Macabros 001: Der Monster-Macher
hätte. Vor einem halben Jahr lag er hier
auf meinem Operationstisch, vor einem Vierteljahr hat er den Grand
Prix nach Japan geholt. Nicht der Besitz unserer Freiheit und die
Weite unserer geistigen Möglichkeiten macht uns wirklich
glücklich, sondern die Bedürfnislosigkeit. Wir verlieren
zuviel Kraft durch Streit und unnötige Komplikationen. Meine
Freunde kennen diese Gefühle nicht mehr. Sie wissen, daß
sie leben und sich für mich einsetzen können, das
genügt ihnen. Sie sind glücklich. Und dieses Glück
möchte ich Ihnen ebenfalls gönnen. Sie waren so freundlich,
mich zu besuchen. Ich werde mich Ihrer Person gern
annehmen.«
Hishan Tanowukis Augen wurden groß, und nackte Angst
spiegelte sich in ihnen.
»So haben Sie also auch Yomo getötet«, preßte
er zitternd zwischen den Zähnen hervor.
»Yomo Tanowuki wurde eine größere Aufgabe zuteil.
Er ist Teil jener Maschine. Er hat gar keine Erinnerung mehr an sich
selbst und besitzt auch keinen Körper mehr. Sein Gedächtnis
und seine Kenntnisse und das Bewußtseinszentrum, das es ihm
ermöglicht, Gedanken zu koordinieren und neue zu formen und zu
verfolgen, dies alles ist von ihm erhalten.«
Hishan Tanowukis Augen bewegten sich wild hin und her.
»Monstermacher«, stieß er fiebernd hervor.
»Sie sind ein Monstermacher, ein Ungeheuer, eine Bestie! Lassen
Sie mich los!«
Die Stimme des jungen Japaners hallte schaurig durch den Keller
und verlor sich in dem düsteren Gewölbegang, der zur
Unterkunft der Monster führte und verebbte.
Die fünf Gestalten bewegten unruhig den Oberkörper und
drehten die Schultern so, daß die hellen Kapseln, in denen ihre
Hirne eingeschlossen waren, genau Richtung Hishan Tanowuki
zeigten.
»Ich will nicht so werden! Lassen Sie mich los!«
»Aber bitte!« Yasujiro Konaki breitete die Arme aus und
drehte die Handflächen nach außen. »Kein Mensch
hält Sie! Sie brauchen nur aufzustehen und zu gehen. Sie
besitzen doch sogar einen Nachschlüssel und können sich
selbst die Tür öffnen!«
Was für eine Qual! Was für ein Mensch! War dieser Mann,
der jetzt ungerührt seinen weißen Kittel anlegte,
überhaupt noch ein Mensch?
Yasujiro Konaki näherte sich wortlos dem runden
Instrumententisch, öffnete eine flache Schublade und entnahm
dieser eine bereits vorbereitete Einmalspritze.
Der Chirurg näherte sich Tanowuki. Die Spritze in seiner Hand
wirkte auf den jungen, zur Bewegungslosigkeit verdammten Japaner wie
eine Bedrohung.
»Lassen Sie mich leben!« flehte Tanowuki. Seine Stimme
überschlug sich. Sie wurde schrill.
»Aber natürlich, mein Lieber. Vom Sterben hat kein
Mensch gesprochen. Ich werde Sie nur ein bißchen
verändern.«
Der Chirurg verabreichte ihm die Injektion. Die Wirkung trat schon
wenige Sekunden später ein.
Zwanzig Minuten später begann er die unverhoffte Operation.
Mit der Knochensäge vollführte er einen sauberen Schnitt
rund um den Schädel und hob die Schädeldecke des
Narkotisierten dann wie den Deckel zu einer Schüssel ab. Vor
Konaki lag das freie Hirn, grau und von zahllosen Adern
durchzogen.
*
Am frühen Nachmittag inspizierte er den Frischoperierten.
Auch Hishan Tanowuki trug nun eine helle Kapsel an der Stelle, wo
sich vor zwölf Stunden noch sein Hals befunden hatte. Das
Stammhirn, das aus dem Rückenmark wuchs, war noch von der
Plastikkapsel umhüllt und mit der jetzt noch etwa
faustgroßen Hirnmasse verbunden, die der unheimliche Chirurg
aus verschiedenen Hirnbezirken und Zellen zusammengesetzt hatte.
Die mehr als fünfstündige Operation war mit modernsten
medizinischen Geräten und Instrumenten durchgeführt worden.
Selbst ein Lasergerät stand Konaki zur Verfügung. Damit
waren die Zellen verschweißt worden.
Die wertvollen modernen Instrumente kosteten viel Geld. Konaki
hatte dafür nicht einen einzigen Yen bezahlt. Seine guten
Verbindungen zum Taykushi-Konzern, und insbesondere zu
Generaldirektor Hideo Suuki, machten dies möglich.
Es war ein Tag wie jeder andere. Und doch unterschied er sich in
einem von den neunundzwanzig davor. Heute war Opfertag. Die bizarren,
blutdürstigen Götzen verlangten ihr Recht.
Und Konaki, selbst Herr über Sklaven, war ein Sklave
finsterer Mächte, die er sich dienstbar gemacht.
Wie in siebenundzwanzig Fällen zuvor, so klappte auch heute
abend alles wie am Schnürchen.
Pünktlich fuhr Tonka Hamado vor. Er hatte Dr. Lonei Showaka
am Toyosu Pier getroffen und lieferte den Physiker hier in Konakis
Heim ab.
Hamado fuhr einen
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