Macabros 001: Der Monster-Macher
vorbeiliefen, wenn der Fahrer an einer Ampel
oder einer Kreuzung hielt.
Hellmark lehnte sich zurück und dachte daran, wie nahe er
schon dem Ende war.
Ein gütiges Schicksal hatte ihn davor bewahrt, daß er
jetzt nicht in einem Sarg lag.
Die letzte Nacht im Krankenhaus von Dr. Claude Perrine hatte alles
entschieden. Nur vier Menschen wußten von einem Geheimnis, wie
es wohl einmalig auf der Welt war.
Sein Vater war eingeweiht. Und Carminia. Als einziger
Außenstehender war Dr. Anton Wollny informiert worden. Wollny
besaß das Vertrauen der Familie. Der eingefleischte Junggeselle
war mehr als zwei Jahrzehnte lang der Hausarzt der Familie gewesen,
ehe er diesen Beruf an den Nagel hängte und die
Forschungsabteilung der Hellmarkschen Werke übernahm.
Wollny war verschwiegen, ehrlich und besaß alle guten
Eigenschaften, die ein Mann sich nur wünschen konnte. Mit seinen
dreiundsechzig Jahren wirkte er wie ein Mann, der gerade fünfzig
war, und in der Tat sagte jeder, der ihn kannte, daß bei Wollny
die Zeit des Alterns offensichtlich stehengeblieben sei.
Wollny hatte den in einem nicht hermetisch abgesperrten Zinksarg
nach Deutschland zurückgebrachten Björn Hellmark
ärztlich versorgt. Dabei war für ihn nichts anderes zu tun
gewesen, als die Brustwunde zu versorgen und mit herz- und
kreislaufstärkenden Mitteln einzugreifen.
Es war alles so eingetroffen, wie es Alfred Hellmark in jener
Nacht vor dem scheinbaren klinischen Tod seines Sohnes von dessen
Erscheinung mitgeteilt worden war. Alle körperlichen Funktionen
waren auf ein Mindestmaß herabgesunken, nicht mehr meßbar
für herkömmliche Geräte und Instrumente. In diesem
Zustand hatte man ihn, Hellmark, an einem geheimgehaltenen Ort
betreut und versorgt.
Vierundzwanzig Stunden später hatten wie durch ein Wunder
alle Körperfunktionen wieder eingesetzt und sich von dieser
Stunde an stabilisiert und normalisiert.
Dennoch war das Gerücht vom Ableben des Millionärssohnes
aufrecht erhalten worden, um die Gefahren so gering wie möglich
zu halten, die für ihn vorhergesagt worden waren. Er selbst
führte alles auf seine Fieberträume zurück, die er an
der Grenze zwischen Leben und Tod durchgemacht hatte. In diesen
Träumen war ihm eine Gestalt erschienen, nein, eigentlich nur
eine Stimme, zu der er sich eine Gestalt vorstellte. Es war eine
männliche Stimme gewesen, und der Mann bezeichnete sich als Al
Nafuur.
Erst im Zustand der Genesung, als alles im Abklingen begriffen
war, glaubte Hellmer alias Hellmark daran, daß die Begegnung
mit dem mysteriösen Al Nafuur mehr als nur eine Fieberphantasie
gewesen war.
Aber auf Al Nafuurs Betreiben war eigentlich die ganze gewagte
Situation entstanden. Auf Grund seiner Warnungen hin war die
fingierte Beerdigung erfolgt. In dem Sarg, der angeblich die
sterblichen Überreste von Bernd Hellmer barg, befanden sich
mehrere, mit Lumpen und Erde gefüllte Säcke.
Man hatte die Behörden hintergangen. Ein Schwindel! Eine
Sache, die von manchem Standpunkt aus sicher unverzeihlich war. Aber
Alfred Hellmark, der unmittelbar die Dinge vorangetrieben hatte,
glaubte dies in jeder Hinsicht moralisch rechtfertigen und vertreten
zu können. Es ging um Leben und Tod!
Die Genesung des Verletzten hatte schnelle Fortschritte gemacht.
Nach dem Erwachen aus der Bewußtlosigkeit zeigte sich,
daß alle Körperfunktionen einwandfrei arbeiteten und auch
der Geist keinen Schaden davongetragen hatte.
Doch mit dem Wechsel seiner Persönlichkeit war in mehr als
einer Form eine tiefgreifende Veränderung in das Leben des
jungen Deutschen getreten.
Da war die Tatsache der geistigen Existenz Al Nafuurs, die nicht
zu leugnen war, weil alles seinen Weisungen entsprechend in die Wege
geleitet worden war. Ohne Al Nafuur, dem Geheimnisvollen, der in
ferner Vergangenheit auf einer heute versunkenen und unbekannten
Insel lebte, wäre er, Hellmark, wirklich begraben worden. Zwei
Ärzte hatten unabhängig voneinander den klinischen Tod
festgestellt.
Eine weitere Tatsache war die Gabe der Exteriorsation, über
die er seit dem Unfall verfügte.
Sowohl Carminia als auch sein Vater hatten bestätigt, ihn
gesehen zu haben und ihm begegnet zu sein, während er zur
gleichen Zeit reglos und in tiefer Bewußtlosigkeit unter dem
Sauerstoffzelt in seinem Krankenzimmer in Frankreich gelegen
hatte.
Aber gerade durch diese Gabe, die er nicht steuern konnte, die
ungewollt und unwillkürlich über ihn kam, hatte er seinem
Vater Kenntnis von seinen ihn betreffenden
Weitere Kostenlose Bücher