Macabros 003: Attacke der Untoten
diese Zeit zu empfangen. Ihr Beruf brachte es so mit sich.
Es war kein Ausnahmefall, daß ein Besucher die Wohnung
verließ und dem nächsten die Türklinke in die Hand
drückte.
Susy Ames vertrat die unreflektierte Meinung, daß sie ihre
Gunst verkaufen konnte, solange sie jung war. In fünf oder sechs
Jahren war der Karren gelaufen. Bis dahin mußte sie mindestens
ein eigenes Geschäft haben und im Kreise einer Familie ein
gutbürgerliches Leben führen.
Unter anderem Namen, in einer anderen Stadt.
Die Blondine hatte genaue Vorstellungen von ihrer Zukunft.
So wie sie jetzt aussah, schien ihre Rechnung aufzugehen.
Jung, langbeinig, nahtlos braungebrannt in Kalifornien und am
Mittelmeer, war sie eine Aufforderung für jeden Mann. Wenn man
nichts Näheres über sie wußte, dann paßte sie
mit ihrer Erscheinung und ihren gepflegten Umgangsformen in die
Kreise der höheren Gesellschaft.
Dort holte sie sich auf ihren Auslandsreisen auch das meiste Geld,
und sie hatte auch vor, aus diesen Kreisen ihren zukünftigen
Ehemann zu wählen.
An der Seite Susys durchquerte Mario Latolla den geräumigen
Flur. Kostbare schwere Möbel bewiesen Susys ausgefallenen und
teuren Geschmack.
Ausgefallen und teuer war auch der eigenwillige Duft des
Parfüms, das sie benutzte.
Das Schlafzimmer war großzügig und bequem.
»Steig mal unter die Dusche, mein Lieber«, forderte Susy
den Gast auf. »Spül alles von dir ab, was nach Wirtschaft,
Alkohol und Qualm riecht. Und häng deine nassen Kleider auf. Ich
mix uns inzwischen einen Drink.«
Auch darin war sie Meisterin. Ihre Drinks konnten sich trinken
lassen.
Mario brauchte zum Duschen genauso lange wie Susy zum Mixen der
Getränke.
Sie stellte das Tablett mit den beiden Gläsern auf den
Beistelltisch neben dem superbreiten Bett. Eine kleine rote
Nachttischlampe brannte. An der Decke hing ein Spiegel, so groß
und breit wie das Bett.
Mario Latolla reckte und streckte sich, bewunderte seinen
Adoniskörper im Deckenspiegel und wollte, als Susy Ames das
Tablett abstellte, blitzschnell nach ihr greifen und sie zu sich auf
das Bett ziehen.
Damit hatte er kein Glück. Die Blondine drehte sich eine
Zehntelsekunde früher weg.
Latolla grapschte nur in das seidenfeine Gespinst des
Babydoll-Oberteils.
Die große Schleife um den Hals Susys öffnete sich.
Die Blondine tauchte geschickt in Richtung Tür weg. Ihre
schlanken braunen Arme rutschten aus den großgetupften
Ärmeln, und Mario Latolla hielt das duftige Oberteil in der
Hand, während Susy Ames barbusig davoneilte.
»Ich besorge noch Eis«, rief sie von der Küche
her.
»Aber nicht für mich«, plärrte Latolla
zurück. Er war schon älter, Anfang fünfzig. Sein Haar
ergraute bereits. Als Kellner in Tony’s Pizzeria in der
Baker-Street verdiente er seine Brötchen. Die Pizzeria ging gut,
die Gäste, die dort verkehrten, geizten nicht mit Trinkgeld.
Aber eigentlich war eine Freundin wie Susy Ames viel zu teuer
für Mario Latolla. Das wußte er, dennoch zahlte er ihren
Preis. Großspurige Extrageschenke allerdings konnte er sich
nicht erlauben. Dafür waren andere da. Ihm genügte es, zu
wissen, daß er manche Stunde, die er normalerweise hätte
allein verbringen müssen, mit Susy Ames verbringen konnte.
»Nicht, daß du auf die Idee kommst, mir die Eiswürfel
auf den Bauch zu legen, Susy. Ich will mich nicht
abkühlen.« Er lachte, als wäre ihm dieser Witz
vortrefflich gelungen.
Susys Lachen aus der Küche mischte sich mit dem seinen.
Eiswürfel klapperten in eine Glasschale.
Susy Ames schlug die Tür zum Kühlschrank zu, stellte die
gefüllte Schale auf ein neues Tablett und wollte schon die
Küche verlassen.
Sie stockte in der Bewegung.
Die Musik!
Der Klang der verführerischen, verzaubernden Töne
erfüllte ihre Seele, ihr Bewußtsein.
Und dann tat sie etwas, was sie eigentlich gar nicht im Sinn
gehabt hatte.
Sie zog die Schublade auf und nahm ein großes
Fleischermesser hervor, das sie unter dem Tablett verbarg.
*
»Da bin ich wieder!«
Sie stellte das Tablett hinter die Gläser. Das lange Messer
lag hinter dem etwa drei Zentimeter hohen Rand des Tabletts. Mario
konnte es unmöglich sehen.
»Wieviel Würfel? Einen? Zwei?«
»Zwei. Aber nicht auf den Bauch.« Latolla erinnerte sich
sehr genau, daß Susy solche Scherze schon öfter gemacht
hatte. Er zog zur Vorsicht die Decke halb über sich, saß
im Bett wie eine Jungfrau, die um sich besorgt war. Aber Susy Ames
war nicht zum Scherzen aufgelegt. Oder sie
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