Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
nirgends zu sehen. Er hielt sich in der Wohnung
auf.
Draußen war es windig und kühl. Der Himmel war bedeckt,
und es sah nach Regen aus.
Hermann Breitstetter erhob sich und starrte nachdenklich durch den
Vorhang des Fensters hinaus in den mit Bäumen bestandenen Hof
der Pension.
Auf den grüngestrichenen Metalltischen lagen keine
Decken.
Breitstetter dachte an die letzte Nacht und was ihn seitdem immer
mehr beschäftigte.
Er wäre längst zu seinem Morgenspaziergang aufgebrochen,
wenn er nicht auf ein Telefongespräch warten würde. Seine
Dienststelle in Cuxhaven hatte die notwendigen Recherchen
aufgenommen, um alles zusammenzutragen, was er so weit abseits vom
Schuß unbedingt wissen mußte, um sich eine Meinung
über die mysteriösen Vorkommnisse zu bilden. Niemand
wußte so recht, was wirklich passiert war. Fest stand nur eins:
das Ehepaar Lickert war froh und munter am späten Abend noch mal
spazierengegangen. Dann war Peter Lickert ziemlich nervös
zurückgekommen und hatte seine Frau gesucht. Er behauptete, sie
verloren zu haben. Aber kurz darauf tauchte Claudia Lickert auf. Am
Ende ihrer Kraft, geschockt und erregt, war sie nicht imstande
gewesen, ihren Aufenthalt zu erklären.
Eine wahrhaft makabre und mysteriöse Geschichte! Claudia
Lickert befand sich in der Klinik und wurde einer Nervenbehandlung
unterzogen.
Breitstetter ließ sich diese Dinge noch mal chronologisch
durch den Kopf gehen.
Er benahm sich wie ein Kriminalist. Und genau das war dieser Mann
auch, der in der Maske eines Biedermannes und glücklichen
Millionenerben hier in der Abgeschiedenheit auftrat.
Breitstetter war Kriminalkommissar und bearbeitete das Ressort
Kapitalverbrechen bei der Kripo in Cuxhaven.
In Wirklichkeit hieß Breitstetter auch nicht Breitstetter,
sondern nur Stetter.
Er hatte seinen Sommerurlaub geopfert, um in dieser Gegend
ungestört vom kriminalistischen Alltag einige Wege
nachvollziehen zu können, die ihm am Herzen lagen.
Hier in dieser Gegend waren vor gar nicht allzu langer Zeit zwei
Menschen spurlos verschwunden. Alle Nachforschungen waren im Sand
verlaufen. Doch Stetter alias Breitstetter, dessen Dienststelle den
Fall zur Bearbeitung bekommen hatte, wurde das Gefühl nicht los,
daß irgend etwas mit dieser einsamen und schlecht gehenden
Pension nicht stimmte.
Der Wirt war ein Mensch, über den er sich noch kein Bild
machen konnte. Deshalb spielte er den Biedermann und erkundigte sich
nach Land und Leuten. Ernst Martens stand unter dem Verdacht, zwei
Menschen ermordet zu haben.
Es gab einige Spuren, die einen solchen Schluß
rechtfertigten. Doch außer einem Verdacht konnte man bis jetzt
nichts weiter behaupten. Es fehlten die Beweise, und die wollte
Breitstetter beschaffen.
Von der anfänglichen Theorie, daß die beiden
Verschwundenen Opfer des nahen Moores geworden sein könnten,
hielt er gar nichts. Die in Frage kommenden Stellen waren Zentimeter
für Zentimeter abgesucht worden. Man hatte nichts gefunden. Auch
in dem alten, verlassenen Bauernhaus und ebenso in der Mühle
hatten die Beamten ohne Erfolg nachgesehen.
Breitstetter stand mit beiden Beinen fest auf der Erde und glaubte
alles andere als an Geister, Spuk und Spökenkieker, die gerade
hier in dieser Landschaft so zahlreich wie nirgendwo anzutreffen
waren.
Doch das Erlebnis der letzten Nacht hatte ihn nachdenklicher
gestimmt, als er sich eingestehen wollte.
Peter Lickert schien ihm alles andere als leichtgläubig zu
sein. Lickert behauptete, mit einem Mann gesprochen zu haben, der in
der Mühle wohne.
Aber das war ganz unmöglich!
Er, Breitstetter, wußte genau, daß die Mühle
unbewohnt war.
In der Nacht und auch am Morgen hatte er leider keine Gelegenheit
gefunden, diese Angaben zu überprüfen. Und gerade dieser
mysteriöse Punkt war es wert, daß man ihn beachtete.
Sobald er von Cuxhaven näheren Bescheid über den Zustand
und eventuelle weitere Neuigkeiten über Claudia Lickert erfuhr,
wollte er das Versäumte nachholen.
Er ging an seinen Tisch zurück, holte seine Pfeife heraus und
stopfte aus dem Tabaksbeutel einen wohlriechenden Virginia in den
Pfeifenkopf. Die Tür hinter der Theke klappte.
Ernst Martens erschien auf der Bildfläche.
Unter dem Arm trug er einige Flaschen diverser Spirituosen, die er
in den Glasschrank hinter der Theke stellte.
Der Austausch verbrauchter Flaschen erfolgte nur selten. Der
Umsatz ließ zu wünschen übrig. Hier und da ein Korn,
einen Kognak, gelegentlich ein Glas Likör für die Damen,
wenn
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