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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ganzen Weg aus Arkadien in die Sümpfe von Louisiana gewandert. Durch den Glauben der Menschen an die alten Mythen und Geschichten ist es gereist.«
    Danny schwindelte.
    Das Maison Rouge.
    Verdammt!
    Er hatte Sunny allein dort zurückgelassen.
    »Was kann ich tun?«
    »Du musst die Lyra finden,« Calypso lächelte.
    »Aber...«
    »Du hast sie schon gefunden, erinnerst du dich nicht? Sie hätte dich beinah gefressen.«
    Er verstand noch immer nicht ganz.
    »Dieses Vogeltier?« Das war die Lyra?
    »Genau.«
    »Aber die Damen...«
    »Sie glauben, dass die Lyra ein Instrument ist, und sie gehen nicht davon aus, dass du sie findest.«
    »Und der Vogel?«
    »Ist der Schlüssel.«
    »Das verstehe ich nicht.« »Hör zu.«
    Seine Hände zitterten. Irgendwo da draußen war Sunny, allein mit diesen verrückten Sirenen. »Wenn eine Sherazade alt wird, dann können wir ihr Leben verlängern.« Danny sagte nichts.
    »Wir können ihr neue Jugend schenken.«
    »Okay.«
    »Sie muss uns nur darum bitten.« Er nickte.
    »Um die Erneuerung zu ermöglichen, müssen wir ein Kind finden, in dessen Adern Sirenenblut fließt. Die Kinder einer Sherazade erfüllen diese Voraussetzung voll und ganz.«
    »Sie meinen«, fragte Danny, »wenn eine Sherazade nicht altern will, dann bietet sie euch ihr Kind an?« Das war doch absurd. »Wenn ich nicht altern will, dann muss ich euch nur Jenny geben?«
    »Ja, du hast es erfasst.«
    »Das ist der Preis für die ewige Jugend?«
    Calypso schüttelte den Kopf. »Nichts ist ewig, Danny Darcy. Es ist nur eine Jugend, die wie eine schöne Blume verblühen wird. Sie wird vergehen, wie alles, irgendwann. Aber eine Zeit lang fühlt man sich wieder jung und frisch.«
    »Aber ich habe Madame Cal kein Kind angeboten.«
    »Du warst das auch nicht.« Ihr Atem roch nach Tabak und Tee. Nach den Dingen, die man tun könnte, wenn man der Melodie der leisen Stimme lauschte und schwach würde.
    Danny überlegte.
    Ihm wurde heiß.
    »Kommt es oft vor, dass eine Sherazade ihr eigenes Kind hergibt?« »Manchmal.«
    Ihm schwindelte. Er dachtc an die Geschichte, die ihm Tyler Blake über seine Mutter erzählt hatte. An die seltsamen Dinge, die sich in den Sümpfen zugetragen hatten.
    Alles ergab am Ende einen Sinn.
    »Es ist anders als das, was meine Schwester mit deiner Jenny vorhat. Im Maison Rouge kann die Seele einer Sirene in den ungeborenen Körper wechseln.«
    »Und wenn das Kind schon geboren wurde?«
    Ihre Augen leuchteten. »Die Sirene kann auch in den neuen Körper wechseln, nachdem das Kind schon geboren wurde. Es sollte aber schnell geschehen.«
    Danny dachte an seine Mutter. An Johnny Cash und die Musik und an Ravenscraig und...
    Die Dschinni!
    Seine Gedanken rasten.
    Wie wild.
    Das Puzzle setzte sich zu einem Bild zusammen.
    Die Seele der Sirene ging in den Körper des Kindes über. Nachdem es geboren wurde. Nachdem es den ersten Schrei getan hatte. Danny rief sich seine Geburt ins Gedächtnis zurück, die Geschichten, die er gehört hatte, auch von der Geburt seines Bruders, acht Jahre zuvor.
    »Als ich geboren wurde, hat mir eine Dschinni die Stirn geküsst«, sagte er.
    Calypso nickte. »Ich weiß.«
    »Es war meine Mutter«, schlussfolgerte Danny. »Sie hat gedacht, dass sie ein Mädchen bekommt.« »Die Dschinni«, erklärte Calypso, »ist nur die Überbringerin.« »Die Überbringerin?«, murmelte Danny benommen.
    »Wie die Sperlinge«, erklärte Calypso. »Psychopompen, schon mal davon gehört? Sie begleiten die Seele, wenn sie von dieser Welt geht. Die Dschinnis aber begleiten die Seele, wenn sie einkehrt.«
    »Was hat sie getan?«
    »Die Dschinni?«
    Seine Matter, die Dschinni, wer auch immer. Er sagte einfach: »Ja.«
    »Sie hat Witterung aufgenommen. Deine Mutter hatte uns ein Mädchen versprochen.« »Sie hat...« Er beendete den Satz nicht.
    »Als die Dschinni sah, dass Helen Darcy einem Jungen das Leben geschenkt hatte, da verschwand sie wieder.«
    »Sie hat mir die Stirn geküsst«, sagte Danny.
    Calypso lachte. »Sie hat geprüft, ob ihr der Körper zusagt.«
    »Fuck«, fluchte er laut.
    »Und bei meinem Bruder?«
    Calypso schüttelte den Kopf. »Dein Bruder war auch kein Mädchen.«
    Ein erneutes: »Fuck!«
    »Ich weiß«, antwortete Calypso.
    »Deswegen hatte sie keine Söhne haben wollen.«
    »Ja.«
    Der Moment, in dem ein ganzes Leben plötzlich einen Sinn ergibt, ist wie ein Messer, das tief in einer Wunde gedreht wird. All die Lügen, all die Vermutungen, all die Geschichten, hier fanden

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