Macabros 001: Der Monster-Macher
die
Anspannung und Konzentration der letzten beiden Stunden von ihm ab
wie eine zweite Haut.
»Heute mittag war ein Mann hier im Werk und hat sich nach
Tonka Hamado erkundigt«, klang es deutlich an Konakis Ohr.
»Was für ein Mann?«
»Er behauptete, Journalist zu sein. Aus Schweden oder
Norwegen. Er wolle eine Reportage über Hamado und Yamahoki
schreiben und sei bereits seit zwei Tagen in Tokio, habe aber keinen
der beiden angetroffen.«
Das war kein Wunder. Sowohl Yamahoki als auch Hamado wohnten unter
Deckadressen. Im Zentrum der Stadt hatte jeder ein Apartment
gemietet. Aber keiner war dort je anzutreffen, nur dann, wenn Konaki
oder Hideo Suuki, falls er sich mit dem Chirurg abgestimmt hatte,
dies für richtig hielten.
Hamado und Yamahoki waren zwei wichtige Personen in dem Spiel, das
Konaki spielte.
»Was habt ihr ihm gesagt?«
»Ich war leider nicht da, deswegen rufe ich jetzt an, ich bin
erst vor einer halben Stunde ins Werk gekommen.«
»So spät?« wunderte Konaki sich.
»Ich hatte eine Besprechung. In einem Hotel in der City. Mit
zwei wichtigen Exportchefs. Es war ein Zufall, daß ich noch mal
ins Büro zurückging. Mir fehlte eine wichtige Statistik.
Beim Eintritt ins Büro entdeckte ich auf dem Schreibtisch einen
Notizzettel, auf dem meine Sekretärin einige Vermerke gemacht
hatte. Unter anderem stand darauf, daß Juweita, einer unserer
Techniker, mit dem Journalisten gesprochen hätte. Die
Sekretärin hatte den Europäer an Juweita weiterverwiesen.
Daraufhin rief ich Juweita an. Ich wollte Näheres wissen.
Juweita sagte mir, daß er sich sehr nett mit dem Mann
unterhalten hätte. Allerdings habe er, Juweita, auch nichts
Näheres über Hamado erzählen können. Nur eines
sei ihm eingefallen, daß Hamado regelmäßig Gast
eines bestimmten Badehauses an der Ginza sei. Das wäre nicht
weiter schlimm, wenn Juweita, der zum Team gehörte, das wir
für den letzten Grand Prix zusammengestellt hatten, sich nicht
plötzlich daran erinnert hätte, diesen Europäer schon
mal gesehen zu haben. Juweita behauptet, daß er eine
frappierende Ähnlichkeit mit – Bernd Hellmer gehabt
hätte.«
*
»Aber Hellmer ist tot! Tot und begraben!« Hart und
beinahe unwirsch kam es über die Lippen des erregten Konaki.
»Das dachte ich auch.« In Suukis Stimme schwang
Unsicherheit mit. »Aber der Mann nannte einen Namen, der dem des
Toten sehr ähnlich ist.«
»Wie nannte er sich?«
»Björn Hellmark.«
»Björn Hellmark – Bernd Hellmer.« Konaki
ließ die Namen langsam über die Zunge rollen, und er
lauschte dem Klang der Silben nach. »Unsinn! Wenn man die
Sprache kennt, merkt man, daß es sich hier um zwei völlig
verschiedene Namen handelt.«
»Aber die Ähnlichkeit. Vielleicht hatte Hellmer einen
Verwandten. Der Mann, der sich nach Yamahoki und Hamado erkundigte,
schien großes Interesse daran zu haben, alles über den
Tagesablauf der beiden Männer zu erfahren. Das machte Juweita
stutzig.«
»Mir scheint, daß der gute Juweita ein wenig spät
gestutzt hat«, murmelte Yasujiro Konaki. Sein Gesicht
glänzte, als wäre es mit Olivenöl eingerieben.
»Der Mann weiß von Hamados Gewohnheit, einmal
wöchentlich zu Meiko Shakushi zu gehen, um dort zu entspannen.
Über Meiko Shakushi könnte er demnach hoffen, Weiteres
über Hamado zu erfahren. Damit käme er Schritt für
Schritt voran.«
»Ich habe Angst«, sagte Hideo Suuki leise. »Kann es
sein, daß Tote zurückkehren, um sich zu
rächen?«
Hideo Suukis Frage traf Konaki wie ein Keulenschlag.
»Rache aus dem Jenseits?« murmelte Konaki, und es wurde
ihm nicht bewußt, daß er den Hörer einfach auflegte
und sinnend vor sich hinstarrte.
Er war erregt und zu keinem klaren Gedanken mehr fähig.
Zuerst rief er Tonka Hamado an, der sich in seinem Apartment befand.
Konaki erklärte ihm alles.
»Behalte das Badehaus im Auge«, bat er ihn mit belegter
Stimme. »Und wenn du den Mann siehst, der sich Hellmark nennt
und auf den die Beschreibung Hellmers paßt, dann gib mir
Bescheid! Ich werde dann alles Weitere veranlassen.«
*
Im Fond des Taxis saß Björn Hellmark. Die Blicke des
blonden Mannes waren auf die Straße gerichtet.
Aufmerksam studierte er seine Umgebung.
Der Verkehrsstrom kam nur langsam vorwärts, und so hatte er
genügend Zeit, die grellbeleuchteten Schaufensterauslagen zu
studieren, die geschwungenen, fremdartigen Schriftzeichen, die durch
Lichtbänder liefen, die Menschen zu beobachten, die ganz dicht
vor oder neben dem Taxi
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