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Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Titel: Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michele
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bitteren Zug um den Mund an. „Wahrscheinlich werden Sie schockiert sein, wenn ich Ihnen sage, dass der Tod dieses Fremden mir völlig gleichgültig ist. Jetzt, da Michelle nicht mehr ist, gibt es wohl nichts mehr, was mich noch erschüttern könnte, und ich beginne, dieses Haus zu verabscheuen. Manchmal ist es wie ein Gefängnis, und ich als Krüppel kann ohnehin nicht ausbrechen.“
    „Ziehen Sie wirklich in Erwägung, Allerby zu ver­kaufen?“, fragte Mabel. „Das Haus ist immerhin seit ­Generationen im Besitz Ihrer Familie.“
    Lord Douglas starrte auf einen imaginären Punkt weit hinter Mabel. „Die Erinnerungen sind zu stark. Am ­liebsten würde ich ganz weit weggehen und versuchen, neu anzufangen. Können Sie das verstehen?“
    Mabel nickte, war sie doch vor vielen Jahren selbst in einer ähnlichen Situation gewesen. Damals war sie noch jung gewesen und hatte ein neues Leben begonnen. ­Sechzig war zwar kein hohes Alter, trotzdem würde ein Neubeginn für Lord Douglas schwer werden, obwohl alles machbar war, wenn man nur fest dazu entschlossen war. Das war aber eine Sache, die er ganz allein zu entscheiden hatte.
    Schweigend schob Mabel den Rollstuhl den Waldweg entlang. Beide genossen sie die Ruhe, die nur vom ­unbeschwerten Gezwitscher zahlreicher Vögel in den dichten Laubbäumen unterbrochen wurde. Ab und zu raschelte es im Unterholz. Einmal lief eine Maus direkt an Mabel vorbei; dann sahen sie sogar einen Fasan, der langsam über den Weg spazierte und sich an den Menschen nicht störte. Plötzlich lichtete sich der Wald, und Mabel bemerkte eine einstöckige Hütte, deren Fensterläden verschlossen waren.
    „Was ist das?“, fragte sie.
    „Die alte Jagdhütte. Früher, als ich noch reiten konnte, wurden auf Allerby regelmäßig Jagden veranstaltet. Man traf sich dann hier zu einem Picknick. Auch Gäste übernachteten in der Hütte, denn sie ist innen komfortabler, als ihr Äußeres vermuten lässt.“
    „Haben Sie den Schlüssel dabei?“ Mabel betrachtete interessiert die Hütte, aber Lord Douglas schüttelte den Kopf.
    „Das Haus wurde seit Jahren nicht mehr benutzt, und ich war seit dem Unfall nicht mehr hier. Angela müsste noch einen Schlüssel haben, oder sie weiß vielleicht, wo er aufbewahrt wird.“
    Angela! Wie ein Blitz schoss die Erinnerung an den Tag, als Angela in den frühen Morgenstunden aus dem Wald gekommen war, durch Mabels Kopf. Angela war genau diesen Weg entlanggekommen, der zur alten Jagdhütte führte, und Mabels Vermutung, die Wirtschafterin habe ein geheimes Stelldichein gehabt, schien sich nun zu bestätigen. Wahrscheinlich hatten sich Angela und der Mann hier getroffen, vielleicht hatte er sogar in der Hütte gewohnt. Das würde auch den leeren Korb ­erklären: Angela hatte ihren Liebhaber mit Essen versorgt. Und ­dieser Mann könnte der Fremde sein, den sie erstochen im Garten gefunden hatte. Wenn es sich tatsächlich um ihren Liebhaber gehandelt hatte, dann war die junge Frau eine ausgesprochen gute Schauspielerin, denn von Trauer oder gar Verzweiflung wegen seines Todes hatte Mabel bisher nichts bemerkt. Plötzlich hatte sie es sehr eilig, Lord ­Douglas ins Haus zurückzubringen, denn sie wollte sich die Hütte näher ansehen. Ihr kam zugute, dass gerade die ersten Regentropfen vom Himmel fielen.
    „Ich glaube, wir sollten zurückgehen“, sagte sie und wendete den Rollstuhl. „Wie es aussieht, wird es ­stärker regnen, da schützen uns die Schirme kaum, und wir ­können nicht riskieren, dass Sie sich erkälten.“
    Lord Douglas nickte stumm. Sie brauchten für den Rückweg bedeutend länger, da Mabel nun in einer Hand den Schirm hielt und den Rollstuhl nur mit der anderen schieben konnte. Der kleine Ausflug hatte Lord Douglas erschöpft. Er wollte sich hinlegen und nahm auch widerspruchslos seine Medizin. Nachdem Mabel ihn allein gelassen hatte, ging sie in die Küche, wo sie Angela beim Abwasch antraf.
    „Angela, wissen Sie, wo der Schlüssel zur Jagdhütte im Wald aufbewahrt wird?“, redete Mabel nicht lange um den heißen Brei herum.
    „Der Schlüssel?“
    Zufrieden stellte Mabel fest, wie Angela erschrocken zusammenzuckte.
    „Was wollen Sie denn damit?“
    „Captain Douglas bat mich, in der Hütte nach dem ­Rechten zu schauen“, schwindelte Mabel. „Wir unter­nahmen gerade einen Spaziergang, dabei kamen wir zu der Hütte, und er meinte, es wäre nett, wenn man sie ­wieder herrichten würde.“
    Angela runzelte die Stirn. „Warum sollte der

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