfen verschwunden und nie mehr aufgetaucht war.
Deswegen war ihm Madame Cal so bekannt vorgekommen. Sie war die Frau auf dem Bild.
»Ich habe ein Bild von ihr gesehen«, gestand er der Sirene. »Von Ihrer Schwester. Cal.« Er verbesserte sich. »Also, von dem Körper, den sie sich genommen hat.«
»Ausgeschlossen, Die Frau, die du gesehen hast«, sagte Calypso, »war sicher Cals Mutter.«
»Man hat sie nie wiedergefunden.«
Calypso seufzte. »Das ist das Problem, wenn man es mit Menschen tut, die in der Nähe leben. Die Leute hier sind sehr abergläubisch. Und sie hat es geahnt. Sie hat uns gedroht, zu einem Priester zu gehen. Sie hat gedroht, das Kind mit einer Nadel zu töten,« Calypso zuckte die Achseln. »Wir haben sie den Alligatoren vorgeworfen, nachdem die Kleine das Licht erblickt hatte. Einen anderen Weg gab es nicht.«
»Sie haben...«
Unsanft unterbrach sie ihn. »Ich sagte nicht, dass es richtig gewesen ist. Wir haben es getan, und ich habe davon geträumt.« Sie schrie ihn jetzt an. »Hast du eine Ahnung, wie oft ich davon geträumt habe?« Sie hielt inne, beruhigte sich. »Nein, es war nicht richtig.« Calypso schluckte, sah Danny in die Augen. »Deswegen«, sagte sie, »deswegen bist du hier.«
Er begann zu verstehen. Zu viele Mythen rankten sich um das Maison Rouge.
Die Leute in den Sümpfen wussten alle von solchen Geschichten zu erzählen, ob nun erlogen oder wahr. Sie fürchteten sich vor dem Haus, und die meisten kamen nicht in seine Nähe. Sie glaubten an Voodoo, an die Austreibung von Geistern, an Blut und Wiedergeburt. Sie hatten offene Ohren für die Gerüchte, die hier die Runde machten.
»Wir beschlossen, beim nächsten Mal eine Fremde zu benutzen.«
»Jenny.«
Sie schüttelte den Kopf. »Dieser Körper hier«, sie legte die Hände flach auf ihre Brüste, »wurde von einer Sherazade geboren. Sic hatte uns ihr ungeborenes Kind verkauft.«
»Sie verkaufte es?«
»Im Gegenzug erhielt sie etwas unschätzbar Wertvolles.«
Danny stockte.
Konnte das wirklich sein?
»Aber die Lyra. Was hat es mit der Lyra auf sich?«
Sie lachte. »Nur ein Ablenkungsmanöver, nicht mehr. Sie mussten euch hinhalten, das ist alles.«
»Ich sollte gar keine Lyra linden?«
»Nein. Deine Frau sollte im Haus bleiben. Im Maison Rouge. Sie muss dort sein, damit der Übergang stattfinden kann. Denn nur im Maison Rouge ist es möglich. Es ist ein Ort, der lebt. Es ist den
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