Macabros 003: Attacke der Untoten
hier oben
gewesen?«
»Ich weiß es nicht, Grandpa.«
»Wo ist Sindbad?«
Sie zuckte die Achseln und blickte sich hilfesuchend um.
»Keine Ahnung. Als ich hier oben war, hat er plötzlich
verrückt gespielt. Er warf mich ab.«
»Bist du verletzt?« fragte Francis Henderson
besorgt.
»Es hat weh getan, anfangs. Ich bin unter einen dicken Busch
gekrochen, um mich vor dem Regen zu schützen. Dort muß ich
wohl eingeschlafen sein. Ich bin wach geworden, als ich Stimmen
hörte.«
Francis Henderson atmete tief durch. »Und du hast
überhaupt keine Angst gehabt?«
»Ein bißchen.«
»Tapferes Mädchen!« Er streichelte ihr über
den Kopf. Das Haar war noch feucht. »Jetzt gehen wir ganz
schnell nach Hause.« Unwillkürlich warf er einen Blick in
Richtung des Hauses von Howard Rox. »Du bist nicht in der
Nähe der Behausung gewesen, von der ich dir erzählt habe?
Du hast doch nicht versucht, dort Unterschlupf zu finden?«
»Nein, Grandpa.«
Die Lüge kam aalglatt über ihre Lippen.
Henderson setzte Jenifer auf sein Pferd. »Ich werde morgen,
bei Tagesanbruch, noch einmal herreiten und nach Sindbad
suchen«, meinte er beiläufig. »Vielleicht ist er ganz
in der Nähe, wir können ihn nur nicht sehen. Weißt
du, was ihn so erschreckt haben könnte?«
»Nein. Er wurde auf einmal ganz wild.«
Francis Henderson nickte und machte sich seine eigenen Gedanken,
über die er jedoch nicht sprach.
Plötzlich stutzte er. Sein Blick fiel auf den Hals von
Jenifer, als sie den Kopf nach hinten warf und das Haar aus dem
Nacken strich.
»Hast du dich verletzt?« Francis Henderson bemerkte zwei
rotblaue Flecken an ihrem Hals. Es sah aus, als hätte sich
Jenifer irgendwo gestoßen.
Das Mädchen tastete mit seiner Hand an den Hals.
Sie schüttelte den Kopf. »Das muß beim Fallen
passiert sein, Grandpa. Vielleicht habe ich mich an einem Ast
gestoßen.«
»Wahrscheinlich.«
Jenifer warf einen schnellen Blick in die Runde.
Niemand schöpfte Verdacht. Niemand dachte an die
Bißwunde eines Vampirs.
*
Der Nachtportier in Finigan’s Hotel schreckte plötzlich
auf.
Ein Geräusch riß ihn aus dem Schlaf.
Im ersten Augenblick dachte er, daß jemand vor der Tür
stünde und Einlaß begehre.
Rasch, aber noch schlaftrunken, griff er nach dem
Schlüsselbund und eilte durch den düsteren
Empfangsraum.
Zwei, drei Treppenstufen ging es nach unten zum Glasportal. Er
warf einen Blick nach draußen.
Die Straße war leer und verlassen.
Jetzt wieder das Geräusch.
Es kam nicht von der Tür her, sondern aus dem Innern des
Hotels.
Es klang, als würde ein großes Tuch durch die Luft
gezogen und ausgeschüttelt.
Wie Flügelschläge! schoß es dem Mann durch den
Kopf.
Er schloß die Tür auf und trat hinaus auf die
Straße.
Ein riesiger Schatten fiel auf ihn. Der Portier warf den Kopf in
die Höhe. Was er sah, ging über seinen Verstand.
Aus einem Fenster im dritten Stock stürzte ein
Körper.
Riesige, lederartige Schwingen entfalteten sich. Eine
überdimensionale, menschengroße Fledermaus hing in der
Luft.
Der Leib des ungeheuerlichen Monsters schnellte auf den Portier
zu. Für einen Augenblick sah es so aus, als würde das
Ungetüm sich auf den Menschen stürzen.
Mit einem gurgelnden Aufschrei warf sich der Portier zu Boden.
Er spürte den Luftzug der Flügel. Die Riesenfledermaus
strich über ihn hinweg, stieg auf der anderen Straßenseite
wieder auf und verschwand hinter den Giebeln der dunklen
Häuser.
Der Spuk war vorbei.
Der Portier lehnte totenbleich an der Wand.
»Ich träume«, murmelte er und fuhr sich über
seine schweißbedeckte Stirn. Sein Blick irrte an der
Hausfassade empor.
Die Alptraum-Kreatur war hier im Hotel gewesen.
Deutlich hatte man sehen können, wie sie sich von der
Fensterbrüstung löste und sich in die Luft schwang.
»Zimmer 321«, murmelte der Nachtportier. »Sie kam
aus Zimmer 321…«
Er hastete in das Hotel zurück, vergaß nicht, die
Tür hinter sich abzuschließen. Seine Hände zitterten,
und der Schlüsselbund klapperte zwischen seinen Fingern.
Der Portier fuhr mit dem Lift in die dritte Etage hinauf.
Zimmer 321 lag am Ende des Korridors.
Etwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Der Portier versuchte
der aufsteigenden Angst Herr zu werden.
Vor der Tür mit der Nummer 321 zögerte er einige
Sekunden, legte einmal lauschend das Ohr an, um sich zu vergewissern,
ob er sich auch wirklich nicht getäuscht hatte.
Im Zimmer dahinter war es völlig ruhig.
War etwas passiert?
Da
Weitere Kostenlose Bücher